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Menschen folgen Menschen

Ronny Barthel ©
Präsentiert ihre Firma im Video – smartvillage-Mitarbeiterin Emily Simon (3.v.l.) mit Kollegen

Mit Videoclips können Unternehmen einen guten Eindruck von sich als Arbeitgeber vermitteln. Wie gehen sie dabei am besten vor?

Von Natascha Plankermann, IHK-Magazin 07-08/2025

„Begleite mich durch deinen Alltag!“ Mit dieser Aufforderung der Moderatorin kommt der Moment, in dem Emily Simon ein wenig privat wird in diesem Video. Früh steht sie auf und macht sich nach einem Spaziergang mit dem Hund auf den Weg ins smartvillage. „Wir sind eine Art Business-WG, in der die Gäste mit uns einen Tag oder länger leben“, beschreibt sie das Geschäftsmodell des Münchner Unternehmens, das Raumkonzepte für Meetings, Workshops und Events anbietet. Dort arbeitet Simon als Head of People & Culture und davon erzählt sie in diesem kurzen Film.

Aufgenommen wurde das Video für die „Königsklasse“ – ein Format, das der Unternehmer Martin Grosse entwickelt hat und für das er sogenannte Employer Branding Videos produziert. Das Ziel: potenzielle neue (vor allem junge) Mitarbeitende neugierig machen mit dem Medium, das die umworbenen Arbeitskräfte ständig nutzen.

Fast 40.000 Aufrufe bei TikTok

Videos sind beliebt auf Social Media. Immer mehr Firmen entdecken daher die Möglichkeit, sich als Arbeitgeber in kurzen Filmen unterhaltsam und authentisch zu präsentieren. Gelingt es ihnen dabei, die Aufmerksamkeit der jungen Bewerber zu wecken, hilft das auch beim Recruiting. Aufmerksamkeit haben die Königsklasse-Videos in jedem Fall erhalten. „Fast 40.000-mal wurden sie innerhalb weniger Wochen bei TikTok aufgerufen“, sagt Filmexperte Grosse.

Einer, der davon profitiert, ist Holger Heiss. Der Geschäftsführer und Spezialist für Büroeinrichtungen feierte gerade den 10. Geburtstag seines Unternehmens raumweltenheiss in Kirchheim bei München. Davon gibt es einen kurzen Film bei Instagram, in dem Luftballons fliegen und die Mitarbeitenden tanzen. „Das kommt gut an bei der jungen Zielgruppe. Die sehen, dass der Chef nicht spießig ist, sondern ein lockerer Typ – und sie bewerben sich.

Das ist mir lieber, als einen Headhunter zu beschäftigen“, sagt Heiss. Er tritt nicht nur im Gespräch vor der Kamera auf, sondern präsentiert sich zusätzlich in einem Unternehmensvideo.

Emotionen zeigen

„Es geht darum, dem Unternehmen ein Gesicht zu verleihen. Denn Menschen folgen Menschen“, sagt Catrin Keil, Inhaberin der PR- und Kommunikationsagentur Keil Kommunikation in München. Sie begleitete das Projekt Königsklasse während ihres Lehrauftrags an der Ludwig-Maximilians-Universität München und weiß: Es reicht nicht, dass Unternehmer von sich denken: „Ich bin gut.“ Sie müssen es auch vermitteln, und zwar mit Emotionen.

Das bestätigt Gunther Schnatmann. Der Chef der Personalberatung schnatmann media in Fürstenfeldbruck unterstützt seit 28 Jahren vor allem mittelständische Unternehmen bei der Suche nach Führungs-, Fach- und auch Juniorkräften: „Die realen Kollegen und ihre Arbeitsplätze sollten im Bild sein. Schließlich kann so ein Video sehr unterhaltsam sein und wird empfohlen. Dann werden eventuell nicht nur Bewerber, sondern auch potenzielle Kunden aufmerksam.“

Call-to-Action nicht vergessen

Unerlässlich sei es für das Unternehmen auf dem Weg zur Filmkarriere, die Zielgruppe klar zu definieren, um die richtigen Inhalte und den passenden Ton zu finden, betont Produzent Grosse. So entsteht die Basis für ein Drehbuch – mit einer prägnant formulierten Botschaft. Das Video sollte zudem die persönlichen und beruflichen Chancen zeigen, die das Unternehmen bietet. „Danach darf der Call to Action nicht fehlen: eine direkte Aufforderung, „Bewirb dich jetzt“. Der entsprechende Link steht im Text daneben oder darunter“, ergänzt Kommunikationsexpertin Keil.

Damit geklickt wird, ist eine professionelle Umsetzung wichtig: „Das Handy nicht herumschwenken oder ständig zoomen, das wirkt unruhig. Lieber ein Stativ nutzen und einzelne Einstellungen horizontal filmen. Anschließend im Schnitt alles zusammenführen. Ansonsten gilt: je kürzer, desto besser, nicht über 3 Minuten“, lauten die Tipps von Experte Schnatmann.

Filmen könnten zum Beispiel Mitarbeiter mit technischem Geschick. Ist das nicht möglich, bieten lokale Freelancer oder kleinere Produktionsfirmen erschwingliche Hilfe bei der kreativen Umsetzung.

„Serienjunkies“ bedienen

Der Erfolg eines Recruitingvideos lässt sich durch verschiedene Kennzahlen messen. Zu den wichtigsten gehören die Anzahl der Aufrufe und Interaktionen (Likes, Kommentare, Shares), da diese die Reichweite und das Engagement der Zielgruppe widerspiegeln. Um sich in deren Gedächtnis auf Dauer einzuprägen, empfiehlt Experte Grosse, mit Filmen in Serie zu gehen –oder sie immer mal wieder zu aktualisieren. Ein Vorhaben, das auch bei smartvillage-Mitarbeiterin Simon auf der To-do-Liste steht.

Stichwort: Videodreh – Kosten und Kanäle

Für etwa 5- bis 10-tausend Euro lässt sich laut dem Filmexperten Martin Grosse ein Firmenvideo realisieren, das jederzeit und auf verschiedenen Kanälen genutzt werden kann. Nach der Produktion gilt es, das Video auf den passenden Social-Media-Plattformen wie LinkedIn, Instagram und TikTok zu teilen und es durch gezielte Strategien zu verbreiten.

„LinkedIn ist besonders für businessorientierte Zielgruppen wie Fach- und Führungskräfte geeignet“, sagt Grosse. „Hier wird das Video als authentische Möglichkeit wahrgenommen, Einblicke in das Unternehmen zu bekommen und sich mit potenziellen Arbeitgebern zu vernetzen.“ Instagram eigne sich für eine visuelle, kreative Ansprache einer breiteren Zielgruppe. „Auf TikTok sind vor allem kurze Videos sehr populär und erreichen die Gen Z, die nach schnellen, unterhaltsamen und oft humorvollen Inhalten sucht.“

Regelmäßige Rückmeldungen, etwa durch Umfragen, können helfen, die Ansprache im Video kontinuierlich zu optimieren. Grosse: „Unsere Erfahrung zeigt, dass Filme ohne Drehbuch, also unscripted, am besten wirken, da sie aus dem Moment gegriffen sind und daher natürlich erscheinen.“

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