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Guter Draht zum Geschäft

Thorsten Jochim ©
Ein guter Ruf als Entwicklungspartner ist Michael Sterner, Geschäftsführer von Kabel Sterner, wichtig

Der Kabelproduzent Sterner in Gaimersheim hat sich seit seiner Gründung zu einem international bekannten Unternehmen entwickelt. Über die Wachstumsstrategie eines Spezialisten.

Steffi Sammet, Ausgabe 09/2021

Die Augen von Michael Sterner blitzen auf, wenn er von »einem Hauch von Nichts« spricht: »Ein Querschnitt von 0,022 Quadratmillimetern. Über den Kupferleiter wird eine Kunststoffisolation mit einer Wandung von 0,10 Millimetern extrudiert – also quasi nichts«, beschreibt der Geschäftsführer des gleichnamigen Unternehmens Kabel Sterner GmbH eine seiner neuesten Entwicklungen. In einigen Varianten ist dieses neue Produkt bereits serienreif und bestellbar. »Man sollte nie stehen bleiben«, fährt Sterner fort. Daher arbeite das Unternehmen nicht nur daran, die Durchmesser seiner Leitungen weiter zu senken, sondern versuche auch, sein Know-how im Bereich Flachkabel auszubauen und durch internationale Zulassungen seine Produkte gut zu positionieren.

Seit der Gründung 1991 stellt der Mittelständler vor den Toren Ingolstadts Spezial- und Sonderleitungen wie Daten-, Batterie- und Massekabel oder auch Leitungen für Kanalinspektionen, den Agrarbereich, den Maschinenbau, die Robotik oder für Kran- und Fördermittelanlagen her. Die oft zu Hunderten Kilometern bestellten, in jeglicher Farbe ummantelten Rundleitungen haben Durchmesser zwischen 0,5 und 32 Millimetern, die Flachleitungen Maße von 80 mal 16 Millimetern.

9 von 10 Kabeln in Deutschland weiterverarbeitet

Aktuell produzieren die 95 Beschäftigten Produkte für Kunden in 15 Ländern. »Einiges geht in die USA, nach Kanada, ins EU-Ausland, ein bisschen was nach China«, zählt Sterner die Standorte der Auftraggeber auf. 90 Prozent der Gaimersheimer Kabel werden allerdings in Deutschland weiterverarbeitet. Anschließend werden sie oft zu Konfektionären weltweit geliefert – also zu Unternehmen, die aus den Leitungen anschlussfertige Kabel, Kabelbündel und Kabelbäume mit Steckern, Kontakten oder Aderendhülsen herstellen. Seit seinem 30-jährigen Bestehen ist der Umsatz des Unternehmens fast jedes Jahr zweistellig gewachsen. Die Gründe für den kontinuierlichen Erfolg sieht Sterner unter anderen »in der Qualität und Flexibilität, die wir bieten. Und darin, dass wir Partnerschaft großschreiben.«

Breite Produktpalette, je nach Einsatzzweck

Allein darauf lässt sich das Wachstum des Kabelspezialisten indes nicht reduzieren: Auch die Fülle des Angebots trägt entscheidend zum Erfolg bei. Die Fertigung des Unternehmens deckt verschiedenste breit gefächerte Anwendungen in Temperaturbereichen von minus 60 bis plus 150 Grad Celsius ab – von Abschirmgeflechten bis hin zu Sonder-Hybridleitungen. Dabei können die Durchmesser der Kabel ebenso variieren wie die Ummantelung, die Ausführung oder die Isolationstypen. »Da wir maßgeschneiderte Lösungen anbieten, entwickeln wir die Produkte gemeinsam mit unseren Kunden und konfigurieren sie exakt für den tatsächlichen Einsatzzweck«, erklärt Sterner. Ein effektiver Ansatz, zumal das Unternehmen mit seinen Kunden oft schon seit Jahren zusammenarbeitet und sie gut aufeinander eingestellt sind.

Schnell rüsten, auch für kleine Losgrößen

»Unser Rohstofflager ist stets gut gefüllt und bestückt«, so Sterner. Dieses Vorgehen mache Sinn, denn so könne das Unternehmen schnell auf Kundenwünsche reagieren. Zum einen seien dann die notwendigen Rohstoffe direkt vor Ort. »Zum anderen ist unsere Produktion so gestaltet, dass wir schnell rüsten können, um für unsere Kunden auch mal kleine Losgrößen von 300 oder 500 Metern als Muster zu fertigen«, erklärt der Geschäftsführer, der das Unternehmen seit 2011 leitet. Bei den derzeitigen Lieferzeiten von etwa 20 Wochen komme diese Flexibilität bei den Auftraggebern gut an. »Und wenn es zeitlich gar nicht anders geht, ziehen wir auch mal einen Auftrag vor.«

Knappe Rohstoffe verfügbar dank treuer Verbindungen

Langfristige Partnerschaft ist Sterner auch gegenüber seinen Lieferanten wichtig: »Uns geht es nicht um Menge, Masse und Geld«, betont der 39-Jährige. Es sei heutzutage entscheidend, miteinander auf Augenhöhe zu sprechen und sich zu vertrauen – und das lebe das Unternehmen so seit seiner Gründung. Diese Philosophie helfe aktuell gerade enorm: »Viele Rohstoffe, die wir brauchen, sind derzeit knapp oder nur teuer einzukaufen. Aber wir kriegen sie noch«, hebt Sterner hervor. »Wir tätigen keine Deckungs- und Hamsterkäufe und heizen dadurch die Materialknappheit nicht auch noch an.«

Teilweise entwickeln die Gaimersheimer gemeinsam mit ihren Lieferanten die Kunststoffe, die sie anschließend verwenden. Ein weiterer Aspekt schafft eine gute partnerschaftliche Atmosphäre: »Wir halten unseren Lieferanten die Treue und wechseln nicht den Anbieter, nur weil der ein paar Cent günstiger ist. Das schätzen unsere Lieferanten«, ist Sterner überzeugt.

Positionierung über international verbindliche Normen

Über die Zulassung nach international verbindlichen Normen will sich das Unternehmen ebenfalls erfolgreich positionieren. »In den USA und Kanada muss man für Kabel bestimmte Standards erfüllen, die über die Landesgrenzen hinaus verbindlich sein können«, erklärt Sterner. Ohne entsprechende Zulassungen dürfen Leitungen vom Anwender nicht eingesetzt werden. Für eine Zulassung ohne Komplikationen muss der Hersteller die Anforderungen an sein Produkt exakt kennen. So kann er schon während der Konstruktion die Werkstoffe und den Artikelaufbau treffsicher definieren.

Externe Fertigungsüberwachung auf eigene Kosten

»Natürlich hat das Ganze seinen Preis, denn die Einhaltung der Produkteigenschaften wird streng überwacht«, betont Sterner. Ob die Produkte später innerhalb der geforderten Toleranzen gefertigt werden, wird durch unabhängige Prüfer kontrolliert. Diese Fertigungsüberwachung bezahlt der Kabelhersteller.

Der Unternehmer sieht das Wachstum des Umsatzes ohnehin nicht als primäres Ziel: »Unser Ruf als Entwicklungspartner für komplexe Aufgabenstellungen ist mir viel wichtiger«, betont er mit Nachdruck. Nur so ließen sich die Arbeitsplätze in Gaimersheim und die Existenz des Unternehmens langfristig sichern. Und dazu werden sicherlich auch schon bald die Kabel beitragen, die Sterner so liebevoll »ein Hauch von Nichts« nennt – eine größere Herausforderung lässt sich derzeit in der Kabelproduktion kaum finden.

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