Unternehmen | Unternehmen

Absolut krisenfest

Wolf Heider-Sawall ©
Transparenz ist ein Muss, findet FCB-Präsident Herbert Hainer

Herbert Hainer, Präsident des FC Bayern, erklärt, wie Emotionen und Öffentlichkeit das Geschäft beeinflussen und warum die Digitalisierung auch für den deutschen Rekordmeister wichtig ist.

TOM NEUMANN, Ausgabe 09/2022

Herr Hainer, die Unternehmen hier im Land kämpfen noch immer mit den Folgen der Coronapandemie, mit Fachkräftemangel, gestörten Lieferketten und jetzt auch noch mit einer Energie- und Rohstoffknappheit. Was bedeutet diese unternehmerische Stresssituation für einen Fußballclub wie den FC Bayern München?

Diese Probleme gehen auch an uns nicht spurlos vorüber. Wir haben mehr als zwei Jahre ohne Zuschauer gespielt, wir haben Lieferkettenprobleme für unsere ganzen Merchandising-Produkte, vor allem bei den Trikots für unsere Fans. Aber das Gute ist, dass der FC Bayern absolut krisenfest aufgestellt ist. Durch die ausgezeichnete Arbeit in der Vergangenheit können wir heute solche Situationen meistern.

Aufgrund der Krisen planen unsere Unternehmen maximal noch auf einen Zeitraum von einem Jahr. Wie sieht das beim FC Bayern aus?

Wir sind da etwas zweigeteilt unterwegs. Wir planen auf der einen Seite langfristig – vor allem, wenn wir über unsere größte Ausgabeposition, die Profispieler, reden. Wenn wir heute einen Spieler holen, versuchen wir, ihn lange an den Verein zu binden, mindestens drei bis fünf Jahre. Auf der anderen Seite wird in einem Fußballclub aber auch von Samstag zu Samstag gedacht. Wenn wir am Wochenende verlieren, ist wirklich jeder der mehr als 1.000 Mitarbeiter beim FC Bayern sauer. Und wenn wir am Samstag gewinnen, dann ist alles o.k. Das ist diese Emotion im Fußball, die ja auch gut ist, weil sie dich ständig nach vorne treibt und wettbewerbsfähig hält.

Stichwort Finanzierung: Die Zuschauereinnahmen sind sicher nicht die Haupteinnahmequelle des FC Bayern, oder?

Das ist richtig. Die größten Einnahmequellen sind heute die Fernsehgelder, die Sponsorenerträge, dann Ticketing und Merchandising.

Wettbewerbsnachteil bei Fernsehgeldern

Gerade bei den Fernsehgeldern stehen wir in Deutschland im internationalen Vergleich nicht an der Spitze. Ist das ein Wettbewerbsnachteil?

Sicher ist das so. Die Engländer bekommen aus den Auslands- und den Inlandsrechten in Summe rund vier Milliarden Euro aus der TV-Vermarktung und damit mehr als das Dreifache der Bundesliga. Das ist unsere Schwachstelle.

Wo kann dann der FC Bayern zusätzliche Einnahmequellen generieren?

Wir haben vor allem zwei Felder, in denen wir Möglichkeiten sehen. Das ist zum einen die Internationalisierung. Wir haben zum Beispiel gerade ein neues Büro in Bangkok eröffnet, um den asiatischen Markt noch besser zu erschließen. Und das Zweite ist die Digitalisierung. Hier wollen wir die nächsten Schritte gehen, wollen die Fans weltweit noch genauer und persönlicher ansprechen. Es gibt hier viele Optionen wie zum Beispiel NFTs (Non-Fungible Token, Anmerkung der Redaktion) oder das Metaverse – die Entwicklung hört nie auf, und wir bleiben dran.

Der FC Bayern beschäftigt sich also mit dem Thema Kryptowährung als neuem Geschäftsmodell?

Ich würde das so formulieren: Der FC Bayern beschäftigt sich mit den Dingen, mit denen sich auch unsere Fans beschäftigen. Gerade die Jüngeren sind da sehr aufgeschlossen.

Der FC Bayern ist im Vergleich zu einigen anderen Spitzenclubs dafür bekannt, bei Personalkosten und Transfers möglichst moderat zu wirtschaften. Andererseits braucht es für die Erreichung der Ziele (Champions League) auch internationale Top-Spieler, die teils astronomische Summen aufrufen. Wie schwierig ist so ein Balanceakt?

