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Leitplanken für Social Media setzen

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Social Media – was sollen oder dürfen Mitarbeiter posten?

Die sozialen Medien prägen das Image eines Unternehmens zunehmend stärker. Interne Richtlinien für das Verhalten auf Instagram, Twitter, Facebook, Xing, LinkedIn & Co. können Mitarbeitern mehr Sicherheit und Orientierung bieten.

Eva Elisabeth Ernst, Ausgabe 11/2021

Ein allzu flapsiger Post auf dem Instagram-Account der Firma, ein missverständlicher Twitter-Tweet, die verfrühte Ankündigung einer neuen Kundenbeziehung auf LinkedIn, ein ungewollt patziger Kommentar in einem Onlineforum: In den sozialen Medien lauern unzählige Fettnäpfchen, die durchaus unangenehme Konsequenzen haben können. Selbst wenn ein ausgewachsener Shitstorm mit starker Öffentlichkeitswirkung sehr selten ist, kann missglückte Kommunikation im Internet dem Image eines Unternehmens schaden und Kunden, Interessenten oder Bewerber abschrecken. Aus Respekt vor etwaigen negativen Konsequenzen komplett auf Social Media zu verzichten, ist allerdings nicht empfehlenswert. Die Vorteile dieser Onlinekanäle sind nicht zu unterschätzen, allen voran die Möglichkeit der direkten Kommunikation mit Stakeholdern und die Chance, auch ohne großes Marketingbudget viele Menschen zu erreichen. Eine komplette Social-Media-Abstinenz ist mittlerweile ohnehin schon fast nicht mehr möglich.

Kundenbewertungen online auch ohne eigenen Eintrag

»Egal, wie intensiv Unternehmen sich selbst dort engagieren: Sie sind in jedem Fall in den sozialen Medien präsent«, betont Josef Rankl (58), der sich mit seinem Unternehmen EMarCon auf Seminare, Coachings und Workshops rund um Facebook, Instagram, Twitter & Co. spezialisiert hat. »Mit hoher Wahrscheinlichkeit diskutieren Kunden die Qualität von Produkten und Dienstleistungen längst im Internet oder vergeben Sternchen-Bewertungen auf Onlineplattformen.« Auf Google Maps sind viele Firmen mit einem Profil plus Kundenbewertungen selbst dann vertreten, wenn sie keinerlei Eintrag initiiert haben. Zudem, so Rankl weiter, seien die Grenzen zwischen privat und beruflich in vielen sozialen Medien fließend. »Wenn Mitarbeiter in ihren Profilen ihren Arbeitgeber angegeben haben, fungieren sie als Multiplikatoren und Botschafter des Unternehmens – so oder so.«

Der Social-Media-Berater empfiehlt daher, den Mitarbeitern einen internen Leitfaden für angemessenes und professionelles Verhalten in den sozialen Medien an die Hand zu geben. Besonders wichtig sind diese Regeln, wenn die Beschäftigten im Auftrag des Unternehmens bloggen, posten und publizieren: »Ein Unternehmer ist verantwortlich für das, was seine Mitarbeiter in seinem Namen tun«, betont Rankl. »Er haftet daher grundsätzlich auch für die beruflich veranlassten Aktivitäten seiner Mitarbeiter in den sozialen Medien.«

Tonalität und Themen festlegen

Klare Vorgaben zur Einhaltung des Urheberrechts bei der Veröffentlichung von Fotos, Filmen, Audiomaterial oder Texten Dritter sowie die Nennung von Quellen und die Kennzeichnung von Zitaten sind wichtig. Darüber hinaus sollte aber auch festgelegt werden, in welcher Tonalität und zu welchen Themen sich Mitarbeiter äußern oder eben nicht äußern dürfen. Selbst vermeintliche Kleinigkeiten wie ein angemessenes Profilfoto oder die korrekte Vorstellung mit echtem Namen und der Position im Unternehmen sollten die Guidelines berücksichtigen. Denn auch sie prägen den Gesamteindruck des Unternehmens im Internet.

