Fachkräfte | Standortpolitik

Geprüft und anerkannt

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Fachkräfte aus dem Ausland – den Einstieg erleichtern

Wie ist eine im Ausland erworbene Ausbildung einzuschätzen? Ist sie gleichwertig mit einem deutschen Abschluss? Was Unternehmen zur Berufsanerkennung ausländischer Fachkräfte wissen sollten.

MECHTHILDE GRUBER, Ausgabe 04/2022

Seit zehn Jahren ist es Gesetz: Fachkräfte, die im Ausland einen beruflichen Bildungsabschluss erworben haben, können einen Antrag auf Gleichwertigkeitsprüfung stellen. Nach dem Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz (BQFG) untersucht dann eine Anerkennungsstelle, ob die Ausbildung mit einem der Ausbildungsberufe in Deutschland vergleichbar ist oder ob bestimmte Qualifikationen fehlen.

»Der Bescheid macht es Unternehmen leichter, die Qualifikationen von Bewerbern aus dem Ausland einzuschätzen und sie bestimmten Stellen zuzuordnen«, sagt Viktoriia Shuliak, Fachberaterin Berufsanerkennung bei der IHK für München und Oberbayern. »Firmen können so mehr Fachkräfte gewinnen.« In bestimmten Fällen ist ein solches Verfahren für eine Visumserteilung verpflichtend.

Wer kann den Antrag auf Gleichwertigkeit stellen?
Wer im Ausland eine staatlich anerkannte Ausbildung abgeschlossen hat, kann den Antrag stellen. Staatsangehörigkeit oder Wohnsitz spielen keine Rolle. Mit einer Vollmacht kann auch das Unternehmen den Antrag für seinen (potenziellen) Mitarbeiter stellen.

Wie läuft das Anerkennungsverfahren ab?
Für IHK-Berufe ist die IHK FOSA (Foreign Skills Approval) in Nürnberg die zentrale Stelle für die Prüfung der Gleichwertigkeit. Neben dem Antragsformular müssen eine Reihe von Dokumenten wie Abschlusszeugnis, Nachweise von Berufserfahrungen oder sonstige Befähigungsnachweise vollständig und mit allen geforderten Übersetzungen an die IHK FOSA geschickt werden – per Post oder per Mail.

Wie lange dauert das Verfahren?
Sobald alle Unterlagen vollständig sind, schickt die IHK FOSA innerhalb von vier Wochen Eingangsbestätigung und Gebührenbescheid (zwischen 550 und 600 Euro). Im Anerkennungsverfahren vergleicht sie die ausländischen Berufsqualifikationen mit der Ausbildungsordnung des entsprechenden deutschen Referenzberufs. Das Verfahren wird innerhalb von drei Monaten abgeschlossen.

Wie unterstützt die IHK Firmen bei der Antragsstellung?
Die IHK gibt Unternehmen einen Wegweiser an die Hand, wie sie vorgehen müssen – sowohl beim Erstantrag als auch bei einem eventuellen Folgeantrag. Am Anfang der Beratung steht neben der Klärung der Zuständigkeit eine Einschätzung, ob und für welchen Referenzberuf es sich lohnt, einen Antrag zu stellen, und für welchen eine Anerkennung möglich sein könnte. Besprochen wird außerdem, welche Unterlagen mit dem Antrag einzureichen sind. Das Beratungsangebot ist kostenlos und unverbindlich.

Zu welchen Ergebnissen kann die IHK FOSA kommen?
Im Idealfall wird die »volle Gleichwertigkeit« festgestellt, wenn sich keine wesentlichen Unterschiede bei den ausländischen und deutschen Ausbildungsinhalten zeigen. Liegt einschlägige Berufserfahrung vor, kann diese auch angerechnet werden.

Gibt es wesentliche Unterschiede zwischen dem ausländischen Ausbildungsberuf und dem deutschen Referenzberuf, wird eine »teilweise Gleichwertigkeit« festgestellt. Auch dies ist ein positiver Bescheid, denn in diesem Fall hat der Bewerber fünf Jahre Zeit, um die Unterschiede entweder durch Berufserfahrung im Unternehmen oder durch theoretische Weiterbildung auszugleichen und dann einen Folgeantrag zu stellen.

Wenn keine oder nur geringe Vergleichbarkeit der Ausbildungsinhalte vorliegt, wird der Antrag als »nicht gleichwertig« abgelehnt.

Welche Hilfe gibt die IHK im Fall einer Teilanerkennung?
Bei einer teilweisen Gleichwertigkeit bietet die IHK kostenlose individuelle Nachberatung. Der notwendige Qualifizierungsbedarf wird analysiert, sodass noch bestehende Unterschiede ausgeglichen werden können. Die IHK hilft Unternehmen, einen Qualifizierungsplan zu erstellen, und vermittelt passende Bildungsangebote.

Ist eine Berufsanerkennung auch bei fehlenden Dokumenten möglich, zum Beispiel für Geflüchtete?
Ein Antrag zur Prüfung der Gleichwertigkeit kann auch dann gestellt werden, wenn ein Bewerber unverschuldet die benötigten Dokumente, beispielsweise über Ausbildungsinhalte, nicht vorlegen kann. Die Qualifikation für einen Referenzberuf wird in diesem Fall mit einer Qualitätsanalyse festgestellt.

Wie läuft diese Qualitätsanalyse ab?
Experten aus der Praxis prüfen beispielsweise im Rahmen von Fachgesprächen oder Probearbeiten im Betrieb, ob die notwendigen Berufsqualifikationen nachgewiesen werden können. Das Ergebnis ersetzt fehlende Dokumente und fließt in die Gleichwertigkeitsprüfung mit ein. So haben beispielsweise auch Geflüchtete ohne Zugriff auf Dokumente in ihrem Heimatland gute Chancen auf eine Berufsanerkennung. Auch hier berät die IHK Unternehmen individuell über das Vorgehen.

IHK-Service zur Berufsanerkennung: 

Bei Fragen oder Beratungsbedarf von Firmen zur Berufsanerkennung helfen IHK-Experten gerne weiter unter: berufsanerkennung(at)muenchen.ihk.de

 

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