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Meike Leopold, Expertin für digitale Kommunikation

Facebook, Instagram, Clubhouse & Co. – es gibt immer mehr Social-Media-Plattformen und ihre Bedeutung für Unternehmen steigt. Was der Mittelstand tun kann, um diese Kanäle noch besser zu nutzen, erklärt Meike Leopold, Expertin für digitale Kommunikation.

Eva Elisabeth Ernst, Ausgabe 10/2021

Frau Leopold, was kann Social Media für Unternehmen heute leisten?
Die Bandbreite ist enorm: Die sozialen Medien können dabei helfen, das Unternehmensimage zu verbessern, sie unterstützen Kundengewinnung und -bindung. Mittlerweile können sie sogar als Verkaufskanal eingesetzt werden, wie zum Beispiel Instagram im B2C-Bereich. Über Social Media können aber auch Mitarbeitende gewonnen und ans Unternehmen gebunden werden. Darüber hinaus lassen sich durch Rückmeldungen aus dem Netz Produkte und Prozesse verbessern. Auf den meisten Plattformen können mittlerweile auch Anzeigen geschaltet werden. Dennoch sind die sozialen Medien kein klassischer Werbekanal und sollten daher auch nicht nur zum Herausballern von Werbebotschaften genutzt werden, sondern auch zum Aufbau einer Community, einer digitalen Gemeinschaft rund um das Unternehmen und seine Produkte.

Welche Rolle spielen Social Media bei der Marketingstrategie?
Social-Media-Aktivitäten sind ein Teil des Onlinemarketings, dessen Ziele und Maßnahmen im Idealfall in die Marketingstrategie eingebettet sind, allerdings in dem Bewusstsein, dass die klassischen Hochglanz-Werbebotschaften dort nicht funktionieren. In der Praxis führen Social-Media-Aktivitäten in vielen Unternehmen leider eine Art Eigenleben und werden nur irgendwo drangeflanscht.

Wie entwickelt ein Mittelständler eine erfolgreiche Social-Media-Strategie?
Der erste Schritt besteht darin, die Zielgruppen und die Botschaften festzulegen, mit denen diese Adressaten erreicht werden sollen. Zum Einstieg empfiehlt es sich, mit einem Pilotprojekt zu beginnen. Wichtig ist auch, die nötigen Ressourcen bereitzustellen: Langfristige Erfolge auf Social Media erzielt man eher weniger, wenn sich vorwiegend Azubis und Praktikanten darum kümmern. Es lohnt sich, interne Social-Media-Botschafter aus möglichst vielen Bereichen aufzubauen. Meiner Erfahrung nach ist es auch sehr hilfreich, wenn ein Unternehmen interne Leitlinien für den Umgang aller Mitarbeiter mit Social Media veröffentlicht. So lässt sich am besten vermeiden, dass versehentlich Interna gepostet werden.

Es gibt ja mittlerweile viele Social-Media-Kanäle. Wie wählt ein Unternehmen die passenden aus?
Ein Unternehmen sollte die Kanäle bespielen, auf denen seine Zielgruppen unterwegs sind. Dabei fällt die Antwort für die Personalabteilung, die neue Mitarbeiter sucht, durchaus anders aus als für das Marketing, das ein neues Produkt präsentiert. Striktes abteilungs- oder bereichsbezogenes Denken ist jedoch problematisch, weil es zu Medienbrüchen führt.

Auf Social Media werden Informationen ja nicht nur gesendet, sondern auch empfangen. So können Kunden auf der Facebook-Seite durchaus auch Beschwerden posten oder auf Instagram Fragen zu den Produkten stellen. Wenn ein Unternehmen es schafft, alle Abteilungen in die Social-Media-Aktivitäten einzubinden, kann das wahnsinnige Effizienzsteigerungen bringen und auch die Kunden sind glücklicher.

Warum nutzen viele Mittelständler Social Media zunächst eher zögerlich?
Noch vor zehn Jahren wurden Social Media oft als Spielerei angesehen. Viele ältere Entscheider hatten wenig Ahnung und noch weniger Lust, sich damit zu beschäftigen. Mitunter wurden jüngere Mitarbeiter beauftragt, mal schnell nebenbei irgendetwas zu machen. Doch ohne klare Ziele, die auf messbare Ergebnisse heruntergebrochen werden, ist ein Erfolgsnachweis natürlich nicht möglich und dann sieht man auch den Nutzen dieser Kanäle nicht.

Was hat sich durch Corona verändert?
Durch Corona stieg der Druck, die digitalen Präsenzen und Onlineservices auszubauen – nicht nur für Handel und Gastronomie, sondern auch für viele B2B-Unternehmen, weil ohne Live-Messen, -Konferenzen und -Meetings Leads und Aufträge ausgeblieben sind. Zudem werden seit Corona noch mehr Kaufentscheidungen im Netz getroffen. Egal, ob es sich um Turnschuhe oder eine neue Maschine handelt. Wir haben uns mittlerweile daran gewöhnt, dass Events und Präsentationen online stattfinden und Social Media ersetzen fast schon die Ladenstraßen. Das wird sich auch nach Corona nicht mehr groß ändern.

Worauf sollten vor allem ältere Entscheider bei Social Media achten?
Viele Digital Immigrants wissen häufig noch zu wenig darüber, wo sie ihre Zielgruppen finden und wie sie sich auf Social Media austauschen. Sie setzen zu stark auf produkt- und unternehmensbezogene Botschaften, anstatt durch gute Inhalte und Angebote Vertrauen aufzubauen. Das braucht allerdings seine Zeit. Daher sollte man auch keine schnellen Ergebnisse erwarten. Wie bereits erwähnt, sind Social Media keine kommunikativen Einbahnstraßen, sondern Dialogmedien.

Für die Interaktion sind daher entsprechende Ressourcen nötig. Die Mitarbeiter einzubinden, erhöht Glaubwürdigkeit und Reichweite. Die Erfolgsmessung sollte zudem nicht allein auf Basis von Likes, Fans und Followern erfolgen. Wichtiger ist die Frage, ob die Menschen erreicht werden, die für das Unternehmen tatsächlich wichtig sind.

Und was sollten Digital Natives noch mehr berücksichtigen?
Jüngere Entscheider setzen Social Media mit einer großen Selbstverständlichkeit ein. Hier hapert es mitunter an der Strategie. Kritisch kann es werden, wenn ein Unternehmen auf einen digitalen Heimathafen in Form eines Blogs oder einer Website verzichtet und seine digitale Präsenz zu stark auf Social-Media-Profilen basiert. Dann ist man den jeweiligen Regeln der Plattformen zu sehr ausgeliefert.

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