Erst seit Januar im Onlinegeschäft – Sport-Haindl-Geschäftsleiter Hans Peter Trefzer

Der Einstieg in den E-Commerce ist für stationäre Händler nach wie vor möglich – und durchaus auch empfehlenswert. Diese Initiativen unterstützen unkompliziert.

Eva Elisabeth Ernst, Ausgabe 06/2021

Neues Jahr, neuer Kanal: Am 2. Januar 2021 ging bei der Sport Haindl GmbH die erste Onlinebestellung über Amazon Marketplace ein. Zwei Monate lang hatte sich das alteingesessene Sporthaus mit Hauptsitz in Planegg bei München und einer Filiale in Gilching auf den Verkauf über Onlineplattformen vorbereitet. Seit Jahresanfang ist der Händler nun bei Amazon und Zalando aktiv. »Über Amazon verkaufen wir hauptsächlich Sportgeräte und Schuhe. Zalando ist modischer und textillastiger und damit ein guter Kanal für Sportbekleidung«, sagt Sport-Haindl-Geschäftsleiter Hans Peter Trefzer.

Während des Kälteeinbruchs im Februar liefen Schlittschuhe gut, aktuell seien Inlineskates und Boards für Stand-up-Paddling gefragt. Besonders froh ist Trefzer, dass er über die Marktplätze einen Teil der Winterware abverkaufen konnte – und zwar ausschließlich zum regulären Ladenpreis. Mit den ersten Umsätzen ist er durchaus zufrieden. Sie decken den Wareneinsatz und den größten Teil der Fixkosten ab.

»Als sich im November vergangenen Jahres abzeichnete, dass der Lockdown verschärft wird, haben wir beschlossen, doch noch ins Onlinegeschäft einzusteigen«, sagt Trefzer. Die Entscheidung, nicht über einen eigenen Onlineshop, sondern über E-Commerce-Marktplätze zu verkaufen, fiel nicht nur aus Kostengründen. Der Geschäftsleiter weiß, dass es für einen Mittelständler schwierig ist, eine ausreichende Anzahl von Kunden auf einen eigenen Onlineshop aufmerksam zu machen.

Gerade jetzt einen Onlinekanal aufbauen

Trotz aller Hoffnung auf ein Ende der mit Corona verbundenen Restriktionen und Lockdowns macht es für stationäre Händler durchaus Sinn, sich jetzt einen Onlinekanal aufzubauen: »Auch nach der Pandemie wird sich das Einkaufsverhalten nicht grundlegend verändern«, prognostiziert Carla Kirmis, Referentin für Handel und E-Commerce bei der IHK für München und Oberbayern. »Die Konsumenten werden weiterhin online einkaufen.«

In einer Umfrage des Marktforschungsunternehmens IFH Köln Mitte März 2021 sagten 43 Prozent der Verbraucher, sie hätten in der vergangenen Woche Einkäufe, die sie sonst im Geschäft erledigen, diesmal online getätigt. Der Internethandel wuchs in Deutschland 2020 entsprechend um rund 21 Prozent, schätzt der HDE Handelsverband Deutschland in einer ersten Hochrechnung. Für das laufende Jahr prognostiziert er rund 13 Prozent Plus.

Angesichts dieses Trends haben selbst ehemalige E-Commerce-Skeptiker aus dem mittelständischen Einzelhandel während der Corona-Beschränkungen den Schritt in den Onlinehandel gewagt und konnten dadurch zumindest einen Teil der gewohnten Umsätze erreichen, beob-achtet IHK-Expertin Kirmis. »Die Palette reicht vom eigenen Onlineshop und dem Verkauf über Marktplätze oder Social-Media-Plattformen bis hin zu relativ einfach konzipierten Abhollösungen.«

Daten aus Warenwirtschaftssystem hochgeladen

Für den Einstieg gibt es zahlreiche Unterstützungsangebote (eine Liste der Initiativen unten). Sport Haindl etwa nutzte die Starthilfe von Quickstart Online, einem kostenfreien Wissensportal rund um E-Commerce, das vom HDE, der Initiative »Händler helfen Händlern« und Amazon betrieben wird. Mit Onlinekursen und Coachings soll es kleinen und mittleren Händlern schnell und einfach zum passenden digitalen Standbein verhelfen. »Das für uns wichtigste Thema bei Quickstart Online war das Hochladen der Daten aus unserem Warenwirtschaftssystem auf die Plattform«, so Sport-Haindl-Geschäftsleiter Trefzer. »Außerdem war es sehr hilfreich, dass wir bei allen Fragen rund um unseren Start auf Amazon per E-Mail unkomplizierte Hilfe erhalten haben.«

