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Unter die Lupe genommen: Metaverse

Philipp A. Rauschnabel (38), Professor an der Universität der Bundeswehr München, erklärt, worum es bei der virtuellen Welt geht und was sie für Kleinunternehmen interessant macht.
Von Eva Elisabeth Ernst, 04/2023
Herr Rauschnabel, nicht nur in der Tech-Szene hört man immer häufiger den Begriff „Metaverse“. Woher kommt er?
Er stammt aus einem dystopischen Roman, der vor rund 30 Jahren erschienen ist. Seit Facebook-Chef Mark Zuckerberg seinen Konzern vor einigen Jahren in „Meta“ umbenannt hat und voll auf das Metaverse setzt, gewinnt das Thema an öffentlicher Wahrnehmung.
Was ist das Metaverse denn eigentlich?
Das ist im Grunde noch nicht eindeutig geklärt. Noch gibt es „das Metaverse“ nämlich nicht. Am besten lässt es sich als Weiterentwicklung des Internets im dreidimensionalen Raum beschreiben. Zugangsvoraussetzungen sind Tools wie etwa AR- oder VR-Brillen. Bei AR, also Augmented Reality, werden virtuelle Elemente mehr oder weniger realitätsgetreu in die Umgebung eingebettet. Bei der Virtual Reality (VR) sind die Nutzer hingegen komplett in einer fiktiven Welt, die aber letztlich auch von Menschen programmiert und auf Rechnern gespeichert ist.
Wenn es das „Metaverse“ noch nicht gibt: Warum sollten sich Unternehmer dann bereits heute mit AR und VR beschäftigen?
Weil viele Geschäftsprozesse dadurch deutlich vereinfacht, Produkte und Lösungen besser dargestellt und auch die Mitarbeitenden effizienter eingesetzt werden können. Schon jetzt gibt es kostengünstige leistungsfähige Tools und Anwendungen, mit denen sich Lösungen auch ohne Programmierkenntnisse bauen und nutzen lassen.
Können Sie einige Beispiele für mögliche Geschäftsprozesse nennen?
Es gibt bereits virtuelle Showrooms von Unternehmen, die weltweit über eine VR-Brille betreten werden können. Die Installation, Wartung und Reparatur von Maschinen und Anlagen in einer virtuellen Darstellung, man spricht hier auch von einem „digitalen Zwilling“, kann von verschiedenen Orten aus trainiert oder angeleitet werden.
An einem digitalen Zwilling von Gebäuden können Handwerker gut erkennen, wo Leitungen verlaufen. Bei Neubauten helfen virtuelle Darstellungen unter anderem bei der Einrichtung. Mit einem Klick lassen sich zum Beispiel die Farbe der Wand oder die Position von Möbeln verändern.
Empfehlenswert, auch für kleinere Unternehmen
Würden Sie auch einem kleineren Unternehmen empfehlen, sich mit diesem Thema zu befassen?
Auf jeden Fall! Kleinere Unternehmen sind in der Regel flexibler und können schneller eine Testlösung aufsetzen, um erste Erfahrungen zu sammeln. Das macht sie auch als Arbeitgeber attraktiv. Wer zum Beispiel auf einer Jobmesse einen virtuellen Firmenrundgang mit VR-Brille anbietet, dürfte derzeit noch große Aufmerksamkeit erregen.
Welche Rolle spielt das Metaverse derzeit in Deutschlands Unternehmen?
Vergangenes Jahr haben wir 151 deutsche Manager befragt, wie stark sie das Thema Metaverse im Alltag beschäftigt. Nur jeder zwölfte gab an, damit vertraut zu sein. In Anbetracht der Entwicklungen, die wir heute am Markt beobachten, gehen wir davon aus, dass viele Unternehmen vom Metaverse überrannt werden können – so wie einst von den sozialen Medien.
Zur Person: Philipp A. Rauschnabel
Philipp A. Rauschnabel, Jahrgang 1984, ist seit 2018 Professor für Digitales Marketing und Medieninnovation an der Universität der Bundeswehr München. Er bietet Lehrveranstaltungen zu Augmented Reality (AR) Marketing, Social Media Marketing und quantitiativen Methoden an. In Forschung und Entwicklung beschäftigt sich Rauschnabel aktuell mit dem Einsatz von Metaverse, AR, Virtual Reality (VR) & Mixed Reality (MR) im Marketing und anderen Bereichen, zum Beispiel Produktion und Training.