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Unter die Lupe genommen: A1-Bescheinigung
Was hat es mit diesem Nachweis auf sich, wer braucht ihn wann und wo wird er beantragt? Das Wichtigste im Überblick.
Von Eva Müller-Tauber, 12/2024
„Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen“ – bei Geschäftsreisen ins europäische Ausland ohne A1-Bescheinigung mitunter auch Unerfreuliches, ließe sich das Zitat des Dichters Matthias Claudius ergänzen. Denn wer berufsbedingt in Länder der Europäischen Union (EU), des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR), in die Schweiz oder das Vereinigte Königreich Großbritannien bzw. Nordirland reist oder dorthin entsendet wird, braucht dieses Papier. Andernfalls kann es sein, dass er seine Arbeit vor Ort erst einmal beenden muss, zu einem Gelände keinen Zutritt erhält und/oder Bußgelder fällig werden.
Was nun hat es mit der A1-Bescheinigung auf sich? Sie heißt offiziell „Bescheinigung über die Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit, die auf den/die Inhaber/in anzuwenden sind“. Der Vordruck A1 wird in dem Land ausgestellt, dessen Rechtsvorschriften für die jeweilige Person gelten. Er bestätigt, dass der im Ausland vorübergehend Tätige den – in diesem Fall deutschen – Sozialversicherungspflichten unterliegt.
Doppelte Beiträge vermeiden
Somit dürfen andere Staaten keine Sozialversicherungsbeiträge erheben, da dies zu doppelten Beitragszahlungen führen würde. Denn nach EU-Recht gelten für eine Person stets nur die Rechtsvorschriften eines einzigen Landes.
Die A1-Bescheinigung ist vor der Geschäftsreise beziehungsweise des grenzüberschreitenden Arbeitseinsatzes zu beantragen. „Dies gilt unabhängig von der Dauer des Arbeitsaufenthaltes sowie der jeweiligen Branche und davon, ob Sie als Arbeitnehmer oder Selbstständiger tätig sind“, erläutert Johannes Weidl, stellvertretender Referatsleiter International bei der IHK für München und Oberbayern.
Da noch nicht einheitlich geregelt ist, dass die A1-Bescheinigung auch digital akzeptiert wird, rät der Experte allen Unternehmern, sie bei Auslandsreisen innerhalb Europas möglichst im Original mit sich zu führen, „sonst drohen schlimmstenfalls bei einer Kontrolle Sanktionen oder Bußgelder“.
Antrag elektronisch stellen
Seit dem 1. Januar 2022 haben selbstständig tätige Personen ihren Antrag auf Ausstellung einer A1-Bescheinigung ausschließlich elektronisch zu übermitteln. Die Beantragung ist über das kostenfreie SV-Meldeportal der Servicestelle der Gesetzlichen Krankenversicherung GmbH (ITSG) möglich. Über das Portal wird der Antrag an die jeweils zuständige Stelle – gesetzliche Krankenkasse, Rentenversicherungsträger oder Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen – weitergeleitet.
Für entsendete Mitarbeitende ist der Arbeitgeber verpflichtet, die A1-Bescheinigung elektronisch zu beantragen. Setzt der Unternehmer ein systemgeprüftes Lohnabrechnungsprogramm ein und ist vom Softwarehersteller eine entsprechende Übermittlungsmöglichkeit implementiert, kann er den Antrag auf Ausstellung einer A1-Bescheinigung für entsandte Arbeitnehmer direkt hierüber online stellen.
Entgeltsoftware oder SV-Meldeportal
Vorteil einer solchen Lösung: Seit dem 1. Januar 2020 erstellt das Entgeltabrechnungsprogramm nach Absenden des Antrags einen Antragsnachweis. Dieser dient als Beleg dafür, dass der Arbeitgeber vor Beginn der Auslandsbeschäftigung einen Antrag auf Ausstellung einer A1-Bescheinigung gestellt hat. „Sollten Sie die Bestätigung also nicht rechtzeitig zur Auslandsreise erhalten, nehmen Sie den Antragsnachweis mit“, rät IHK-Experte Weidl.
Nutzt ein Arbeitgeber kein solches Programm, steht ihm für die Beantragung alternativ ebenfalls das SV-Meldeportal zur Verfügung.
Erleichterung für Vielreisende
An sich muss die A1-Bescheinigung bei jedem Auslandseinsatz erneut beantragt werden. Aber es gibt eine mögliche Erleichterung für Vielreisende: Wer regelmäßig, das heißt
- über einen Zeitraum von 12 Monaten
- in 2 oder mehr Mitgliedsstaaten
- mindestens an 1 Tag im Monat oder an mindestens 5 Tagen im Quartal
- wenn auch nur stundenweise, zum Beispiel zum Be- und Entladen,
im Ausland tätig ist, kann einen Antrag auf eine längerfristig gültige A1-Bescheinigung stellen.
„Auch ein Selbstständiger darf sich unabhängig vom einzelnen Einsatz eine längerfristige A1-Bescheinigung für die EU-Mitgliedstaaten ausstellen lassen, in denen er gewöhnlich arbeitet – sofern die oben genannten Kriterien erfüllt sind“, erläutert Weidl.
Fachkräfte aus Drittstaaten
Und was ist, wenn ein Unternehmen eine Fachkraft, die einem Drittstaat angehört, ins europäische Ausland beordert? Weidl: „Dann muss geprüft werden, ob eine A1-Bescheinigung nötig ist und welches Formular dafür gebraucht wird.“
Allerdings haben die meisten europäischen Länder die Verordnung für Drittstaatsangehörige VO (EU) 1231/2010 unterzeichnet und somit geregelt, dass für diese Personen ebenfalls eine A1-Bescheinigung ausgestellt werden kann.
IHK-Info: Mitarbeiterentsendung und A1-Bescheinigung
Im Online-Tool „Dienstleistungskompass“ auf dem Außenwirtschaftsportal Bayern finden sich umfassende Informationen rund um die Dienstleistungserbringung im europäischen Ausland. Im Grundlagenkapitel wird auch das Thema A1-Bescheinigung erläutert.
Die Europäische Kommission hat zudem allgemeine Informationen zur A1-Bescheinigung und zu ihrer Verwendung herausgegeben.
Online beantragen lässt sich der Nachweis über das gemeinsame SV-Meldeportal der Sozialversicherungsträger.