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Ordner, ade – Rechnungen sollen bald digital werden

Der Gesetzgeber will Mehrwertsteuerbetrug bekämpfen. Ein Element hierzu soll die Einführung einer verpflichtenden elektronischen Rechnung sein.

Von Melanie Rübartsch, IHK-Magazin 01–02/2024

Bereits 2016 hat Josef Heinz (48), Geschäftsführer der Heinz Entsorgung GmbH & Co. KG aus Moosburg, die Einführung eines IT-Systems lanciert. Damit können elektronische Rechnungen empfangen, verarbeitet und archiviert sowie eigene E-Rechnungen erzeugt werden. Gemeint sind dabei Dokumente in Form eines strukturierten XML-Datensatzes – ähnlich einer HTML-Seite im Internet.

So wie Heinz werden künftig wohl viele Unternehmen vorgehen. Denn Deutschland plant die Implementierung eines eigenen E-Rechnungssystems für inländische B2B-Umsätze. Ziel ist die Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs unter gleichzeitiger Nutzung von digitalen Vorteilen. Der Entwurf (Gesetzgebungsverfahren war bei Redaktionsschluss am 8. Dezember 2023 noch nicht abgeschlossen) des Wachstumschancengesetzes sieht vor: Unternehmen müssen elektronische Rechnungen ab 1. Januar 2025 empfangen und archivieren können sowie ab 2027 grundsätzlich auch erstellen und versenden.

Chance, interne Prozesse zu optimieren

„Für inländische Unternehmer, die in Deutschland steuerbare und steuerpflichtige B2B-Umsätze erbringen, ist es damit höchste Zeit, sich mit dem Thema E-Rechnung zu befassen – und das ganz unabhängig von ihrer Größe“, sagt Martin Clemens, Leiter des Steuerreferats der IHK für München und Oberbayern. Dabei sieht er die E-Rechnung durchaus als Chance für Unternehmen, die eigenen internen Prozesse zu digitalisieren und zu modernisieren, um die Effizienz zu steigern und wettbewerbsfähig zu bleiben.

Zugleich betont Clemens: „Die vorgesehenen Vorgaben zur E-Rechnungspflicht müssen für die Unternehmen in der Praxis umsetzbar sein.“ Gerade für kleine und mittelständische Unternehmen könnten neue rechtliche und technische Anforderungen schnell zu einem wesentlichen Hindernis werden, so der IHK-Experte. „Darum wird es wichtig sein, auch diesen Unternehmen einen unbürokratischen Zugang zu den neuen Strukturen zu geben.“

Digitales Archiv entlastet Buchhaltung

Wie sieht die Umstellung auf E-Rechnungen in der Praxis aus? Das Entsorgungsunternehmen Heinz zum Beispiel nutzt das Rechnungsdatenformat ZUGFeRD (Zentraler User Guide des Forums elektronische Rechnung Deutschland). Als hybrides Format integriert dieser Standard strukturierte Rechnungsdaten im XML-Format in einem PDF-Dokument.

„Wir verschicken 6.000 Rechnungen pro Monat. Allein dadurch, dass wir diese nun nicht mehr ausdrucken und in Papierform archivieren, sondern unmittelbar in das ERP-System einspielen, haben wir umgerechnet den Aufwand einer kompletten Arbeitskraft eingespart“, sagt Heinz. „Die Mitarbeiter in der Buchhaltung haben nun deutlich mehr Zeit für andere Projekte.“ Auch die nachgelagerten Prozesse sind wesentlich einfacher: Abteilungen, die auf die Rechnungsdaten zugreifen müssen, haben sie auf Knopfdruck parat.

Aus für PDF-Rechnung via E-Mail

Welche Anforderungen eine E-Rechnung zukünftig erfüllen muss, soll das Wachstumschancengesetz definieren. Nach den im Gesetzesentwurf vorgesehenen Neuerungen müssen elektronische Rechnungen künftig in einem strukturierten elektronischen Format erstellt werden, das den europäischen Rechnungsstandard EN16931 erfüllt und somit die elektronische Verarbeitung ermöglicht. Bei einem per E-Mail verschickten PDF ist das dann nicht der Fall.

