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Cloud-Computing: Die Vorteile klug nutzen

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Cloud-Computing – die Nachfrage steigt

Mit Cloud-Computing können gerade kleine Unternehmen ihre IT-Kosten deutlich reduzieren. Worauf Betriebe vor einer Umstellung achten sollten.

STEFAN BOTTLER, Ausgabe 01/2023

Die Nachfrage nach Cloud-Computing ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Betreiber wie die noris network AG in Nürnberg, die beiden Münchner Unternehmen SpaceNet AG und EMC Home of Data GmbH haben daher vorhandene Rechenzentren ausgebaut und neue hochgezogen. Von 2010 bis 2020 sind die Kapazitäten in Deutschland um 84 Prozent gestiegen, ermittelte der Branchenverband Bitkom unlängst in einer Studie. Bis 2025 hält er ein weiteres Wachstum von 30 Prozent für möglich.

Für viele Nutzer liegen die Vorteile von Cloud-Computing auf der Hand: Mit den computergestützten Services wie Serverdienste, Datenbanken oder Applikationen, die übers Internet abrufbar sind, können sie die Betriebskosten senken, die IT-Anbindungen effizient nutzen und ein höheres Maß an IT-Sicherheit erreichen, als das im eigenen Unternehmen oftmals möglich ist. Sie müssen lediglich in Desktops, Laptops und andere Endgeräte investieren.

Weitere Ausgaben fallen kaum an, die Anbieter stellen lediglich die Nutzung in Rechnung. Auch Mittelständler wissen, dass sie mit Cloud-Computing Rechenkapazitäten, Sicherheitsfunktionen und Tools nutzen können, deren Kosten sonst die eigenen Investitionsbudgets deutlich übersteigen würden. Anwender sollten jedoch mehr Kriterien als nur die Ausgaben im Blick haben, wenn sie sich für Cloud-Computing beziehungsweise für einen Anbieter entscheiden.

»Pferdefuß« begrenzter Individualisierungsmöglichkeit

So bewegen sich Cloud-Computing-Nutzer vollständig auf Plattformen Dritter und können die Systeme nicht nach ihren Wünschen konfigurieren. »Über diesen Pferdefuß müssen sich die Anwender im Klaren sein«, sagt Matthias Orthwein (50), Experte für IT-Recht in der Kanzlei SKW Schwarz Rechtsanwälte Partnerschaft mbB in München. »Cloud-Computing-Angebote sind hoch standardisiert und können nur begrenzt an individuelle Anforderungen angepasst werden.«

Anlagensicherheit hat Vorrang

Unternehmen sollten außerdem wissen, wie gut die Rechenzentren ihres Cloud-Computing-Betreibers gegen Großbrände und andere Katastrophen geschützt sind. Die Anlagensicherheit muss hohe Priorität haben. Als im Frühjahr 2021 ein großes Rechenzentrum in Straßburg niederbrannte, verloren Cloud-Computing-Kunden ihre Daten komplett.

Auch die Sicherheit der Daten ist essenziell. An Zertifizierungen nach ISO 27001 und weiteren Sicherheitsnormen kommen die Rechenzentrumsbetreiber nicht vorbei. Dank entsprechender Investitionen in die Anlagensicherheit seitens der Anbieter können heute auch Unternehmen, die bei Datenlecks besonders viel zu verlieren haben, ihre Lösungen auf Cloud-Computing umstellen.

Zertifizierte Partner mit Hochsicherheitsstandards

So wie das Softwareunternehmen Agenda Informationssysteme GmbH & Co. KG in Rosenheim. Es entwickelt seit mehr als 35 Jahren IT-Lösungen für Steuerberater, freiberufliche Buchhalter und Personalverantwortliche in mittelständischen Unternehmen. Vor wenigen Jahren sind die Oberbayern auf Cloud-Lösungen umgestiegen. »Für uns war es von Anfang an wichtig, mit einem zertifizierten Partner aus Deutschland, der Hochsicherheitsstandards erfüllt, zusammenzuarbeiten«, betont Tobias Täuber, Abteilungsleiter Kunden-IT. »Weil unsere Kunden mit besonders vertraulichen Daten arbeiten, müssen wir ein Höchstmaß an Datensicherheit gewährleisten.«

Bis zu 8 Sicherheitszertifikate

Den Partner fand Agenda in noris network. Das IT-Unternehmen hat seine Rechenzentrumskapazitäten an bekannte Banken und Versicherungen vermietet. Die Rechenzentren selbst sind mit bis zu acht Sicherheitszertifikaten ausgezeichnet worden, das neueste im Nürnberger Süden hat vom TÜV sogar den höchsten Sicherheitsstandard TSI Level 4 erhalten, der auch Standort, Architektur und den laufenden Betrieb durchcheckt.

Auf Basis dieser Infrastruktur, die mit einem Backbone vernetzt ist, entwickelt Agenda Cloud-Lösungen, die in puncto Sicherheit keine Wünsche offenlassen sollen. »Wir passen deren Struktur stets an die Bedürfnisse der Kunden an«, versichert Täuber.

Warnung vor Vendor-Lock-in-Effekten

Erfahrene Cloud-Computing-Experten empfehlen, Anbieter und Technologie sorgfältig auszuwählen. So warnt selbst noris-Produkt- und Marketingchef Udo Kürzdörfer vor sogenannten Vendor-Lock-in-Effekten. Damit ist die Abhängigkeit der Anwender von einem Produkt oder einer Technologie gemeint, weil der Wechsel mit einem hohen Aufwand verbunden wäre. »Vor allem bei zunehmender Skalierbarkeit steigt die Abhängigkeit«, sagt der noris-Manager. »Außerdem müssen die Anwender versteckte und nicht kalkulierbare Kosten im Griff haben.« Ein kleiner Softwarefehler könne fatale Auswirkungen haben, wenn dadurch Traffic beziehungsweise Zugriffe in die Höhe schnellen.

Zugriff kritischer Daten ohne Internet

Ähnlich argumentiert IT-Rechtsexperte Orthwein. Für jeden Betrieb stehe viel auf dem Spiel, wenn er infolge von Webproblemen keinen Zugriff auf kritische Daten habe. »Solche Daten sollten nicht nur über das Internet zur Verfügung stehen«, mahnt der Wirtschaftsjurist. »Jeder Betrieb sollte deshalb Daten und Anwendungen, die für einen Cloud-Dienst in Betracht kommen, auf ihre Bedeutung für den Geschäftsbetrieb und ihre Sensibilität für Privatsphären prüfen.«

Datenschutz außerhalb EU beachten

Vor allem Firmen, die außerhalb der EU Geschäfte machen, müssen die Entscheidungen von Datenschutzaufsichtsbehörden und Gerichten aufmerksam studieren. Prinzipiell halten Behörden und Gerichte zwar eine Speicherung beziehungsweise Verarbeitung von persönlichen Daten in Clouds, die auch außerhalb der EU erreichbar sind, für zulässig. »Der Kunde muss dann aber zusätzliche technische, rechtliche und organisatorische Maßnahmen treffen, damit der Datenschutz nicht doch die Cloud-Nutzung problematisch macht«, so der Anwalt.

IHK-Service rund um Fragen zur Einführung von Cloud-Computing

Tipps zu Bereitstellungsmodellen, Cloudausfällen, Kosten und GAIA-X, dem Projekt zur europäischen Daten-Souveräntität, auf den IHK-Ratgeber-Seiten zu Cloud-Computing.

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