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Weniger Hürden – die Schweiz will Handelshemmnisse abbauen

2024 fallen die Einfuhrzölle auf Industrieprodukte in der Schweiz weg. Für bayerische Exporteure verringert das vor allem den Papierkram.

Von Melanie Rübartsch, IHK-Magazin 10/2023

Die Schweiz will international wettbewerbsfähiger werden und öffnet ihren Markt daher ein Stückchen weiter. Zum 1. Januar 2024 schaffen die Eidgenossen die Einfuhrzölle für die meisten Industrieprodukte ab. Außerdem vereinfachen sie ihre Zolltarifinfrastruktur – das Register der Zolltarifnummern wird schlanker. Der Schritt bringt auch Vorteile für bayerische Industrieunternehmen. Die wichtigsten Änderungen im Überblick:

Für welche Produkte gilt die Zollfreiheit künftig?
Als Industrieprodukte gelten alle Güter mit Ausnahme der Agrarprodukte (inklusive Futtermittel) und der Fischereierzeugnisse. Ganz konkret: Die Aufhebung der Industriezölle umfasst alle Waren der Kapitel 25 bis 97 des Zolltarifs mit Ausnahme einiger Produkte der Kapitel 35 und 38, die als Agrarprodukte klassifiziert sind.

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Finanzielle Ersparnis: eher gering

Wie viel Zoll sparen die deutschen Exporteure?
Die Schweiz verzollt in der Regel nach dem Gewicht der Waren. Durchschnittlich betragen die Zollansätze weniger als 1 Schweizer Franken pro Kilogramm. „Eine hohe unmittelbare finanzielle Ersparnis bringt die Abschaffung der Zölle deutschen Unternehmen daher nicht“, sagt Johannes Weidl, für die Schweiz zuständiger Referent in der Länderberatung der IHK für München und Oberbayern.

Hinzu kommt: Aufgrund verschiedener Freihandelsabkommen sind in der EU gefertigte Produkte ohnehin schon komplett zollfrei – hier ergibt sich also überhaupt keine Ersparnis. „Lediglich Produkte, die einen hohen Anteil an Vorprodukten aus Drittländern wie China oder Indien enthalten, sind regelmäßig zollpflichtig“, erklärt Weidl. In diesem Bereich fallen die Abgaben jetzt weg.

Sind künftig noch Präferenznachweise erforderlich?
Hier liegt aus Sicht des Schweiz-Experten der eigentliche Vorteil der neuen Regeln. Präferenznachweise dienen dazu, den Ursprungsort einer Ware zu belegen, die die Grenze passiert. Anhand dieser Dokumente prüft der ausländische Zoll, ob Gebühren anfallen oder aufgrund von Freihandelsabkommen entfallen. Diese Nachweise können sich deutsche Unternehmen nun sparen – unabhängig davon, ob die Produkte gänzlich oder nur zum Teil in Deutschland produziert worden sind beziehungsweise wie viel Drittland in Form von Vorprodukten in der Ware steckt.

Kein Ursprungsnachweis, weniger Bürokratie

„Das spart Unternehmen einiges an Papierkram, Zeitaufwand und internen Kosten für die Bearbeitung“, fasst Weidl zusammen. Lediglich wenn Waren aus der Schweiz in andere Drittländer wie etwa die USA exportiert werden, können Präferenznachweise weiterhin erforderlich werden. „In den meisten Fällen wird der Käufer das dann aber bereits bei den Vertragsverhandlungen signalisieren“, so Weidl. Umgekehrt sollte ein Exporteur seinerseits aktiv nachfragen, wenn er Anhaltspunkte dafür hat, dass die Ware weiterverschickt wird.

Können sich Unternehmen auch die Zollanmeldung sparen?
Nein, die Anmeldung ist unabhängig von den Präferenznachweisen wie bisher zu erledigen. Verena Stübner, Leiterin der Abteilung Exportmarketing der Handelskammer Deutschland-Schweiz (AHK Schweiz), konkretisiert: „Die Pflicht zur Einfuhrzollanmeldung, einschließlich der korrekten Deklaration der Zolltarifnummern der einzuführenden Waren, bleibt weiterhin bestehen.“ Die AHK weist außerdem darauf hin, dass sonstige Abgaben oder Steuern wie die Mehrwertsteuer oder die in der Schweiz erhobene Abgabe auf flüchtige organische Verbindungen (volatile organic compounds, VOC-Lenkungsabgabe) ebenfalls bestehen bleiben.

Nachfrage nach Importgütern steigt

Wie werden sich die Zolländerungen auf die Marktchancen bayerischer Unternehmen auswirken?
„Insgesamt dürften sich die Marktzugangsbedingungen und Chancen für bayerische Unternehmen in der Schweiz durch die Änderungen verbessern“, urteilt AHK-Expertin Stübner. Dank der wegfallenden Zollabgaben und der damit einhergehenden administrativen Erleichterungen bei den Zollverfahren profitieren nämlich vor allem die Unternehmen in der Schweiz von günstigeren Vorleistungen und können damit ihre Produktionskosten senken. „Daher ist damit zu rechnen, dass die Nachfrage nach Importgütern steigen wird“, sagt Stübner.

Zusätzlich arbeiten die Schweizer gerade im Rahmen eines großen Transformationsprogramms daran, sämtliche Abwicklungsprozesse rund um Zollangelegenheiten zu digitalisieren und damit zu vereinfachen. Umgesetzt sein soll das Vorhaben bis 2026. „Das wird die Einfuhrbereitschaft sicherlich nochmals ankurbeln“, erwartet die Handelsexpertin.

Handelshemmnisse abbauen, Standort stärken

Warum ist die Schweiz diesen Schritt gegangen?
Die Regierung will den Wirtschafts- und Industriestandort Schweiz stärken – unter anderem, indem sie Handelshemmnisse abbaut. „Während früher die heimische Industrie durch Zölle vor der ausländischen Konkurrenz geschützt werden sollte, verteuern diese Zölle heute die Beschaffung von Vormaterialien aus dem Ausland“, begründete das Schweizer Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) den Schritt.

Ein von Seco in Auftrag gegebenes Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass die durch den Abbau der Hemmnisse erzielbaren Gewinne für die Unternehmen und Konsumenten größer seien als die Zolleinnahmen, auf die der Staat verzichten muss. Nach den dort vorgenommenen Schätzungen liegt der Wohlfahrtsgewinn bei rund 860 Millionen Schweizer Franken (umgerechnet 890 Millionen Euro).

IHK-Infos zur Schweiz

Ausführliche Informationen zu diesem Markt liefert die IHK-Länderseite Schweiz.

Zudem informiert das Schweizer Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit unter „Zolltarif-Tares“.

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