Aktuell kommen als Standards, die die vorgeschriebenen E-Rechnungen erzeugen können, die von der Koordinierungsstelle für IT-Standards entwickelte XRechnung sowie das ZUGFeRD-Format in Betracht. „Hier ist noch einiges im Fluss. Unternehmen sollten die Lage beobachten und bei der Umstellung darauf achten, dass ein zulässiger Standard in den internen IT-Systemen integriert wird“, betont IHK-Experte Clemens. Das können bei größeren Unternehmen die ERP-Systeme sein, bei kleinen Firmen oder Freiberuflern auch die jeweils genutzte Rechnungssoftware.

Rechnungsinhalte bleiben gleich

Bei den Inhalten, die eine Rechnung für den Vorsteuerabzug enthalten muss, sind keine Änderungen vorgesehen. Notwendig sind nach wie vor insbesondere die vollständigen Namen und Anschriften des Lieferanten und des Leistungsempfängers, die fortlaufende Rechnungsnummer, die Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, der Leistungszeitpunkt und das Ausstellungsdatum.

Ebenfalls unabhängig von dem Format ist die Dauer der Archivierungspflicht: Alle Rechnungen, die ein Unternehmer erhalten oder die ein Leistungsempfänger ausgestellt hat, müssen 10 Jahre lang aufbewahrt werden. Bei E-Rechnungen ist zu beachten, dass „der Originalzustand der übermittelten Daten mindestens 10 Jahre lang erkennbar, überprüfbar und lesbar ist“, erläutert Clemens. „Nachträgliche Änderungen der archivierten Dokumente müssen ausgeschlossen sein.“

Zu beachten ist, dass die Bundesregierung eine Herabsetzung der Aufbewahrungsfrist von 10 Jahren auf 8 Jahre plant. Ein konkreter Gesetzentwurf lag bei Redaktionsschluss aber noch nicht vor.

Gestaffelte Übergangsfristen

Während der von der Politik gewollte Startschuss für den Empfang von E-Rechnungen zum 1. Januar 2025 klar definiert ist, sind für das Versenden eigener E-Rechnungen gestaffelte Übergangsfristen vorgesehen, zum Teil bis Ende 2027. Ab 2028 müssen demnach alle Firmen E-Rechnungen verschicken. Da das Gesetzgebungsverfahren bei Redaktionsschluss noch nicht abgeschlossen war, sollten die Unternehmen zu Einzelheiten der Übergangsvorschriften den weiteren Verlauf des Gesetzgebungsprozesses verfolgen.

Einzelumsatz-Meldesystem geplant

2028 soll zudem eine weitere Stufe zünden: Es startet ein bundesweit einheitliches elektronisches Einzelumsatz-Meldeverfahren. Ziel ist es, Umsatzsteuerbetrug einzudämmen und das Steuerverfahren stärker zu digitalisieren. Stand jetzt will Deutschland ein solches Meldesystem nicht nur für grenzüberschreitende Geschäfte, sondern auch für nationale Umsätze etablieren – der genaue Rahmen steht jedoch noch nicht fest. Zu erwarten ist, dass mit der E-Rechnung und dem Meldesystem gleich 2 größere IT-Projekte auf Unternehmen zukommen, auf die sie sich gut vorbereiten müssen.

Holger Engelke (50), Leiter der Steuerabteilung der Munich Re, hat mit solchen Projekten Erfahrung. Er war vor einigen Jahren bei der Anschaffung eines neuen Einkaufstools bei dem Rückversicherer beteiligt. „Eine Anforderung war, dass das neue Einkaufstool eingehende E-Rechnungen verarbeiten kann“, berichtet er.

Vorteile: „Weniger Bürokratie, schlankere Prozesse“

Engelke weiß, dass die Umstellung insbesondere bei größeren Unternehmen komplex werden kann. „Rechnungswesen, Einkauf, IT sowie Steuerabteilung oder Steuerberater sind unbedingt einzubinden“, rät er. Sinnvoll seien zudem Vorstudien und Betroffenheitsanalysen, um die individuellen Probleme und Herausforderungen im Unternehmen rechtzeitig zu identifizieren und das Budget für die Umsetzung abschätzen zu können. „Der Aufwand ist nicht zu unterschätzen, bringt am Ende aber auf jeden Fall Vorteile“, meint Engelke: Bürokratie werde abgebaut, Prozesse verschlankt und ein rechtssicheres Verarbeiten von Rechnungen sichergestellt.

IHK-Info: News zur E-Rechnung

Informationen zum Thema sowie Veranstaltungshinweise gibt es auf der IHK-Website rund um die E-Rechnung.

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