Inklusion neu gedacht

Das junge Sozialunternehmen LernPiloten baut auf Digitalisierung – das bringt seinen Klienten und Mitarbeitenden viele Vorteile.
Von Harriet Austen, IHK-Magazin 03/2025
Wie der Name „LernPiloten“ zustande kam? „Ein Pilotprojekt verkörpert etwas Neues und gestaltet die Zukunft“, antwortet Geschäftsführer Alexander Kulla (35). Und sein Kompagnon Lion Sokar (34) ergänzt: „Ein Pilot strahlt Sicherheit aus und bringt einen ans Ziel – so wie wir die Schüler.“
Damit ist schon umrissen, was das 2021 gegründete Sozialunternehmen aus München ausmacht: Es will Kindern und jungen Erwachsenen mit Einschränkungen Zugang zu Bildung ermöglichen, indem es ihnen Lernbegleiter an die Seite stellt. Diese „LernPiloten“ gehen mit in den Kindergarten, den Hort oder die Regelschule und unterstützen ihre jungen Klienten im Bildungsalltag.
Die 3 Gründer Sokar, Kulla und Lukas Fenner (36) beschreiten mit der LernPiloten GmbH neue Wege in der Schul- und Individualbegleitung, die sonst meist von Vereinen und Wohlfahrtsverbänden angeboten wird. „Durch Digitalisierung und klare Prozessstrukturen haben wir mehr Zeit für unsere Kunden und Klienten“, betont Kulla. Er hat bereits in dem Bereich gearbeitet und erhebliches Verbesserungspotenzial erkannt. „In der Branche läuft noch viel mit Stift und Zettel.“
Sprung ins kalte Wasser
Für die Gründung des Unternehmens kündigte Kulla seinen Job und erarbeitete gemeinsam mit Sokar und Fenner einen Businessplan. Gleichzeitig feilten sie an Marke und Website. „Erst als das alles stand, wagten wir den Sprung ins kalte Wasser“, sagt Sokar, der sich des Risikos bewusst war. Denn bei ihren Kunden handelt es sich um eine sensible Zielgruppe.
Danach ging es richtig los. Die KfW gewährte ein Gründerdarlehen, kundige Freunde halfen mit Marketing-Know-how, die Gründer verhandelten mit den Kostenträgern (Bezirk Oberbayern, Sozial- und Jugendämter) über Leistung und Vergütung, die ersten LernPiloten wurden Kindern zugeteilt. Mittlerweile beschäftigt das Sozialunternehmen 110 LernPiloten und 4 Mitarbeiter in der Verwaltung. „Die Nachfrage ist enorm hoch“, sagt Kulla. Der Erfolg des Start-ups liegt aber auch in seiner Vorreiterrolle in Sachen Serviceorientierung.
Eigene App als digitaler Arbeitsplatz
Entscheidend dafür war, dass die junge Truppe die Digitalisierung von Anfang an vorantrieb. IT-Experte Fenner nutzte Open-Source-Systeme, die er durch selbst geschriebene Programme erweiterte und miteinander verband. Sämtliche Mitarbeiter haben eine App auf ihrem Smartphone, die einem digitalen Arbeitsplatz entspricht: Stundenpläne, Einsatzzeiten und Berichte können so jederzeit transparent ausgetauscht, eingesehen und analysiert werden.
Auf der App befinden sich außerdem Wiki-Infos, eine Schulungsplattform (Inklusionsakademie) und ein interner Messenger-Dienst. Die Entwicklung war „ein erheblicher Aufwand an Zeit und Geld“, gibt Fenner zu. Doch die Verwaltung zu professionalisieren, habe sich gelohnt.
Zielvorgabe: sozial, wirtschaftlich und innovativ
„Langsam zieht die Branche nach“, stellt Kulla fest. Das Interesse sei groß, den Wandel digital zu gestalten. Deshalb plant das Trio, seine Ressourcen auch anderen zur Unterstützung anzubieten. In den nächsten Jahren werden außerdem weitere Standorte geprüft.
Da die Einnahmen zu 100 Prozent aus der staatlich finanzierten Eingliederungshilfe bestehen, können zusätzliche Mittel nur durch weiteres Wachstum, Prozessoptimierung und Kosteneinsparungen erzielt werden. Das Ziel des LernPiloten-Teams: „Wir möchten zeigen, dass es möglich ist, im sozialen Bereich wirtschaftlich zu arbeiten und Innovationen voranzutreiben.“