Das ist natürlich schwierig, weil wir ja auch mit Clubs konkurrieren, die von Staaten oder von Oligarchen und anderen großen Investoren unterstützt werden. Trotzdem haben wir in den vergangenen zehn Jahren zwei Mal die Champions League gewonnen. Das zeigt, dass man mit vernünftigem Wirtschaften, mit einer guten Strategie, viel Leidenschaft und fachspezifischem Wissen zum Ziel kommen kann. Und genau das ist einer der großen Erfolgsfaktoren beim FC Bayern, dass wir immer Leute an der Spitze haben, die vom Fußball etwas verstehen und wissen, worum es geht.

»Mia san mia«

Wo sehen Sie noch Unterschiede zu anderen Vereinen?

Der große Unterschied zu einigen anderen ist, dass wir ein gewachsener Verein sind, bei dem sich die Stärke aus seinem Inneren entwickelt. Unser »Mia san mia« steht für Zusammenhalt, Selbstbewusstsein, den Glauben an uns. Das hat den FC Bayern groß gemacht. Wir glauben immer, dass wir ein Spiel noch drehen können. Das ist eben diese Stärke, die aus der Vergangenheit erwachsen ist, aus den Erfolgen und aus dem, woher wir kommen, wer wir sind und was wir tun.

Wie wichtig ist dabei die Tradition eines Vereins?

Wenn man Tradition richtig versteht und lebt, dann kann sie einem helfen, Kraft geben. Aber man darf auch nicht nur in der Tradition verharren, denn die Welt dreht sich ja weiter. Ich glaube, dass der FC Bayern es sehr gut versteht, seine Tradition mit der Moderne zu verbinden.

Nachhaltigkeit als Zukunftsthema

Modern zu sein, heißt jetzt oftmals auch, neue Dimensionen in den Fokus zu rücken. Welche Rolle spielen da beispielsweise Themen wie Nachhaltigkeit und Transparenz für den FC Bayern?

Nachhaltigkeit ist für uns eines der absolut wichtigsten Themen für die Zukunft. Auch Transparenz spielt eine wichtige Rolle. In Zeiten von Social Media und Partizipation ist das ein absolutes Muss, die jungen Menschen erwarten das – und ich denke, wir erfüllen diese Erwartungen.

Sie waren jahrelang operativ sehr erfolgreich für den adidas-Konzern tätig. Was unterscheidet den FC Bayern und adidas hinsichtlich Führung beziehungsweise Management?

Der FC Bayern ist ein Fußballclub und ein Wirtschaftsunternehmen. Am Ende des Tages müssen wir Umsätze generieren, um die Ausgaben decken zu können. Und wir wollen keine Verluste machen. Insofern rechnen wir mit spitzem Bleistift. Da gibt es keinen großen Unterschied zu anderen Wirtschaftsunternehmen.

Aber bezüglich Emotionen, öffentlicher Wirkung und Schnelllebigkeit gibt es doch deutliche Unterschiede. Woche für Woche wird der Erfolg auf dem Platz sichtbar – und für jedermann messbar. Aber wir in der Clubführung müssen dennoch die Balance finden zwischen diesen kurzfristigen und sichtbaren Pegelausschlägen einerseits und einer langfristigen, strategischen Planung andererseits.

»Permanenter Hunger nach Erfolg«

Was könnte man sich als Mittelständler also vom FC Bayern abschauen?

Der permanente Hunger nach Erfolg als Antrieb und das sofortige Reagieren auf Schwachstellen.

Herr Hainer, wie immer kommen zum Schluss die wichtigsten Fragen mit der Bitte um kurze Antworten.

Wer wird Deutscher Fußballmeister 2022/23?

FC Bayern München.

Wer gewinnt die Champions League 2022/23?

Wir haben gute Chancen, um den Titel mitzuspielen ...

... und nicht ganz so ernst: lieber Oberbayern oder lieber Niederbayern?

Beide Regionen darf ich genießen, insofern gefällt mir beides sehr gut. Bayern ist meine Heimat.

Zur Person: Herbert Hainer

Herbert Hainer (68) ist seit 2019 Präsident des FC Bayern, zudem führt er den Aufsichtsrat der FC Bayern München AG. Der Diplom-Betriebswirt startete seine Karriere beim Konsumgüterkonzern Procter & Gamble und wechselte später zum Sportartikelhersteller adidas. Von 2001 bis 2016 war der gebürtige Niederbayer Vorstandschef der adidas AG in Herzogenaurach.

Verwandte Themen