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Den Mangel an Arbeitskräften eindämmen
Wo werden Beschäftigte in Zukunft besonders fehlen? Der IHK Arbeitsmarktradar Bayern hat die Entwicklung bis 2027 untersucht – die wichtigsten Ergebnisse im Überblick.
Von Gabriele Lüke, IHK-Magazin 07-08/2024
Wenig beschäftigt die Wirtschaft derzeit so stark wie das Fehlen von dringend benötigten Arbeitskräften. Der neue IHK Arbeitsmarktradar Bayern liefert nun eine fundierte Betrachtung, wie sich die Lage im Zeitraum bis 2027 entwickelt. Die Analyse wurde für die bayerischen IHKs vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW Köln) erstellt.
„Der Arbeitskräftemangel nimmt weiter zu und bleibt gravierend. Er geht mit wachsenden Wertschöpfungsverlusten einher“, zieht Sebastian John, Fachkräftereferent der IHK für München und Oberbayern, ein nüchternes Fazit. Zwar konnte die bayerische Wirtschaft in der Vergangenheit und trotz des schon bestehenden Mangels noch Beschäftigung aufbauen. „Aber langsamer als nötig“, so John. „Wir müssen daher angesichts der Aussichten umso mehr alle Register ziehen, um den Arbeitskräftemangel einzudämmen.“
Wichtige Bausteine sind die Zuwanderung sowie höhere Partizipationsquoten von Frauen, Älteren und Ausländern. „Bei den Frauen bietet auch die Ausweitung der Arbeitszeit ein hohes Potenzial, da diese häufig in Teilzeit arbeiten. Dafür müssen aber die Rahmenbedingungen stimmen.“
Polarisierung bei den Qualifikationen
Die bayerischen Unternehmen werden zudem mit einer zunehmenden Polarisierung der Qualifikationen zu kämpfen haben, sagt Demografieexperte Alexander Burstedde, der die Erhebung auf Seiten des IW geleitet hat. „Viele mittel qualifizierte, dual ausgebildete Fachkräfte gehen in Rente. Nachrücken werden aber insbesondere gering qualifizierte Helfer und hoch qualifizierte Experten“, so der IW-Forscher. „Auch dies müssen die Betriebe antizipieren und ausgleichen, etwa durch Fortbildungen oder technologische Anpassungen.“
Die wichtigsten Ergebnisse des IHK Arbeitsmarktradars Bayern:
- Bis 2027 könnte die Zahl der fehlenden Arbeitskräfte in Bayern auf rund 176.000 anwachsen, das wäre seit 2022 ein Plus von mehr als 12 Prozent.
- Rein rechnerisch wären 2027 bereits rund 55 Prozent aller offenen Stellen nicht zu besetzen, weil es keine passend qualifizierten Arbeitslosen gibt – die sogenannte Stellenüberhangsquote.
- Die Top-Engpass-Berufe liegen in Bayern im Verkauf, in der Kinderbetreuung, in der Gesundheits- und Krankenpflege, bei medizinischen Fachangestellten, in der Informatik sowie in der Lagerwirtschaft, Gastronomie, Elektrotechnik sowie Bauelektrik.
München profitiert von Zuwanderung
Etwas anders stellt sich die Lage in München und Oberbayern dar. „Der Fachkräftemangel wächst zwar auch hier, aber nur wenig“, sagt IW-Experte Burstedde. Zurückzuführen sei dies auf die Anziehungskraft Münchens. „Die Landeshauptstadt und, insbesondere auch ihr IT-Hub locken viele gut qualifizierte, junge Zuwanderer.“
So werde der Renteneintritt der Älteren besser abgefedert. Zugleich zeige diese Entwicklung, welch großen Wert eine offene Gesellschaft und Zuwanderung für die Wirtschaft haben. „Darüber hinaus profitiert die Region von den vielen Pendlern“, so Burstedde. „Wichtig ist also für die Zukunft eine gute Verkehrsinfrastruktur.“
Oberbayern durch Pendler im Vorteil
Für Oberbayern kommt der IHK Arbeitsmarktradar zu folgenden Ergebnissen:
- Im Gegensatz zu Gesamtbayern steigt der Arbeitskräftemangel in Oberbayern von 2022 bis 2027 nur leicht auf 40.900 Personen und damit um 1,5 Prozent.
- Am größten dürfte der Mangel bei gering qualifizierten Helfern ausfallen: Er vergrößert sich von rund 700 fehlenden Helfern 2022 auf 2.400 im Jahr 2027 – ein Plus von 243 (!) Prozent.
- Die mit Abstand größte Arbeitskräftelücke wird für den Verkauf erwartet, noch vor Informatik und Gesundheits- und Krankenpflege.
Qualifikatorische Passung im Blick
Die Datenbasis für den IHK Arbeitsmarktradar Bayern basiert auf der Methodik der IW-Arbeitsmarktfortschreibung. Ergänzt wurden Ergebnisse der IHK-Konjunkturbefragungen, Branchenverteilungen der Beschäftigten, ein Wertschöpfungs- und ein Kurzfristmodul. Mit berücksichtigt wurde außerdem die qualifikatorische Passung der Arbeitslosen.
IHK-Info zum Arbeitsmarktradar
Den vollständigen IHK Arbeitsmarktradar Bayern gibt auf der BIHK-Website. Er enthält viele Grafiken und Erläuterungen.