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Praxistipp: Retouren vermeiden

Onlinehändler kennen das: Nicht wenige Kunden schicken die Waren gern wieder zurück. Wie sich die Zahl solcher Retouren drosseln lässt.
Von Eva Elisabeth Ernst, 07/2023
Hohe Rücksendequoten verhageln Onlinehändlern die Rentabilität. Alien Mulyk (33) vom Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V. (bevh) und Mitherausgeberin des Retourenkompendiums des bevh erklärt im Praxistipp, was sich präventiv gegen Retouren tun lässt. Sie betont aber: „Bei diesem Thema gibt es keine Patentrezepte, die für alle gelten. Onlinehändler sollten regelmäßig testen, welche Maßnahmen zur Retourenprävention bei ihren Kundengruppen und Sortimenten wirkungsvoll sind.“ Diese Maßnahmen haben sich bereits bewährt:
- Produkte gut präsentieren: Eine klassische Maßnahme zur Retourenprävention ist die aussagekräftige Darstellung der Produkte. Mehrere gute Fotos, 360-Grad-Ansichten oder vielleicht sogar Produkt- oder Anwendungsvideos sowie detaillierte und präzise Produktbeschreibungen ̶ inklusive Größentabellen im Modebereich ̶ bilden die Basis. Dann kann der Kunde die Passgenauigkeit des Produkts schon vorab besser einschätzen und muss später weniger retournieren.
- Retourengründe analysieren: Fragen Sie ab, warum ein Kunde die Ware zurückgibt. Analysieren Sie, welche Produkte aus welchen Gründen besonders häufig zurückgeschickt werden. Vielleicht können Sie deren Darstellungen und Beschreibungen verbessern ̶ oder die Produkte aus dem Sortiment nehmen.
- Kundenrezensionen einbinden: Falls es Ihre Shopsoftware zulässt, können Sie Kundenrezensionen ermöglichen und einbinden. Gerade bei Mode können Hinweise anderer Käufer, etwa dass ein Teil groß ausfällt, hilfreich sein.
- Rückfragen ermöglichen: Auch eine persönliche Beratung per E-Mail, Chat oder Telefon kann Retouren vermeiden ̶ zum Beispiel, wenn es Probleme beim Zusammenbauen eines Produkts gibt oder eine Schraube fehlt.
- Kundengruppen analysieren: Genauso wie es Warengruppen mit besonders hohen Retourenquoten gibt, gibt es auch Kundengruppen, die bestellte Waren besonders häufig zurückschicken. Überlegen Sie schon früh, wie Sie sich und Ihren Onlineshop so positionieren, dass Sie sich nicht unbedingt auf diese Kundengruppen fokussieren.
- Klimaschutzargumente einbringen: Studien zeigen, dass sogenanntes Nudging, also das sanfte Anstupsen, hilft. Zwar ist Kundenmanipulation strengstens verboten, Sie können Ihre Kunden aber zum Beispiel darauf hinweisen, dass sie durch sorgfältige Auswahl und den Verzicht auf Rücksendungen das Klima schonen. Als besonders wirksam hat sich dies in Verbindung mit einem Rabatt für Kunden mit niedrigen Retourenquoten erwiesen. Mahnende Worte mit erhobenem Zeigefinger allein bringen dagegen wenig.
- Auswahlhinweise ergänzen: Offensichtliche Auswahlbestellungen, bei denen mehrere Artikel des gleichen Modells in unterschiedlichen Größen in den Warenkorb geklickt wurden, kann ein automatisierter Hinweis auf die Größentabellen oder die Erfahrungen anderer Kunden reduzieren, der vor Bestellabschluss eingeblendet wird.
- Rückversand nicht erschweren: Den Rückversand so schwierig wie möglich zu machen, indem kein Versandetikett für Retouren beigelegt wird und dessen Download auf der Website umständlich ist oder dafür gar der Kundenservice kontaktiert werden muss, wirkt dagegen kontraproduktiv. Denn wer Ware zurückschicken will, lässt sich dadurch nicht abschrecken, wohl aber verärgern. Eine Studie zeigt, dass sich 80 Prozent der Onlinekäufer, die bei einem Retourenprozess schlechte Erfahrungen gemacht haben, von einem Händler abwenden. Damit steigt auch die Wahrscheinlichkeit einer schlechten Onlinebewertung.
- Kostenbeteiligungen der Kunden erwägen: Seit 2014 können Händler selbst entscheiden, ob sie Retourenkosten übernehmen oder den Kunden auferlegen. Die Akzeptanz dafür, dass Käufer zumindest einen Teil der Portokosten für die Rücksendung von Produkten übernehmen, ist je nach Branche unterschiedlich. Fast-Fashion-Anbieter, allen voran Zara, haben mittlerweile Kostenbeteiligungen bei Retouren eingeführt.
- Rückgabe im Laden erlauben: Als Multichannel-Händler in größeren Städten sollten Sie Ihren Onlinekäufern die Möglichkeit bieten, die Ware im Laden zurückzugeben. Das spart nicht nur Portokosten, sondern vereinfacht meist auch die Aufbereitung für den Wiederverkauf.