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Handfeste Eindrücke – Jugendliche lernen den Betriebsalltag kennen

Bei der IHK-Aktion „Ein Tag Azubi“ erklären Auszubildende Schülern ihren Berufsalltag. Für Unternehmen ist dies eine Chance, die Fachkräfte von morgen für sich zu gewinnen.

Von Stefan Bottler, IHK-Magazin 07-08/2024
 
Chemikant ist ein faszinierender und abwechslungsreicher Ausbildungsberuf, findet Luca Kornelly. „Chemische Prozesse zu verstehen, ist eine große Herausforderung“, sagt der Azubi des Antriebs- und Chemikalienherstellers Nitrochemie Aschau GmbH. „Mir gefällt es gut, immer neue Aufgaben kennenzulernen und an diesen zu wachsen.“ Seine Erfahrungen möchte Kornelly, der im Sommer sein 3. Ausbildungsjahr abschließt, auch anderen Jugendlichen mitteilen.

Im vergangenen Jahr stellte er beim Aktionstag „Ein Tag Azubi“ 4 Schülern seinen Berufsalltag vor. Einen Vormittag lang führte er die 8-Klässler durch die Produktionsräume und schilderte seine tägliche Arbeit. Anschließend durften sie unter seiner Anleitung kleinere Proben anfertigen. „Die Schüler zeigten sich sehr interessiert und haben viele Fragen gestellt“, sagt Kornelly. Womöglich starten 1 oder 2 Jugendliche in diesen Ausbildungsberuf, wenn sie im Sommer 2025 die Schule abschließen.

Schnuppertag mit persönlicher Begleitung

Mit der Aktion „Ein Tag Azubi“ wollen die Wirtschaftsjunioren in Kooperation mit den IHK-Regionalausschüssen die Entscheidung für eine Ausbildung erleichtern. Schülerinnen und Schüler besuchen einen Tag lang einen Betrieb und lernen einen Ausbildungsberuf kennen. Am 20. November 2024 findet die Aktion zum dritten Mal statt. Wie in den Vorjahren wurde der schulfreie Buß- und Bettag dafür gewählt.

Die teilnehmenden Jugendlichen werden von Auszubildenden begleitet, die nur wenig älter sind als sie. „So stellen wir eine Kommunikation auf Augenhöhe sicher“, sagt IHK-Referentin Anja Sperr. Die Azubis führen in ihren Beruf ein, beantworten Fragen und vergeben einfache Aufgaben. Die potenziellen Nachfolger erhalten dadurch einen ersten Eindruck vom Beruf und können entscheiden, ob sie diese Erfahrung mit einem Praktikum vertiefen oder sogar einen Ausbildungsvertrag abschließen wollen.

Beim ersten Aktionstag 2022 besuchten 144 Schülerinnen und Schüler 80 Unternehmen, beim 2. Tag 2023 hatten sich die Teilnehmerzahlen bereits vervielfacht: 723 Jugendliche waren in 400 Ausbildungsbetrieben zu Gast.

Sich präsentieren – und Vorurteile gegenüber Gen Z abbauen

In diesem Jahr werden Unternehmen aus fast allen oberbayerischen Stadt- und Landkreisen teilnehmen. „Wir wollen die betriebliche Ausbildung insgesamt aufwerten und laden alle Unternehmen, unabhängig von einer IHK-Mitgliedschaft, zum Mitmachen ein“, erläutert IHK-Referent Maximilian Keneder.

Die Betriebe können sich nicht nur potenziellen Nachwuchskräften präsentieren. Sie können sich auch selbst ein Bild von den jüngsten Vertretern der Generation Z machen – und manches Vorurteil revidieren. Die bisherigen Aktionsteilnehmer hätten nicht den Eindruck erweckt, dass sie nur an Work-Life-Balance denken und nicht an Leistung interessiert seien, meint Andreas Burkhardt, Geschäftsführer der Wirtschaftsjunioren Bayern. Er kann sich nur an einen einzigen Jugendlichen erinnern, der unentschuldigt gefehlt habe.

Dank Matching zu überraschende Berufen

Die Zuteilung der Teilnehmer an die einzelnen Betriebe erfolgt durch ein Matchingverfahren. Das Vorgehen habe einen großen Vorteil, so Keneder: „Die Jugendlichen entdecken Berufe, die sie zuvor nicht in Betracht gezogen hätten“. Das trifft wohl auch auf den Beruf des Chemikanten zu. Chemieunternehmen können – wie viele andere Branchen – offene Stellen oft nicht besetzen und suchen Strategien gegen den Fachkräftemangel.

So wie die Nitrochemie Aschau, die seit Jahren rückläufige Azubizahlen verzeichnet. Als die Personalabteilung der Rheinmetall-Tochter 2023 von der Aktion „Ein Tag Azubi“ hörte, sah sie sofort die Chancen. „Wir können unser Unternehmen Schülerinnen und Schülern vorstellen, die sich nicht zu einem 1-wöchigen Schnupperpraktikum entschließen“, sagt Ausbildungskoordinatorin Sandra Klozik. Außer Chemikanten bildet das Unternehmen Chemielaboranten, Industriemechaniker und Elektroniker für Automatisierungstechnik aus.

Azubis gestalten Aktionstag individuell

Für jeden Beruf meldeten sich Schüler aus Aschau am Inn und Umgebung für den Aktionstag an. Die meisten hatten auf dem Instagram-Account des Unternehmens von der Aktion erfahren. Die eigentliche Ausgestaltung des Tags überließ Klozik den Auszubildenden im Betrieb. „Jeder Azubi stimmte mit dem Ausbilder sein Konzept ab“, so die Personalexpertin.

Die Schüler besuchten Berufspräsentationen und nahmen an Betriebsführungen teil. Anschließend durften sie in Laboren selbst Versuche durchführen und Proben herstellen. Am Ende des Tages sahen manche Jugendliche ihre berufliche Zukunft klarer. „Zwei schlossen eine Ausbildung bei Nitrochemie definitiv aus“, bilanziert Klozik. „Ein Dritter der ursprünglich eine ganz andere Ausbildung favorisierte, zeigte sich hingegen von unseren Angeboten beeindruckt.“ Für 2024 plant Nitrochemie nun zusätzliche Versuche in den Laboren und strebt mit Kino- und Außenwerbung noch höhere Teilnehmerzahlen an.

Umfrage: 95 Prozent von IHK-Aktion überzeugt

Für IHK-Referentin Sperr bietet der Aktionstag vor allem die Chance, das Interesse an der betrieblichen Ausbildung insgesamt zu steigern. „Wenn Jugendliche eine Ausbildung in dem ausgewählten Beruf ausschließen, hat das ebenfalls einen Mehrwert und hilft bei der Berufsentscheidung weiter“, stellt sie fest. Viele Unternehmen sind vom Aktionstag gleichermaßen überzeugt, wie eine IHK-Umfrage ermittelte. 300 Antworten gingen ein – mehr als 95 Prozent wollen an künftigen Aktionstagen teilnehmen.    

IHK-Info: Aktion „Ein Tag Azubi“

Unternehmen und potenzielle Azubis finden hier Details zur IHK-Aktion „Ein Tag Azubi“ am  20. November 2024.

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