Weiterbildung als Schlüssel

Worauf kommt es beim lebenslangen Lernen an und wie werden Mitarbeitende dazu motiviert? Antworten gibt Sabine Köhne-Finster vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln.
Von Natascha Plankermann, IHK-Magazin 03/2025
Frau Köhne-Finster, Workshops, Schulungen und Kurse kosten Zeit und Geld. Warum lohnt es sich trotz des Aufwands für Unternehmen, ihre Mitarbeitenden kontinuierlich weiterzubilden?
Weiterbildung ist entscheidend, um mit den großen Herausforderungen unserer Gesellschaft wie Digitalisierung, Klimazielen und dem demografischen Wandel Schritt zu halten. Unternehmen sichern sich dadurch langfristig ihre Wettbewerbsfähigkeit und begegnen dem Fachkräftemangel. Sie können durch die Schulung ihrer Mitarbeitenden Lücken füllen, wenn es auf dem Markt keine geeigneten Fachkräfte gibt.
Außerdem stärken sie die Mitarbeiterbindung und werden attraktiver für neue Talente. Die IW-Weiterbildungserhebung hat gezeigt, dass kleine Unternehmen dafür besonders viel Zeit und Geld pro Beschäftigten investieren, obwohl sie etwas seltener weiterbilden als die größeren Firmen.
Weshalb ist Weiterbildung besonders für die kleinen Unternehmen so wichtig?
Sie haben nicht so viele personelle Ressourcen und es ist für sie schwieriger, weil sie zum Beispiel nicht die gleichen monetären Anreize wie größere Mitbewerber bieten können, um neue Talente zu gewinnen.
Häufig sind hier auch die Verantwortungsbereiche einzelner Beschäftigter größer – sie können durch entsprechende Weiterbildungen flexibler eingesetzt werden. Wenn eine positive Lernkultur unterstützt wird, fällt es leichter, im Team untereinander vom neu gewonnenen Wissen zu profitieren.
Wie finden Unternehmer die passenden Anbieter?
Unternehmer sollten sicherstellen, dass die Angebote ihren spezifischen Bedürfnissen entsprechen, und deren Qualität vergleichen. Eine systematische Erfassung des Weiterbildungsbedarfs erleichtert es, passende Maßnahmen zu finden.
„Mit anderen austauschen und Bedarfe bündeln“
Die IW-Weiterbildungserhebung 2023 hat gezeigt, dass kleine und mittlere Unternehmen, die KMU, seltener eine systematische Bedarfsermittlung durchführen. Das kann es schwieriger machen, die richtigen Angebote zu identifizieren. Außerdem sollten KMU den Austausch mit anderen Unternehmen nutzen, um voneinander zu lernen und gemeinsame Bedarfe zu bündeln. So lassen sich maßgeschneiderte Angebote leichter organisieren.
Wie motiviert man die Mitarbeitenden dazu, sich an den Maßnahmen auch zu beteiligen?
Der Schlüssel liegt in der Kommunikation. Mitarbeitende sollten von Anfang an in die Planung eingebunden werden. Wichtig ist, ihnen klar zu vermitteln, welchen Nutzen und welches Ziel die Weiterbildung für sie hat. Natürlich muss ausreichend Zeit dafür zur Verfügung gestellt werden, zum Beispiel wöchentlich 1 Stunde Lernzeit.
Motivierende Lerneinheiten helfen oft dabei, Hemmungen abzubauen. Führungskräfte spielen ebenfalls eine wichtige Rolle, indem sie als Vorbilder agieren und die Bedeutung des lebenslangen Lernens unterstreichen.
Und wie schaffen Unternehmen eine gute Lernatmosphäre?
Diese entsteht, wenn das Unternehmen eine Kultur des Austauschs und des Feedbacks fördert. In KMU ist das oft stärker ausgeprägt, weil man im engeren kollegialen Miteinander arbeitet.
„Lernen als Baustein der Unternehmenskultur“
Die Bereitstellung der richtigen Infrastruktur, etwa eine gute Information über Lernangebote zum Beispiel durch das Intranet sowie ausreichend Freiraum für Weiterbildung, ist ebenfalls entscheidend. Eine Umgebung, in der Lernen als Baustein beziehungsweise Strategie innerhalb der Unternehmenskultur angesehen wird, motiviert Mitarbeitende, ihr Wissen zu erweitern.
Sind Präsenz- oder Onlineseminare besser geeignet?
Das kommt auf den Lernbedarf und die Mitarbeitenden an. Eine Mischung aus Präsenz- und Onlinelernen, das sogenannte Blended Learning, erzielt oft die besten Ergebnisse. So können theoretische Inhalte gut online vermittelt werden, während praktische Übungen besser in Präsenz funktionieren.
Gerade für räumlich verteilte Teams oder im Rahmen standardisierter Prozesse sind digitale Lernformate nützlich. Onlineseminare eignen sich hervorragend für Themen, die sich flexibel und individuell erarbeiten lassen, etwa IT-Skills oder theoretisches Wissen.
Präsenzseminare für Lernentwöhnte
Speziell Mitarbeitende, die orts- oder zeitunabhängig lernen müssen, profitieren davon. In solchen Formaten kann jede und jeder im eigenen Tempo lernen, was langfristig die Kompetenzentwicklung fördert. „Lernentwöhnte“ Beschäftigte könnten allerdings damit überfordert sein, selbstverantwortlich zu lernen. Für sie sind gegebenenfalls Präsenzseminare besser geeignet.
Wie lange sollten Seminare dauern?
Es gibt keine festen Regeln zur Dauer. Kurze, kontinuierliche Lerneinheiten sind jedoch oft effektiver. Das sogenannte Microlearning ermöglicht eine nachhaltigere Wissensvermittlung, da das Gelernte über längere Zeiträume hinweg besser verankert wird. Eine einmalige große Schulung reicht oft nicht aus, um das Gelernte zu verinnerlichen und anzuwenden oder um auf dem neuesten Stand zu bleiben.
Weiterbildungswünsche abfragen
In welchem Rhythmus sollten Unternehmen Weiterbildung anbieten?
Es empfiehlt sich, regelmäßige Weiterbildungsangebote zu schaffen, die flexibel auf den sich wandelnden Bedarf der Mitarbeitenden abgestimmt sind. Eine systematische Bedarfsanalyse hilft dabei. Zudem sollten individuelle Lernwünsche berücksichtigt werden.
Zur Person: Sabine Köhne-Finster
Sabine Köhne-Finster ist Referentin beim Themencluster Berufliche Qualifizierung & Fachkräfte des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Methoden der empirischen Sozialforschung, Berufliche Bildung sowie Digitalisierung in der betrieblichen Ausbildung. Sie ist neben Susanne Seyda Co-Autorin der aktuellen Studie „Weiterbildungskultur in kleinen und mittelständigen Unternehmen (KMU)“ des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung (KOFA) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz.