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Bank für die Region

Thorsten Jochim ©
Herausforderung Nullzins – Christian Sperrer, Gesellschafter des Bankhauses Ludwig Sperrer

1921 wurde in Moosburg an der Isar das Bankgeschäft K. Sperrer gegündet. Heute ist der Standort eine Geschäftsstelle der Privatbank Sperrer, die – voll im Trend – auf Tradition, Unabhängigkeit und Ortsverbundenheit setzt.

Eva Elisabeth Ernst, Ausgabe 06/2021

Die meisten der heute noch existierenden unabhängigen Privatbanken in Deutschland haben ihren Unternehmenssitz in großen Städten. Doch Ausnahmen bestätigen die Regel: Vor 100 Jahren gründete Kaspar Sperrer in Moosburg an der Isar das Bankgeschäft K. Sperrer – und seither gibt es in der oberbayerischen Kleinstadt mit derzeit knapp 20.000 Einwohnern eine Privatbank. Allerdings handelt es sich, streng genommen, nicht mehr um das gleiche Institut. Anfang 1992 fusionierte die Moosburger Privatbank mit dem Bankhaus Ludwig Sperrer in Freising. Die Namensgleichheit ist kein Zufall: Kaspar Sperrer war der jüngere Bruder von Ludwig Sperrer, der seine Bank bereits 1913 in Freising gegründet hatte.

»Die beiden Häuser hatten schon immer eine enge Verbindung«, erklärt Christian Sperrer, Enkel von Ludwig Sperrer und seit zehn Jahren alleiniger persönlich haftender Gesellschafter der Bankhaus Ludwig Sperrer KG. »Den Ausschlag zur Fusion gaben der intensivere Wettbewerb und vor allem die immer komplexeren regulatorischen Anforderungen des europäischen Binnenmarkts.« Seither wird der Standort Moosburg als eine von zwei Geschäftsstellen der Sperrer Privatbank geführt und leistet einen wichtigen Beitrag zum Erfolg des Instituts, wie Bankier Sperrer betont.

Wachstum ist nicht alles

Sämtliche Unternehmensanteile befinden sich nach wie vor komplett im Besitz der Gründerfamilie. Die Antwort auf die Frage, wie es gelang, die Unabhängigkeit der Sperrer Privatbank bis heute zu erhalten, fällt Sperrer leicht: »Bereits mein Großvater und mein Vater haben grundsätzlich alles vermieden, was die Unabhängigkeit der Bank gefährdet hätte«, sagt er. »Wachstum allein war und ist für uns nicht die Maxime. Die Höhe der Bilanzsumme sagt schließlich nichts über die Ertragskraft einer Bank aus.«

Da die Sperrer Privatbank regional begrenzt agiere, könne man bei jeder Kreditvergabe ganz genau hinschauen, was letztlich zu einer gesunden Struktur im Kreditportfolio führe. Dass die Gewinne der Bank grundsätzlich im Unternehmen verbleiben, stärkt das Eigenkapital – »und außerdem bleibt das Geld hier in der Region«, betont Sperrer. Die stetig wachsenden regulatorischen und bürokratischen Anforderungen, die eine Bank heute erfüllen muss, bezeichnet der Bankier als »Monster, das uns auffrisst und vom Geschäft abhält«.

Schlank aufgestellt sein und genügend Zeit für die Kunden haben

Dennoch schlank aufgestellt zu sein und genügend Zeit für die Kunden zu haben, werde zunehmend schwieriger. Als weitaus größere Herausforderung sieht er jedoch die Zinsentwicklung. »Niemand hat damit gerechnet, dass der Nullzins kommt und so lange bleibt«, sagt der 51-Jährige. »Dadurch sind natürlich auch unsere Margen im Zinsgeschäft deutlich gesunken.«

Handel mit Edelmetallen

Noch vor zehn Jahren entfielen rund 80 Prozent der Erträge auf dieses traditionelle Hauptgeschäftsfeld der Bank. Aktuell liegt der Anteil noch bei rund 65 Prozent. Die restlichen 35 Prozent erwirtschaftet die Privatbank mit Provisionen und Servicegebühren inklusive des Versicherungsgeschäfts und des Handels mit Edelmetallen. »Diesen Geschäftsbereich haben wir in den letzten 20 Jahren auf- und ausgebaut«, sagt Sperrer. »Er ist integraler Bestandteil unserer Anlageberatung.«

»Prinzipien eines ordentlichen Kaufmanns«

Dass die Sperrer Privatbank dem Trend zu Kontoführungspauschalen oder Gratismodellen, der mit dem Markteintritt von Direkt- und Onlinebanken aufkam, nicht gefolgt ist, erweist sich heute als Vorteil. »Eine Dienstleistung, die Kosten verursacht, muss auch etwas kosten. Das entspricht den Prinzipien eines ordentlichen Kaufmanns«, sagt der Bankier. Da die Kunden nur für die Leistungen bezahlen, die sie in Anspruch nehmen, könne die Kontoführung bei der Sperrer Privatbank im Vergleich zu anderen Instituten jedoch durchaus günstiger ausfallen. Selbstverständlich steht den Kunden auch Online- und Mobilebanking zur Verfügung.

Dafür sorgt die EFDIS AG Bankensoftware, die 1997 durch eine Ausgründung der IT-Abteilung der Sperrer Privatbank entstand und sich seither als Dienstleister für bankspezifische IT-Lösungen etabliert hat. Dank der leistungsfähigen IT gelang es selbst während der Corona-Lockdowns, den Bankbetrieb mit problemlos etablierten Homeoffice-Lösungen aufrechtzuerhalten.

Kunden: vom Rentner bis zum Millionär

Wenn es um Kontoeröffnungen, Wertpapiergeschäfte oder Kreditverträge geht, setzt das Bankhaus nach wie vor auf den persönlichen Kontakt. »Dass ihnen bei Fragen und Problemen ein Berater zur Seite steht, gewinnt für immer mehr Menschen wieder an Wert«, beobachtet Sperrer. Rund 60 Prozent der Kunden sind Gewerbetreibende und Freiberufler, 40 Prozent Privatleute. Die für eine Privatbank untypisch heterogene Kundenstruktur reicht vom Rentner bis zum Millionär, vom Unternehmer bis hin zu jungen Familien, für die insbesondere langfristige Absicherungen und Finanzierungen wichtig sind.

Auch Bankchef Sperrer selbst schätzt und pflegt den persönlichen Kundenkontakt. Von seinem Büro zum Bankschalter sind es lediglich 20 Meter. Sein Vater Hans Sperrer habe ihm vorgelebt, wie wichtig es sei, sich auch als Inhaber um die Kunden zu kümmern und für sie ansprechbar zu sein, sagt Sperrer. »Darüber hinaus habe ich von ihm übernommen, dass ein Bankier nicht jedem Trend hinterherlaufen muss und nur Geschäfte tätigen sollte, die er wirklich versteht.« Dass die Sperrer Privatbank ab der zweiten Jahreshälfte auch die Verwaltung von Vermögen ab 100.000 Euro übernimmt, passt bestens zu diesen Leitsätzen. »Der sorgsame Umgang mit dem Geld unserer Kunden steht für uns an erster Stelle«, sagt Sperrer abschließend. »Und das seit über hundert Jahren.«

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