Fachkräfte | Standortpolitik

Ausbildung mit Mehrwert

Jens Hartmann ©
Michelle Heinrich, stellvertretende Bereichsleiterin Ausbildung bei der Stadtsparkasse München

Die Stadtsparkasse München hat den Projekttag „Demokratie“ in ihre Ausbildung integriert. Was dahintersteht, erklärt Michelle Heinrich, stellvertretende Bereichsleiterin Ausbildung.

Von Ulrich Rusch, IHK-Magazin 04/2024

Azubi-Akquise und Fachkräftebindung brauchen Mehrwerte, davon ist die Stadtsparkasse München überzeugt. Daher organisierte sie Ende 2020 mit Partnern des Wertebündnisses Bayern erstmals den Projekttag „mehrWert Demokratie“. 20 Auszubildende nahmen teil – mit großem Erfolg. Michelle Heinrich, stellvertretende Bereichsleiterin Ausbildung und Ausbildungsreferentin, erläutert, warum es den Projekttag nun für alle Auszubildenden der Stadtsparkasse gibt.

Neben Fachwissen auch Demokratie vermitteln

Frau Heinrich, wie sind Sie auf das Projekt „mehrWert Demokratie“ aufmerksam geworden?
Eine Ansprechpartnerin der Stiftung Wertebündnis Bayern hat uns angesprochen und uns die Möglichkeiten einer Arbeit an der Wertebildung gemeinsam mit den Bündnispartnern, das heißt mit den von der Stiftung geförderten Projektträgern, erläutert. Das hat uns sehr gut gefallen, weil wir die Idee und die Intention für richtig und wichtig halten: Wir wollen unseren Auszubildenden nicht nur Fachwissen vermitteln, sondern auch Werte.

Unternehmenswerte reflektieren

Inwiefern hat denn Demokratie etwas mit der Ausbildung bei der Stadtsparkasse München zu tun?
Die Frage ist durchaus berechtigt, denn das Projekt „mehrWert Demokratie“ zielt in der Grundkonzeption vor allem darauf, Jugendlichen die Bedeutung des Wertefundaments unserer demokratischen Ordnung zu vermitteln. Darum wollten wir darüber hinaus, dass unsere Auszubildenden mit dem Projekttag auch die Werte unseres Unternehmens reflektieren. In Abstimmung mit den Trainern haben wir das Programm daher so angepasst, dass vormittags die Demokratie und ihre Werte im Fokus standen und nachmittags dann die Verbindung zu unseren Unternehmenswerten geschaffen wurde.

Der Projekttag sollte auch nicht abstrakt und theoretisch sein, sondern möglichst viele konkrete Anknüpfungspunkte für unsere Auszubildenden bieten. Sie sollten selbst aktiv sein und Ideen erarbeiten, wie wir unsere Werte im Beruf beziehungsweise im Arbeitsumfeld konkret mit Leben füllen können. Die Ideen und Vorschläge wurden dann am Abend den Regionalleitern präsentiert und die wiederum waren so beeindruckt, dass die Gruppe ihre Vorschläge sogar dem Vorstandsvorsitzenden vorstellen konnte.

Verantwortung für Gesellschaft und Betrieb

Inwiefern konnten denn die Unternehmenswerte gefestigt werden?
In unserem Unternehmensleitbild haben wir fünf Grundwerte definiert: Kundenorientierung, Leistung und Leidenschaft, Veränderungsbereitschaft und Innovation, Verantwortung und Vertrauen, erfolgreiches Miteinander. Die Jugendlichen haben sich an dem Tag erarbeitet, dass die Demokratiewerte die Basis sind, auf der unsere Unternehmenswerte aufbauen. Verantwortung für die Demokratie und Verantwortung für die eigenen Aufgaben im Unternehmen, das geht Hand in Hand.

Es ist ihnen klar geworden, wie wertvoll es für ihre persönliche Entfaltung ist, in einer Demokratie zu leben, und dass sich dieser Wert zum Beispiel in der Kundenorientierung und in der Veränderungsbereitschaft widerspiegelt. Jeder Kunde zählt und wir müssen uns immer wieder neu auf unsere Kunden einstellen, nicht die Kunden sich auf uns. Es war beeindruckend, wie viele Details die Auszubildenden entdeckt haben, in denen es in ihrem Arbeitsumfeld auf gelebte Werte ankommt.

„Eigene Werte-Antenne entwickeln“

Wir als Ausbildungsverantwortliche waren nur begleitend dabei und haben da nichts aktiv gesteuert. Es hat sich einmal mehr gezeigt, dass die jungen Menschen kreativer sind, als man denkt, und dass man sie einfach mal unvoreingenommen machen lassen muss. Im Endeffekt haben die Auszubildenden so etwas wie ihre eigene Werte-Antenne entwickelt und das halten wir nicht nur für sehr wertvoll, sondern mit Blick auf die Mündigkeit, die wir von unseren zukünftigen Fachkräften erwarten, auch für unverzichtbar.

Mit Begeisterung diskutiert

Nun wird mancher vielleicht einwenden, dass die Azubis ja einen ganzen Tag im Betrieb gefehlt und nicht gearbeitet haben.  
Es ist nicht so, dass die Jugendlichen nicht gearbeitet hätten, ganz im Gegenteil. Hier wurde mit solch einem Enthusiasmus diskutiert und so intensiv gearbeitet, dass wir mehrfach das Feedback erhalten haben: „Schade, dass der Tag rum ist, wir hätten noch viel mehr machen können.“ Diese Erfahrung des Miteinanders und des Etwas-auf-die-Beine-Stellens ist ein vielfach nachwirkender Lerneffekt, der die Auszubildenden stärkt und die innere Zustimmung zu ihrem gewählten Weg einer Ausbildung bei uns festigt.

Demokratietag in der Berufsschule?

Sie würden also einen solchen Projekttag zur Motivation und natürlich auch zur Wertebildung eher empfehlen als lange Vorträge der Ausbildenden vor ihren Azubis?
In jedem Fall. Natürlich ist unsere Situation mit unseren vielen Auszubildenden eine andere als die zahlreicher kleiner und mittlerer Unternehmen, die vielleicht vier oder fünf Auszubildende im Betrieb haben. Aber es können sich ja auch mehrere Unternehmen zusammentun und ihre Auszubildenden gemeinsam zu einem solchen Projekttag entsenden. Oder man stimmt sich mit der Berufsschule ab und die gesamte Klasse nimmt an dem Projekt teil. Letztlich muss man einfach mit den Ansprechpartnern des Wertebündnisses reden. Wer will, kann mit ihnen zusammen auch eine maßgeschneiderte Lösung entwickeln.

IHK-Infos zum Projekt „mehrWert Demokratie“ und zum Wertebündnis Bayern:
Zur Person: Michelle Heinrich

Michelle Heinrich ist stellvertretende Bereichsleiterin Ausbildung und Ausbildungsreferentin bei der Stadtsparkasse München. Die Stadtsparkasse München ist die größte Sparkasse Bayerns. Aktuell bildet sie etwa 240 Jugendliche aus.

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