Foto: Bayerisches Staatsministerium für Digitales/Jörg Koch ©
Judith Gerlach (34) ist seit November 2018 Bayerische Staatsministerin für Digitales

Ein digitales Unternehmenskonto soll Firmen die Kommunikation mit dem Staat erleichtern. Bayerns Digitalministerin Judith Gerlach (CSU) erklärt, was das Projekt leisten soll.

Nadja Matthes, Ausgabe 04/20

Frau Gerlach, die Bundesländer wollen beim digitalen Unternehmenskonto die in Bayern verwendete Technologie ELSTER einsetzen. Sie haben die Einigung als Durchschlagen eines gordischen Knotens bezeichnet. War die Lage so verfahren?

Bund und Länder waren sich zwar schon immer mit den großen Wirtschaftsverbänden einig, dass wir ein leistungsfähiges Unternehmenskonto brauchen. Allerdings hat man sich lange nicht auf eine Lösung verständigen können. Und das, obwohl es sich dabei um wichtige Standortpolitik handelt. Unternehmen haben im Schnitt 130 Behördenkontakte – deutlich mehr als einzelne Bürger. Deswegen war es immer unser Ziel, zügig eine pragmatische Lösung zu etablieren. Mit ELSTER haben wir in der Steuerverwaltung bereits ein sicheres Verfahren, das sich seit Jahrzehnten bewährt hat. Bayern hat jetzt erreicht, dass diese Technologie für ganz Deutschland die Basis für das Unternehmenskonto wird. Damit können wir nun schnell und kostengünstig ein Unternehmenskonto für das ganze eGovernment-Spektrum anbieten.

Welche Leistungen soll das digitale Unternehmenskonto bieten?

Es wird alle wesentlichen Funktionen umfassen, die Unternehmen erwarten und die von den Verbänden immer wieder gefordert werden. Dazu gehört eine Registrierungs- und Anmeldungseinheit, die eine sichere Anmeldung nicht nur mit ELSTER-Zertifikaten, sondern auch mit der elektronischen Identifizierungsfunktion des Personalausweises ermöglicht. Hinzu kommt die Möglichkeit zur Kommunikation mit den Behörden in beide Richtungen. Unternehmen können also sowohl Anträge stellen als auch die entsprechenden Bescheide abrufen. Die Steuerformulare sind ja schon jetzt hinterlegt und auch die Maschine-zu-Maschine-Kommunikation ist möglich, was insbesondere für standardisierte Massenverfahren wie die Übermittlung von Umsatzsteuervoranmeldungen für größere Unternehmen wichtig ist. Das wirklich Neue ist aber, dass wir sukzessive alle Verwaltungsleistungen für Unternehmen online anbieten wollen – von der Kfz-Anmeldung über Meldepflichten bis hin zu Zollformalitäten.

Welche Vorteile bietet das Konto konkret für die Firmen?

Unternehmen haben in der Regel sehr viele Behördenkontakte. Die werden durch ein digitales Unternehmenskonto deutlich vereinfacht und beschleunigt. Ein besonderer Vorteil ist natürlich, dass wir nahezu alle Unternehmen in Deutschland über die Register bei der Steuer bereits erfasst haben. Etwa 1,5 Millionen Unternehmen haben ELSTER-Zertifikate, die sie beim neuen Konto einfach weiternutzen können. Andere sind über Vertreter wie etwa Steuerberater erfasst. Ein wesentlicher Vorteil ist, dass ELSTER für jedes Unternehmen bis zu 200 Organisationszertifikate anbietet. Damit können Unternehmensmitarbeiter für bestimmte Aufgaben individuelle Zertifikate nutzen. Auch der zu Recht von der Wirtschaft geforderte Single Point of Contact rückt so in greifbare Nähe.

Wann werden Unternehmen das digitale Konto nutzen können?

Wir planen für die Umsetzung des Unternehmenskontos bis zum Jahr 2022. Aber schon im kommenden Jahr sollen wesentliche Funktionalitäten wie das Postfach zur Kommunikation mit den Behörden oder die Maschine-zu-Maschine-Kommunikation nutzbar sein. Eine Herausforderung wird es sein, nicht nur die zentrale technische Infrastruktur bereitzustellen, sondern auch alle für Unternehmen relevanten Onlineverfahren an das Unternehmenskonto in geeigneter Weise anzubinden. Hier sprechen wir nicht nur über die Verfahren von Bundes- und Landesbehörden, sondern auch über viele tausend Kommunen in Deutschland und deren Verfahren. Wir stehen also vor einer sportlichen Herausforderung, die wir gerne annehmen. Da müssen wir alle, Bund, Länder und Kommunen, eng zusammenarbeiten.

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