„Senf hat eine Heimat“

Wer eine Senfsorte schon als Kind gern isst, wechselt sie nicht. Im Sinne der Kunden der Tradition treu zu bleiben, hat dem Unternehmen Develey Erfolg gebracht – seit 180 Jahren.
Von Natascha Plankermann, IHK-Magazin 05-06/2025
1-2-3 – Develey. So haben sich die Kinder in Bayern früher gemerkt, wie der Name des Senfs ausgesprochen wurde, den sie zu ihrem Würstchen aßen. Der klingt zwar englisch, geht jedoch auf den Gründervater des Unternehmens zurück: Johann Conrad Develey eröffnete 1845 eine Senfmanufaktur an der Kaufinger Straße in der Münchner Innenstadt. 9 Jahre später legte er den Grundstein für eine regionale Spezialität, die aus bayerischen Biergärten nicht wegzudenken ist: Develey erfand den süßen Senf, der selbst bei gekrönten Häuptern so beliebt war, dass der Hersteller 1874 den Titel „Königlich Bayerischer Hoflieferant“ bekam.
Heute steht der Name über Grenzen hinweg zwar auch für (Salat-)Saucen, Ketchup und Mayonnaisen. Doch der Senf spielt weiterhin eine zentrale Rolle: Egal ob man in eine Thüringer Rostbratwurst beißt oder an einer Münchner Weißwurst zuzelt – die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass sich auf dem Teller dazu ein aromatisch schmeckender, gelber Klecks aus dem Hause Develey findet.
Kooperation mit Fast-Food-Kette
Firmenchef Michael Durach ist überzeugt: „Senf hat eine Heimat“. Mit seinem Bruder Stefan Durach teilt er sich die Geschäftsführung der Develey Senf & Feinkost GmbH, die seit den 1970er-Jahren der Familie gehört. In dieser Zeit, 1971, fiel auch der Startschuss für die Partnerschaft mit der Fast-Food-Kette McDonalds, die bis heute besteht.
Für die Durachs sind die Kunden in der Region, in der sie leben, Könige in Geschmacksfragen. „Die Menschen wachsen mit einem bestimmten Senf auf und wechseln ihn in der Regel nicht. Deshalb ist es wichtig, die Rezeptur und die Verpackung beizubehalten. Nur so bleibt die Marke authentisch“, sagt Michael Durach. Das gelte in Sachsen, wo der Bautz’ner Senf gern aus dem Plastikbecher gelöffelt werde, ebenso wie in Österreich, wo man die Zutat zu Krainer & Co. mit Estragon versetzt und aus der Tube drückt.
Bei Saucen folgen Kunden Trends
Dort, wo die Menschen sich dem Senf besonders verbunden fühlen, hat Develey vor Ort spezialisierte Läden eröffnet – wie etwa in Bautzen, wo man neben dem regionalen Produkt auch andere Sorten probieren kann. Bei den meisten Menschen bleibe es aber bei einem Test, meint Durach. Was jedoch die Saucen aus seinem Hause angeht, hat er andere Erfahrungen gemacht: „Da folgen die Menschen Trends, nehmen statt der klassischen Barbecuesauce gern mal eine süßsaure Alternative oder verändern den Geschmack ihres Burgers mit scharfer mexikanischer Sauce.“
Unterhaching ist Firmensitz, zudem wird an 18 weiteren Standorten in Italien, Frankreich, Polen und weiteren Ländern produziert, seit 2017 sogar im nordamerikanischen Dyersburg, Tennessee. Europäische Marken wie Reine de Dijon, Mautner Markhof, Löwensenf, Specht, Snico, Kand und Fersan gehören zum Portfolio von Develey. Das Unternehmen, das mehr als 2.000 Mitarbeitende beschäftigt, exportiert seine Produkte nach eigenen Angaben in 65 Länder.
Kann man aus diesem Erfolg Tipps ableiten? Michael Durachs Rezept: die Qualität hochhalten, Kontinuität wahren – aber auch auf die Verbraucher hören: „Die lassen es dich schon wissen, ob du es mit deinem Produkt richtig machst.“
Möglichst grün und gesund
Zum „richtig machen“ gehört für Durach das Thema Nachhaltigkeit. Für seine Anstrengungen hat das Unternehmen den Deutschen Nachhaltigkeitspreis (2020) und den Branchenpreis „Goldener Zuckerhut“ (2021) erhalten. Um das zu erreichen, setzten die Durachs den Hebel an verschiedenen Punkten an. So wurde zum Beispiel die Verpackung der Marke Develey nicht nur neu designt, sondern etwa bei den 250-ml-Saucen-Gebinden auch um 25 Prozent Material reduziert.
Die Rezeptur nahm man ebenfalls unter die Lupe: „Wir haben sie bei Saucen und Dressings so angepasst, dass diese das Clean Label tragen. Das bedeutet: keine E-Nummern, kein Palmöl, nur natürliche oder naturidentische Aromen und Zutaten“, sagt Durach.
Was bei Develey in Glas oder Flasche kommt, stammt nach seinen Worten in der Regel aus dem Umfeld der Produktionsstätte – bis auf Exotisches wie Sojaöl oder eine Zutat wie Tomatenmark, die das Unternehmen in Spanien oder Italien kauft. Die gelb blühenden Felder in Mecklenburg-Vorpommern oder Sachsen liefern die Senfsaat für Develeys Hauptprodukt. Und die Gurken für die Marke Specht werden auf den Feldern in einem Radius von 30 Kilometern rund um das Unternehmen geerntet.
Vegan, nachhaltig und marktorientiert
Zu 90 Prozent seien die Develey-Produkte vegetarisch, zu 80 Prozent gar vegan und die Preise orientieren sich laut Durach am Markt: „Sonst werden die Saucen ja nicht gekauft.“ Apropos kaufen: Der nachhaltige Weg hat dazu geführt, dass das Unternehmen bald nicht mehr auf Strom aus dem Netz angewiesen ist, sondern Ende 2025 eigene grüne Energie erzeugen soll – mit Holzschnitzelkraftwerken, Biogas-, Solar- und Windkraftanlagen. „Wir haben darin seit 2008 einen 2-stelligen Millionenbetrag investiert“, so Durach.
Seit 2020 läuft die Produktion bereits CO2-neutral, die Kreislaufwirtschaft treibt man auch auf originelle Weise voran: Die Gurkensole, die bei der Herstellung der Scheibengurken entsteht, wird nicht ins Abwasser geschüttet, sondern für den Straßendienst im Winter aufbereitet.
Keine Angst vor Absatztief
Selbst wenn künftig immer mehr Menschen vegane Alternativen statt Wurst oder Fleisch auf ihren Speiseplan setzen, fürchtet man bei Develey kein Umsatztief – im Gegenteil: „Die Anwendung bleibt ja gleich und die veganen Saucen geben den entsprechenden Gerichten häufig erst den besonderen Geschmack. Das gilt auch für den süßen Senf als Klassiker. Den kann man auch nur zur Breze essen und die Weißwurst weglassen“, sagt Durach.