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Gut, besser, am besten

Thorsten Jochim ©
Sport- und Fitnesskauffrau Anna-Franziska Müsche nutzte ein Fortbildungsbudget

Zehn Auszubildende aus Oberbayern gehören zu den besten Absolventen in Deutschland. Sie zeigen, was viel Einsatz und engagierte Ausbildungsbetriebe erreichen können.

Sabine Hölper, Ausgabe 01/21

Seit mehr als zehn Jahren hatte das Luxushotel Schloss Elmau keine Sport- und Fitnesskaufleute mehr ausgebildet. Als Anna-Franziska Müsche 2018 mit der Ausbildung in diesem Beruf startete, war das also schon etwas Besonderes. Dann zeigte Müsche auch noch derart gute Leistungen, dass sie ihre Ausbildung von drei auf zwei Jahre verkürzen konnte. Und in dieser verkürzten Zeit gelang ihr außerdem ein Einser-Abschluss, der beste in ganz Deutschland.

Damit gehört die heute 20-Jährige zu jenen 206 jungen Menschen im Land, die jeweils in ihrem Beruf an der Spitze stehen. Wäre 2020 ein Jahr wie jedes andere gewesen, hätten sie Anfang Dezember in Berlin die Auszeichnung für ihre herausragenden Prüfungsergebnisse im Rahmen einer großen Feier erhalten. Wegen der Pandemie fiel das Fest auf großer Bühne zwar aus. Doch das schmälert die herausragenden Leistungen der Absolventen in keinster Weise.

Duale Ausbildung ist krisenfest

Gerade in diesem besonderen Jahr zeigt sich: Eine duale Ausbildung ist krisenfest, sie ist ein guter Start in die weitere berufliche Zukunft. Die Auszeichnung der Bundesbesten zum mittlerweile 15. Mal ist daher mehr als die Ehrung der jungen Leute und ihrer großartigen Abschlüsse. Sie würdigt auch die duale Ausbildung selbst sowie die Betriebe, die dieses Modell erst ermöglichen.

Viele Firmen investieren viel Geld und Zeit in die Ausbildung. Sie tun das, obwohl sie wissen, dass mancher Azubi anschließend aus dem Betrieb ausscheidet, um sich neuen Herausforderungen zu stellen. Doch die Firmen wissen ebenso, dass die eigene Ausbildung die beste Möglichkeit ist, die dringend benötigten Fachkräfte zu gewinnen.

Fortbildungsbudget für Zusatzqualifikationen

Die meisten Ausbildungsbetriebe nehmen ihre Aufgabe sehr ernst. Etliche fördern und unterstützen ihren Nachwuchs sogar weit über den Standard hinaus. Damit tragen auch sie zu dem sehr guten Abschneiden der Azubis bei. So hält es auch das Luxusressort Schloss Elmau: »Unsere Auszubildenden bekommen ein Fortbildungsbudget, mit dem sie sich diverse Zusatzqualifikationen aneignen können«, sagt Ausbilder Cornelius Leyrer (28). Auf diese Weise konnte sich Sport- und Fitnesskauffrau Müsche in ihrer Ausbildung zum Beispiel intensiv mit dem »Hochintensiven Intervalltraining« – kurz HIIT – auseinandersetzen, einen Schein für Kinder-Yoga erwerben, einen Blackroll-Kurs belegen sowie diverse weitere Fortbildungen besuchen.

Authentisch sein und bleiben

Im vergangenen Sommer investierte das Unternehmen weiter in die Ausbildung und eröffnete die Schloss Elmau Academy. Sie bietet allen Azubis ein speziell auf sie zugeschnittenes, externes Weiterbildungsprogramm. »Dazu zählen etwa Exkursionen zu unseren Lieferanten wie der Naturkäserei TegernseerLand«, sagt Personalleiterin Franziska Ehinger (26).

