Lisa Hantke (li.) / Aiina Robotics (re.) ©
Punkten mit innovativen Ideen: Digitalstrategin Claire Nizeyimana (li.) und Roboter-Spezialistin Nicola Kolb (re.)

Innovative Frauen geben in der Tech-Branche den Ton mit an. Wie verstehen sie ihre Rolle als Unternehmerinnen und die Aufgaben, denen sie gegenüberstehen?

Von Gabriele Lüke, IHK-Magazin 05/2025

Ein Roboter, der die Betonsanierung automatisiert – für Baustellen ist das ein Quantensprung. „Beton von Stahlgerüsten zu spritzen, ist einer der härtesten Jobs auf dem Bau. Nun übernimmt ihn unser mobiler, intelligenter Roboter“, erklärt Nicola Kolb stolz. Sie gehört zum vierköpfigen Gründungsteam von Aiina Robotics. Das Münchner Start-up hat den Roboter entwickelt. „Der Betonsanierer ist unser erstes Produkt. Zurzeit arbeiten wir daran, dass er weitere Bauaufgaben automatisieren kann.“

Sich in gleich zwei sehr männerlastigen Branchen wie KI und Bau zu bewegen – war das als Frau schwer? „Vielleicht minimal“, sagt Kolb. „Für den Bau gilt: Unser Roboter macht Baustellen effizienter und hilft gegen den Fachkräftemangel. Das ist am Ende entscheidend.“ Und auch in der KI-Branche hätten sich etwaige Vorbehalte schnell aufgelöst. Unternehmen sollten reale Probleme lösen. „Dabei haben gemischte Teams immer gute Voraussetzungen“, betont sie. „Denn sie bringen verschiedene Perspektiven zusammen und finden so bessere Lösungen.“

Neue Chancen durch Tech-Ökonomie

Welche Chancen und Herausforderungen bietet die Tech- und Digital-Ökonomie – insbesondere die KI-Branche – Frauen? Dieser Frage geht der diesjährige IHK Unternehmerinnentag (siehe unten) nach. „Die Tech-Ökonomie kann tradierte Strukturen und Geschlechtergrenzen aufbrechen, den Frauen neue Zugänge und Möglichkeitsräume eröffnen“, ist Keynote-Sprecherin Kira Marrs vom Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung e.V. in München überzeugt.

„Für Frauen entstehen hier derzeit völlig neue Rahmenbedingungen und Chancen, um ihre Kompetenzen und Potenziale einzubringen, ihren beruflichen Weg zu gehen und ihre Karrierepläne zu verwirklichen.“

Jetzt Terrain besetzen

Larissa Mikolaschek, im Digitalverband Bitkom Vorständin des Arbeitskreises Artificial Intelligence und Head of Tech der auf KI-Entwicklung und -Weiterbildung spezialisierten Sest GmbH in Grünwald, ermutigt Frauen, sich mehr ins Spiel zu bringen. Im Feld der künstlichen Intelligenz würden die Areale gerade erst verteilt. Die Units in den Unternehmen, die Start-ups entstehen erst noch. „Der Zeitpunkt ist aktuell sehr günstig. Frauen können jetzt Terrain besetzen.“

Dass Frauen das KI-Feld nicht allein den Männern überlassen, sei zudem entscheidend für den weiteren Erfolg der Branche, betont sie: „Wir arbeiten mit Daten, füttern und trainieren Algorithmen mit ihnen. Je diverser unsere Branche, unsere Teams sind, umso vielfältiger sind auch die eingespeisten Daten, umso besser und valider die Ergebnisse und Anwendungen.“

In Start-ups nur 17 Prozent Chefinnen

Bei aller Aufbruchstimmung zeigen die Statistiken zu Frauen in der KI jedoch ein ambivalentes Bild: Einerseits gründen Frauen, wenn sie gründen, inzwischen zu rund 15 Prozent in der KI-Branche, zu weiteren 23 Prozent im Softwarebereich und zu 14 Prozent in der IT. Dies hat die University of Europe for Applied Sciences (UE) in Berlin 2024 in einer weltweiten Erhebung herausgefunden.

Andererseits liegt der Anteil von Start-ups mit Frauen in der Geschäftsführung laut startup detector report 2023/2024 in Deutschland bei nur 17 Prozent. Und in den IT-Studiengängen sind sie hierzulande nur zu knapp 20 Prozent vertreten.