Manuela Nikui (54), PR- und Kommunikationsberaterin aus Ismaning bei München, rät Unternehmern ebenfalls zu klaren Social-Media-Richtlinien, die quasi als Leitplanken dienen sollen. »Sie sollten vor allem praxistauglich sein, also Orientierung und Sicherheit bieten, ohne bis ins kleinste Detail vorzuschreiben, was und wie kommuniziert werden darf.« Für ein hohes Maß an Akzeptanz und Praktikabilität empfiehlt Nikui, dass die Mitarbeiter, die sich für das Unternehmen in den Social-Media-Kanälen bewegen, die Vorgaben selbst erarbeiten. Für etwaige Fragen sollte ein onlineaffiner Ansprechpartner im Unternehmen oder ein externer Experte benannt werden. »Denn die sozialen Medien sind schnell: Sie leben von Tempo und Spontanität. Ein komplexes Regelwerk ist daher fehl am Platz und führt zu unauthentischer Kommunikation«, betont die Beraterin.

Einmal veröffentlicht, nie verschwunden

Jedes Teammitglied müsse sich darüber im Klaren ein, dass alles, was einmal im Netz steht, immer wieder auftaucht. Das gilt selbst für gelöschte Beiträge, falls sie nicht wirklich blitzschnell wieder entfernt wurden. »In Unternehmen, in denen eine offene, vertrauensvolle Atmosphäre herrscht, können Mitarbeiter jedoch meist selbst ganz gut abschätzen, welches Verhalten in Social Media angebracht ist und welche Informationen nicht veröffentlicht werden dürfen«, sagt die PR-Expertin. »Schließlich haben sie kein Interesse daran, ihrem Arbeitgeber zu schaden.«

Nikui empfiehlt zudem dringend, eine angemessene Fehlerkultur zu etablieren. »Es sollte klar sein, dass kleinere und auch größere Missgeschicke in den sozialen Medien keine gravierenden Sanktionen nach sich ziehen, sofern sie schnellstmöglich gemeldet werden.« Denn je früher ein Post gelöscht, korrigiert oder relativiert wird, desto besser lässt sich der Schaden begrenzen. »Mit einer angemessenen Reaktion und einer Entschuldigung kommt man aus diesen Geschichten meist sehr gut wieder heraus«, sagt die Kommunikationsexpertin.

»Poste nichts, was Schwiegermutter oder Chef nicht lesen darf«

Ein Redaktionsteam zu bilden, in dem Themenfelder und Zuständigkeiten klar zugeordnet werden, ist laut Nikui auch für mittelständische Unternehmen sinnvoll. Ein Redaktionsplan sorgt dafür, dass regelmäßig gepostet wird. Doch auch für Reaktionen und Kommentare sollte Zeit eingeplant werden. »Schließlich handelt es sich bei den verschiedenen Kanälen um Dialogmedien«, betont die Expertin. Ebenso darf auch das Controlling der Aktivitäten nicht zu kurz kommen: Welche Posts kommen gut an, welche weniger gut? Wie entwickelt sich die Zahl der Follower, der Reposts? Welchen Einfluss haben Social Media auf Leads, Anfragen, Umsatz oder die Zahl der Bewerber? Einen lebensnahen Tipp, mit dem sich Social-Media-Richtlinien kurz halten lassen, hat Beraterin Nikui übrigens auch noch parat: »Poste nichts, was deine Schwiegermutter oder dein Chef nicht lesen darf.«

IHK-Service zu Social Media-Leitplanken

Weitere praxisgerecht aufbereitete Informationen zu Strategien, Maßnahmen, Fördermitteln und rechtlichen Themen bietet der IHK-Ratgeber Social-Media-Marketing.

Ein Muster für Social-Media-Guidelines steht auf der Website der Beratung EMarCon zum kostenfreien Download bereit.

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