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Groß mit Grußkarten

celebrate company ©
Wollen europäische Marktführer werden – Steffen Behn (l.) und Patrick Leibold, Geschäftsführer der celebrate company

Die 2010 gegründete celebrate company ist auf personalisierte Karten für alle Lebenslagen spezialisiert. Das Geschäft wächst rasant – organisch und durch Zukäufe.

SABINE HÖLPER, Ausgabe 12/2022

Ob Geburtsanzeige, Einladung zur Hochzeit oder Danksagung – Karten für solche Anlässe kann man von der Stange kaufen. Oder personalisiert, nach den eigenen Wünschen und Vorstellungen gestaltet. Mit individuellen Karten, die Kunden online selbst designen, ist die kartenmacherei GmbH groß geworden. 2010 gründeten die Eheleute Christoph und Jennifer Behn das Unternehmen. Zehn Jahre später hat es bereits weit mehr als eine Million Pakete an seine Kunden verschickt.

110 Millionen Umsatz jährlich mit sechs Marken

Die kartenmacherei ist nicht allein geblieben. Sie ist eine von mittlerweile sechs Marken, die unter dem Dach der celebrate company GmbH vereint wurden. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Gilching und weiteren Standorten setzt 110 Millionen Euro pro Jahr um und beschäftigt 500 Mitarbeiter. Die Gründer haben sich inzwischen aus dem operativen Geschäft zurückgezogen und feilen im Hintergrund an neuen Ideen. Die Geschäfte führen Christophs Bruder Steffen Behn sowie Patrick Leibold. Die Richtung ist klar: Expansion.

»Das können wir besser« als Anstoß

Den Anstoß zur Firmengründung gab ein freudiges Ereignis. Jennifer Behn und ihr Mann waren gerade Eltern geworden und wollten die frohe Botschaft mit Familie und Freunden teilen. Doch keiner der bestehenden Anbieter erfüllte Behns Anspruch an Design und Qualität. »Das können wir besser«, dachte Jennifer Behn. Die jungen Eltern ergriffen die Chance und machten sich selbstständig.

Im ersten Jahr arbeiteten die beiden allein an ihrem Projekt, im Dachgeschoss ihres Hauses. Danach zogen sie in ihr erstes Büro am Ammersee. Zu diesem Zeitpunkt stieß auch Christoph Behns jüngerer Bruder Steffen (38) dazu. Zwei Jahre lang hatte er zuvor in Panama für BMW gearbeitet. »Ich habe mir reiflich überlegt, ob ich die Festanstellung wirklich aufgeben sollte«, sagt er. »Doch mir war auch klar, dass ich meine Zukunft nicht in einem Konzern sehe.« Damit war die Entscheidung für das Start-up gefallen.

Gegenbewegung zu schnellen Zeilen auf dem Handy

Steffen Behn sah das Potenzial in der Gegenbewegung zu ein paar schnellen Zeilen auf dem Handy: Menschen, die sich peu à peu wieder dem guten alten Papier zuwenden, der persönlichen Nachricht, die einen bleibenden Eindruck hinterlässt – und nicht morgen schon wieder gelöscht wird.

Trend Individualität

Personalisierte Karten, insbesondere mit dem eigenen Foto, bedienen außerdem den Wunsch nach Individualität. Dass man damit Umsatz machen kann, haben auch schon andere Branchen entdeckt. Die Deutsche Post zum Beispiel verkauft seit mehr als zwei Jahren individuell gestaltbare Briefmarken, die gut nachgefragt werden.

Die kartenmacherei hat den Trend erfolgreich aufgenommen. Die Zahl der Mitarbeiter wächst kontinuierlich, der Umsatz ebenso. Dabei war nicht jede Entscheidung gut, manche Ideen floppten. »Ich könnte eine ganze Liste mit Fehlentscheidungen aufstellen«, sagt Steffen Behn. Glücklicherweise hat der Firma keine davon das Genick gebrochen. Es ging immer aufwärts. Die Gründer wurden immer professioneller – mit dem Ziel, weiter zu wachsen. Vor rund vier Jahren holten sie daher Patrick Leibold ins Boot, den heutigen zweiten Geschäftsführer. »Wir haben vor allem einen Fachmann für Finanzen gesucht«, sagt Steffen Behn.

Gesamte Wertschöpfungskette unter einem Dach

Die entscheidenden Schritte, um weiter zu expandieren, unternahmen sie aber schon vorher. Wuchs die Firma lange organisch, ging sie nun in die Offensive: Die kartenmacherei kaufte andere Unternehmen. 2014 erwarben die Bayern faireparterie, einen französischen Anbieter im gleichen Segment. 2020 übernahmen sie den langjährigen Druckpartner aus dem Schwarzwald, die Straub Druck+Medien AG, um die gesamte Wertschöpfungskette vom Entwurf bis zum Druck unter einem Dach zu vereinen. Seit diesem Jahr gehören ferner die mintkind GmbH aus Hamburg sowie das französische Atelier Rosemood zur Firmenfamilie.

»Wir streben paneuropäische Marktführerschaft an«

Um die Übernahmen stemmen zu können, holten die Unternehmer erstmals Risikokapitalgeber ins Boot, allerdings, so Steffen Behn, »nur als Minderheitenbeteiligung«. Rosemood ist vor allem für die Expansion in der Sparte Fotobücher interessant. Hier sieht die celebrate company großes Potenzial. »Wir wollen verstärkt in den Bereich Fotobücher einsteigen«, sagt Steffen Behn. »Dieser Markt ist bislang noch sehr old school, da können wir viel bewegen.« Die Ziele für die kurz- bis mittelfristige Zukunft sind aber weitaus ambitionierter: »Wir streben eine paneuropäische Marktführerschaft an«, sagt der Geschäftsführer.

»autonomy, mastery, purpose«

Damit dies gelingt, investiert das Unternehmen nicht nur in Firmen und neue Geschäftsfelder, sondern auch in die Beschäftigten. »Die Mitarbeitenden stehen bei uns im Mittelpunkt«, sagt Steffen Behn. Und da diese Aussage keine Floskel bleiben soll, haben die Unternehmenslenker eine agile Arbeitsstruktur eingeführt. Steffen Behn ist im Unternehmen der Experte für New Work. Er erzählt mit Verve, wie viel effektiver die Mitarbeiter arbeiten und dass sie zufriedener sind, wenn man drei Punkte beachte, nämlich »autonomy, mastery, purpose«.

Diese Motivationsfaktoren gehen auf den US-amerikanischen Autor Daniel Pink zurück. Mit autonomy ist Selbstbestimmung gemeint, mit mastery die kontinuierliche Weiterentwicklung des Einzelnen, aber auch von Teams, mit purpose das Wissen, warum man etwas tut. »2016 haben wir unsere Organisation darauf umgestellt«, sagt Steffen Behn.

Tägliches virtuelles Meeting

Seither arbeiten kleine, selbst organisierte Teams interdisziplinär zusammen. Sie gruppieren sich um ein Thema, zum Beispiel »Mütter« oder »Feierlichkeiten«. Außerdem haben die Mitarbeiter viele Freiheiten, können arbeiten, wann und wo sie möchten. »Nur einmal am Tag treffen sie sich zu einem virtuellen Meeting«, sagt Steffen Behn. Wesentlicher Teil der agilen Arbeitsweise ist, dass es keine Hierarchien in den Gruppen gibt. Behn: »Entscheidungen treffen diejenigen, die die Expertise haben.«

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