Bei der technischen Implementierung arbeitete der Sporthändler mit einem IT-Unternehmen zusammen. »Nicht zu unterschätzen waren aber auch organisatorische Themen wie etwa die Beschaffung und Lagerung von geeignetem Verpackungsmaterial, die Verträge mit Paketdienstleistern und die Einführung neuer interner Abläufe«, berichtet Trefzer. »Von unserer Seite her hat alles von Anfang an gut geklappt. Und nach drei Monaten lief auch die Kooperation mit den Paketdienstleistern rund.«

Initiativen, die individuell unterstützen

Ebenfalls als Einstiegshilfe versteht sich die Initiative »Bayern hilft seinen Händlern« des Bayerischen Wirtschaftsministeriums. Hier unterstützen E-Commerce-Experten von ibi research an der Universität Regensburg GmbH Einzelhändler bei der Umsetzung von Digitalisierungs- und E-Commerce-Projekten mit Webinaren sowie individuellen Sprechstunden. »Besonders gefragt sind die Themen digitale Sichtbarkeit und Einstieg ins Onlinegeschäft sowie die Möglichkeiten, während und nach einem Lockdown Kontakt zu den Kunden zu halten«, sagt Research Director Holger Seidenschwarz (44). Das Projekt läuft noch bis Juni 2021, Aufzeichnungen der Webinare und die Checkliste »Digitalisierung in Zeiten von Corona« stehen auf der Website der Initiative.

Seit Mitte 2019 ist das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Handel aktiv. Es wird vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert und hilft vor allem kleinen und mittleren stationären Einzelhändlern bei der Digitalisierung. Die Hauptgeschäftsstelle koordiniert kostenlose individuelle Informationsgespräche mit Experten sowie Onlinevorträge und Webinare. Interessant ist auch das vielfältige Informationsangebot der Website.

Der Onlinemarktplatz Kauflokal.com bietet pragmatische Hilfe »insbesondere für inhabergeführte, qualitative und städteprägende Händler sowie Startups, die mit ihren Ideen neue Wege gehen«, erklärt David Thomas (34), Bereichsleiter Verkauf beim Münchner Herrenausstatter Hirmer GmbH & Co. KG. Vor fünf Jahren startete er die Aktion »Kauf Lokal«, die es heimischen Manufakturen ermöglicht, ihre Produkte bei bekannten Münchner Einzelhändlern zu präsentieren. Kurz nach dem ersten Lockdown initiierte er mit Konstantin Rentrop von der Münchner Sporthaus Schuster GmbH den Marktplatz.

400 Händler und Manufakturen mit 6,5 Millionen Produkten präsent

Mit von der Partie war Dominik Haupt, Gründer und Geschäftsführer der Agentur norisk Group GmbH, die sich auf E-Commerce-Lösungen spezialisiert hat und die Plattform realisierte. »Dort können stationäre Händler ein Profil anlegen und werden bei Suchanfragen auf Kauflokal.com auf unserer digitalen Landkarte sichtbar«, erklärt Thomas. Händler, die bereits einen Onlineshop betreiben, können zudem ihre Produkte auf der Plattform einstellen.

Mittlerweile sind dort bundesweit 400 Händler und Manufakturen mit knapp 6,5 Millionen Produkten präsent. »Der Marktplatz wächst langsam, aber stetig«, sagt Thomas. Kosten entstehen teilnehmenden Händlern nicht. Dass es bisher trotz einiger Anläufe nicht gelang, öffentliche Fördermittel für das Projekt zu erhalten, bedauert Thomas sehr: »Unser Ziel ist es schließlich, die individuellen und daher ganz besonderen Geschäfte zu unterstützen. Dadurch stärken wir nicht zuletzt die Attraktivität der Innenstädte.«

IHK-Service: 6x Starthilfe in den E-Commerce
  • Bayern hilft seinen Händlern: Eine Initiative des Bayerischen Wirtschaftsministeriums, die unter anderem Webinare und Checklisten für Händler und Werbegemeinschaften bietet:
  • www.haendler-helfen-haendlern.com: Netzwerk mit mehr als 4.000 Mitgliedern
  • kauflokal.com – Initiative zur Stärkung des lokalen Handels
  • Kompetenzzentrum Handel unterstützt die Digitalisierung vor allem kleiner und mittlerer stationärer Einzelhändler
  • Mia gehen online: Initiative der Stadt München, ReDI School und UnternehmerTUM.
    Die aktive Phase ist zwar beendet, die Website bietet aber nach wie vor Informationen, Themen-Leitfäden und konkrete Projektbeispiele
  • Quickstart Online – kostenfreies Wissensportal rund um E-Commerce

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