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Gutes Geschäftsklima – Dubai

Im Mittleren und Nahen Osten sowie in Nordafrika bewerten deutsche Unternehmen ihre Perspektiven besonders positiv. Wo die Chancen liegen.

Von Natascha Plankermann, IHK-Magazin 04/2025

Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen – während manche in Europa es mit diesem nüchternen Spruch von Ex-Bundeskanzler Helmut Schmidt halten, sehen die arabischen Länder in der sogenannten MENA-Region (Mittlerer und Naher Osten sowie Nordafrika) das ganz anders: Sie halten ihre Pläne für die wirtschaftliche Entwicklung ihrer Länder gern perspektivisch fest – in positiven Zukunftsszenarien.

Das zeigt sich aktuell beim AHK World Business Outlook vom Herbst 2024, der die Stimmung deutscher Unternehmen an ihren internationalen Standorten ermittelt: 62 Prozent der befragten Firmen bewerten ihre aktuelle Geschäftslage in der MENA-Region als gut. Zum Vergleich: In der Eurozone sind nur 39 Prozent der Unternehmen mit ihren Geschäften zufrieden. Auch die Perspektiven für MENA schätzen die Firmen äußerst positiv ein: Fast 2 Drittel erwarten weitere Verbesserungen – das sind so viele wie in keiner anderen Region.

Saudi Arabien: Neue Jobs durch KI und Co.

Diese Einschätzung teilt auch Dalia Samra-Rohte, Delegierte der Deutschen Wirtschaft (AHK) für Saudi-Arabien, Bahrain und Jemen mit Sitz in Riad. Die promovierte Wirtschaftswissenschaftlerin beobachtet dort auf vielen Ebenen, wie sich die Region wandelt: Neue Industriezweige entwickeln sich – ein Beispiel ist das PIF (Public Investment Fund)-Unternehmen Alat, das einen globalen, innovativen Produktionsstandort aufbauen soll und dabei insbesondere in moderne Elektronik und künstliche Intelligenz investiert. 2030 sollen allein dadurch in Saudi-Arabien 39.000 direkte Jobs entstehen, mit einem Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt in Höhe von 9,3 Milliarden Dollar (ca. 8,5 Milliarden Euro).

Mehr Arbeitsplätze und Lebensqualität für die junge Bevölkerung zu schaffen, die durchschnittlich etwas über 30 Jahre alt ist und rund 33 Millionen Menschen umfasst – das sind Aufgaben, die die Vision 2030 in Saudi-Arabien mit sich bringt. In Nachbarländern wie den Vereinigten Arabischen Emiraten, Dubai oder dem Sultanat Oman gibt es vergleichbare Bestrebungen, festgehalten in Visionen für die kommenden Jahrzehnte.

Unterhaltungssektor boomt, Nachhaltigkeit auch

„In Saudi-Arabien wird seit 7 Jahren eine sozioökonomische Transformation sondergleichen angestoßen“, sagt Samra-Rohte. „Der Unterhaltungssektor boomt, Kunst- und Musikfestivals werden organisiert, die vor der wirtschaftlichen Transformation undenkbar gewesen sind. Auch Großveranstaltungen wie die Expo 2030 und der FIFA World Cup 2034 bieten deutschen Unternehmen einen interessanten Absatzmarkt.“

Städte wandeln sich. In Riad entsteht nach Angaben der AHK-Expertin auch mithilfe deutscher Architekten eine Parklandschaft, der King Salman Park. „Wirtschaftlich gesehen, bewegt sich das Land in Richtung Kreislaufwirtschaft und der nachhaltigen Nutzung von alternativen Energien wie Wasserstoff“, sagt Samra-Rohte.

Fünf-Sterne-Hotels und Tauchzentren

„Weitere wichtige Themen sind auch der Einsatz sowie die Weiterentwicklung von KI.“ Davon könnten nach Ansicht der Expertin bayerische Firmen profitieren. Der Ausbau des Tourismus floriere ebenfalls: „Entlang des Roten Meers und an der Golfküste entstehen Fünf-Sterne-Hotels und Tauchzentren“, so Samra-Rohte.

Den Aufwind in der Region nutzen auch Nicole Hoyer und Abdel Bouyerdane. Ihre Firma atrato GmbH mit Sitz in Pullach im Isartal hat sich auf Airportlogistik spezialisiert und ist seit 2024 auch in Dubai aktiv. „Wir haben uns in der Coronazeit selbstständig gemacht und nach der Pandemie hat sich das Geschäft wieder gut entwickelt“, sagt Hoyer.

Mit eigenem Büro näher am Kunden

Mitarbeitende verteilen inzwischen nicht nur Presseprodukte an die Flughäfen München, Frankfurt, Wien, Hamburg, Stuttgart und Düsseldorf, sie beliefern zusätzlich auch die exklusiven Lounges und kümmern sich um Dienstleistungen rund um die Check-in-Schalter: „Da müssen zum Beispiel Kaffeemaschinen gewartet oder Trolleys repariert werden. Und es gilt, den roten Teppich am First-Class-Check-in zu staubsaugen.“

Weil solche Services in immer größerem Ausmaß auch an den Drehkreuzen im Mittleren und Nahen Osten notwendig werden, bot sich die Eröffnung des Büros in Dubai an. „Die Region expandiert. Sie liegt gut, genau in der Mitte der Route von Reisenden aus Europa beispielsweise nach Australien oder Südostasien. Das Preis-Leistungs-Verhältnis von Airlines aus der Region ist herausragend“, meint Hoyer.

Leben und arbeiten am Golf

Sie und ihr Geschäftspartner Bouyerdane arbeiten unter anderem mit der Lufthansa, Turkish Airlines, Air Canada und Air China zusammen – Verhandlungen mit weiteren Kunden laufen. Bouyerdane verbringt inzwischen einen Großteil des Jahres mit seiner Familie am Golf, um am Erfolg des Standorts weiterzuarbeiten. Neben den Dienstleistungen am Flughafen möchte die atrato MiddleEast jetzt auch als Vermittler zwischen Deutschland und Dubai tätig werden.

Ansteckender Pioniergeist

Hoyer: „Wir bringen hiesige Unternehmen und Investoren, die in Dubai expandieren wollen, mit dortigen Firmen zusammen, beispielsweise beim Übernehmen eines Blumengeschäfts oder einer Werkstatt. Oder beim Vertrieb deutscher Produkte im arabischen Raum.“ 
Der Pioniergeist in der arabischen Welt wirkt offenbar ansteckend.

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