Um die jungen Leute, die häufig aus allen Teilen Deutschlands oder gar aus der ganzen Welt nach Elmau kommen, den Anfang zu erleichtern, stellt das Unternehmen mehrere Häuser und WG-Wohnungen im nahen Umkreis zur Verfügung. Der soziale Austausch unter Gleichgesinnten auch nach Feierabend erleichtere die Integration, sagt Ehinger. Sie will die Azubis außerdem darin unterstützen, authentisch zu sein, ihre Individualität einzubringen und zu bewahren. »Wir geben den Azubis nicht vor, wie sie auf die Gäste zuzugehen haben«, sagt Ehinger. Sie ist überzeugt, dass diese Kultur dazu beiträgt, dass sich die Azubis wohlfühlen. Und das sei die Basis für Erfolg.

Auf jeden Azubi eingehen

Individualität ist auch für Gerhard Rosenstatter ein wichtiges Stichwort. Für den Ausbildungsleiter für alle vier Ausbildungszweige bei der Druckerei Mayr Miesbach ist das Wichtigste, »die Azubis zu führen, hinter ihnen zu stehen«. Aber, so Rosenstatter, »man darf die Azubis nicht über einen Kamm scheren«. Der eine Azubi müsse an die Hand genommen werden, der andere lerne besser, wenn man ihm eine lange Leine lasse. Der 54-Jährige sagt, er erkenne inzwischen »nach zwei Wochen« die Charaktere der Azubis und wisse, für wen welche Form der Anleitung die beste ist. Hinzu kommt: Rosenstatters Tür steht immer offen. Genauso halten es die direkten Vorgesetzten und Ausbilder der Lehrlinge. Wer Fragen oder Probleme hat, findet jederzeit ein offenes Ohr.

Entscheidendes i-Tüpfelchen: zusätzliche Prüfungsvorbereitung

Die Medientechnologin Druck Regina Bernöcker bestätigt das. Ihr Ausbilder Klaus Wörndl (44) habe sie stets gefördert. »Er hat immer geschaut, dass ich vorankomme«, sagt sie. Das sehr gute Abschneiden in der Prüfung führt die 21-Jährige aber auch auf die überbetriebliche Ausbildung zurück. Diese gewähren, schon wegen der Kosten, nicht alle Unternehmen. Ihr Ausbildungsbetrieb Mayr Miesbach ermöglichte ihr diese Lerneinheiten. Laut Bernöcker war diese zusätzliche Prüfungsvorbereitung das i-Tüpfelchen, um die Ausbildung als Bundesbeste bestehen zu können.

Lerninhalte »aufsaugen« plus Eigenverantwortung

Vincent Samra hat eine andere Erklärung dafür, warum er der bundesbeste Azubi im Beruf Servicekaufmann im Luftverkehr ist. Zum ersten Mal habe ihm Spaß gemacht, was er lernte. »Es waren nicht so abstrakte Dinge wie in der Schule, sondern solche, die man wirklich brauchen kann«, sagt er. »Ich hatte großes Interesse an den Lerninhalten. Deshalb fiel es mir leicht, alles aufzusaugen.« Außerdem sagte ihm die abwechslungsreiche Ausbildung bei der aerogate München GmbH zu. Er fertigte Flugzeuge eigenverantwortlich auf dem Vorfeld ab, checkte Fluggäste am Gate ein, lernte in der Verwaltung rechtliche Belange kennen.

Hinzu kommt eine gute Betreuung. Ausbildungsleiterin Sabrina Kiefersauer (27) ist immer für ihre Schützlinge da, auch wenn diese etwas Persönliches auf dem Herzen haben. Ein weiterer Pluspunkt: die vielen innerbetrieblichen Schulungen, die bestens auf die Aufgaben vorbereiten. Ein ganz besonderes Extra ist der sogenannte Elterntag kurz nach Ausbildungsbeginn.

Gemeinsam mit Mutter und Vater oder anderen nahestehenden Personen verbringen die Azubis einen Tag am Flughafen inklusive Rundfahrt und Besichtigung sonst verschlossener Bereiche sowie eines Abendessens. Getoppt wird das Ereignis nur von der obligatorischen Abschlussreise im dritten Lehrjahr. »Im letzten Jahr sind wir für zwei Tage nach Mailand geflogen«, sagt Kiefersauer. Es war für alle Beteiligten der absolute Höhepunkt einer Ausbildung auf ohnehin hohem Niveau.

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