Schon in der Schule ansetzen

„Wir müssen folglich früher ansetzen: Schon in der Schule, beim Übergang in den Beruf oder ins Studium müssen junge Frauen noch viel mehr für Technik, IT und KI – und die Selbstständigkeit – begeistert werden“, sagt IHK-Referentin Marlene Eder, die den Unternehmerinnentag organisiert.

Unternehmerin Mikolaschek unterstützt mit großer Begeisterung junge Frauen auf dem Weg in IT- und KI-Berufe. „Um das entsprechende Mindset zu fördern, helfen Netzwerke und Role Models“, stellt sie fest. In der KI gebe es inzwischen einige Unternehmerinnen, die ihren Weg sehr erfolgreich gehen. „Sie sollten noch sichtbarer werden.“

Role-Models sichtbar machen

Claire Nizeyimana ist ein solches Role Model. Ihre Geschäftsbasis ist die digitale Sichtbarkeit von Unternehmen – auf Social-Media-Plattformen und bei Google. „Dabei bin ich stets offen für neue Entwicklungen, inzwischen nutze ich KI-Tools zur Unterstützung bei Konzeption und Recherche.“

Die Selbstständigkeit baute Nizeyimana 2012 zunächst im Nebenerwerb auf. 2019 wechselte sie in die Vollzeit-Selbstständigkeit. „Ich bin als Mum-Blogger gestartet, habe auf die richtigen Themen gesetzt und das Internet verstanden. Parallel war ich lange im E-Commerce tätig.“ Es wurden andere auf sie aufmerksam, baten um Unterstützung bei ihrer Social-Media- und SEO-Strategie. „Heute bin ich Sparringspartner rund um die digitale Sichtbarkeit: vom Digital Storytelling bis zur Onlineshop-Optimierung.“

Mutig und authentisch sein

Nizeyimana findet, dass die digitale Welt – insbesondere die Sichtbarkeit über Social Media – Frauen vielfach nützt: „Meiner Erfahrung nach fördert sie Chancengerechtigkeit und gleichberechtigte Teilhabe.“ KI sieht sie dabei als unterstützendes Werkzeug. Was sie zudem als individuelles Erfolgsrezept weitergibt: „Sich auf seinem Weg nicht beirren lassen, mutig und authentisch sein. Das setzt sich durch.“

Networking als Erfolgsfaktor

Ein weiterer entscheidender Erfolgsfaktor sei intensives Networking – ob im akademischen Umfeld, auf Kongressen oder Veranstaltungen. „Hier kann man sich und die eigene Technologie vorstellen, lernt Investoren oder erste Kunden kennen – solche Netzwerke sind entscheidend“, ergänzt Annika von Mutius. Sie ist Mitgründerin des HR-Tech-Start-ups Empion GmbH in Berlin, das KI-basiert Unternehmen und Talente zusammenbringt.

Von Mutius gehört zu den 23 Frauen, die das „Manager Magazin“ zu den maßgeblichen KI-Köpfen in Deutschland zählt, und sitzt seit Ende 2024 im Vorstand des Bundesverbands der Unternehmen der Künstlichen Intelligenz in Deutschland e.V.

Kompetent, innovativ – maßgeblich

„Wir in Europa sind gut positioniert, wenn es um die Grundlagenforschung von KI-Systemen geht“, sagt von Mutius. „Dieses Potenzial müssen wir nun ausschöpfen – ganz besonders in der Anwendung der Modelle. Hier liegen enorme Chancen für Deutschland und Europa.“ Unternehmerinnen werden dabei eine wichtige Rolle spielen, ist sie überzeugt. „Es gibt viele kompetente Frauen in der KI-Branche, die Innovation großartig vorantreiben. Wir arbeiten daran, dass es mehr werden.“

IHK-Info: Kostenloser IHK Unternehmerinnentag am 2. Juli 2025

Welche Chancen und Herausforderungen bietet KI für Unternehmerinnen? Auf dem diesjährigen IHK Unternehmerinnentag dreht sich alles um künstliche Intelligenz. Mit dabei: Kira Marrs, Nicola Kolb und Claire Nizeyimana.

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