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Raum für Ideen – wie schaffen Firmen eine gute Arbeitsatmosphäre?

Hybride Arbeitsmodelle führen dazu, dass Unternehmen ihre Büroflächen reduzieren und neu planen. Was Experten für die Umgestaltung empfehlen.

Von Eva Elisabeth Ernst, IHK-Magazin 01-02/2025

Das Team vergrößert, das Büro dabei verkleinert – und auch noch verschönert: Das umgebaute Firmendomizil der Device Insight GmbH in München beweist, dass sich diese scheinbaren Widersprüche durchaus in Einklang bringen lassen. Das 2003 gegründete Unternehmen bietet Softwarelösungen für Digitalisierungsprojekte im Bereich Internet of Things (IoT), Data Analytics und künstliche Intelligenz für Kunden wie den Abfüllanlagenhersteller Krones AG, den Kaffeeanbieter Costa Express GmbH oder den Landmaschinenkonzern AGCO.

„Wir hatten schon länger avisiert, unsere Räume zu erneuern“, sagt Office-Managerin Tina Winkler, die das Umbauprojekt von Device Insight geleitet hat. „Während der Coronapandemie sahen wir dann, wie gut Homeoffice funktioniert, und beschlossen, unser Büro komplett umzubauen.“

Von Workcafé bis Open Space

In Absprache und Kooperation mit dem Vermieter erfolgte eine Kernsanierung, bei der viele Wände entfernt und klassische 2er- und 4er-Büros in großzügige Räume verwandelt wurden: ein Workcafé mit Loungebereich sowie Open Spaces mit verschiedenen Arbeitszonen und flexibler Möblierung, in denen bis zu 8 Kollegen gemeinsam arbeiten können. In einem Freizeitraum stehen Kicker, Couch und ein Tisch, auf dem ein 3.000-Teile-Puzzle zusammengebaut werden kann.

Mit dem neuen Konzept konnte das Unternehmen die Bürofläche von 2.000 auf 1.600 Quadratmeter reduzieren, obwohl die Zahl der Mitarbeitenden in den vergangenen 3 Jahren von 90 auf derzeit knapp 120 gestiegen ist. Ihnen stehen insgesamt 64 Arbeitsplätze im Büro zur Verfügung.

Hybride Konzepte weit verbreitet

Eng wird es dennoch nicht: „Montags und freitags sind vor allem die Meetingräume für Workshops und Teamevents belegt“, berichtet die Office-Managerin. „In der Regel sind bis zu 75 Prozent der Arbeitsplätze besetzt. Wer spontan ins Büro kommen möchte, hat also gute Chancen, auch noch ein Plätzchen zu finden.“

Die Erfahrungen aus der Pandemiezeit haben das Arbeiten in Deutschland flexibler gemacht. Das gilt für die Arbeitszeit wie für den Arbeitsort – hybride Konzepte sind weit verbreitet. Viele Unternehmen haben wie Device Insight daher ihren Bürobedarf überdacht und Flächen verkleinert. Dabei bietet es sich an, beim Umbau gleich die Arbeitsumgebung zu optimieren. Denn mit den Arbeitskonzepten haben sich auch die Anforderungen ans Büro gewandelt.

Das Ende des festen Arbeitsplatzes

Es muss variabler sein als früher und zufällige Begegnungen genauso ermöglichen wie planvolle Zusammenarbeit. Für Einzelarbeit müssen ebenso Räume zur Verfügung stehen wie für das Zusammentreffen vieler. Was also muss ein modernes Büro bieten?

Device Insight setzt auf Desksharing, also das Teilen von Schreibtischen. Feste Arbeitsplätze gibt es ebenso wenig wie eine Anwesenheitspflicht: Wer ins Büro kommen möchte, sucht sich vorab seinen Arbeitsplatz aus und bucht ihn über die Desksharing-Software Deskbird. Einzige Ausnahmen sind das 2-er-Büro für das 3-köpfige Support-Team sowie Einzelbüros für Personalgespräche und die 4 Geschäftsleiter.

Hochwertige Ausstattung

Doch selbst die Chefs müssen sich vorab einbuchen – ansonsten können ihre Büros von den Mitarbeitenden genutzt werden. Um das Desksharing zu erleichtern, bestehen alle klassischen Arbeitsplätze bei Device Insight aus einheitlichen höhenverstellbaren Schreibtischen, leistungsfähigen Monitoren und Dockingstations.

Variable Schreibtische, ergonomische Bürostühle und eine passende Lampe, die am Arbeitsplatz für direktes und indirektes Licht sorgt und mit dem Schreibtisch nach oben rutscht, bilden auch für Robert Forster die Basis eines modern ausgestatteten Büros. Forster ist Gründer und Geschäftsführer der cbo GmbH mit Hauptsitz in Schliersee und Niederlassungen in Weyarn sowie im Werkhaus in Raubling, die seit 1990 ganzheitliche und maßgeschneiderte Office-Konzepte bietet.

Einrichtung, Farben, Akustik, Licht

Die Frage, wie ein modernes Büro jenseits dieser Einrichtungsgegenstände auszusehen hat, lasse sich allerdings nicht pauschal beantworten, sagt Forster. Der Trend gehe weg von Mausgrau hin zu farbigeren, wohnlichen Lösungen, gern auch mit Kaffeebars mit Siebträgermaschinen, Kicker oder Billardtisch.

„Wir beraten unsere Kunden vorab umfassend zu den für sie passenden Lösungen. Bevor sich unsere Innenarchitekten Gedanken über Einrichtung, Farben, Akustik und Licht machen, analysieren wir unter anderem die Zahl und die Altersstruktur der Mitarbeiter sowie die Anwesenheitsquoten.“ Auch Interviews mit den Beschäftigten helfen, um deren Wünsche und Bedürfnisse zu erfassen.

Desksharing trainieren

Bei einer Open-Space-Lösung, bei der es sich im Grunde um ein Großraumbüro handelt, empfiehlt der cbo-Geschäftsführer, Rückzugsräume für konzentriertes Arbeiten, aber auch für Telefonate und Videokonferenzen einzuplanen. Und falls ein Unternehmen Desksharing einführt, rät er zu Schulungen: Damit das Teilen von Arbeitsplätzen funktioniert, muss jeder seinen Schreibtisch am Abend komplett leer räumen. Das bedeutet für viele Büroarbeitende eine Umstellung.

„Alternativ zum Desksharing können Unternehmen auch durch kleinere Schreibtische, die anstatt der üblichen 160 nur noch 140 Zentimeter lang sind, Platz sparen“, sagt Forster. Die Verkleinerung von Büroflächen wegen mehr Homeoffice stehe bei seinen Kunden derzeit eher selten im Fokus: „Sie wollen ihre Büros verschönern, damit ihre Mitarbeiter wieder vom Homeoffice zurück ins Büro kommen.“

Kooperation contra Kosten

Innenarchitektin und Mentaltrainerin Eva Temper empfiehlt als Leitgedanken bei neuen Office-Konzepten ebenfalls, einen Ort zu schaffen, an den die Mitarbeitenden gern kommen und an dem sie gut zusammenarbeiten. „Natürlich ist es wirtschaftlich verlockend, durch Desksharing Flächen und damit auch Kosten einzusparen, wenn ein Teil der Mitarbeitenden zumindest tageweise im Homeoffice sitzt“, räumt sie ein. Temper führt gemeinsam mit Alexandra Grunenberg das STUDIO Æ Y für Workplace Design in München und unterstützt Unternehmen an der Schnittstelle von Innenarchitektur und Organisationsentwicklung.

Doch bevor Büroflächen vorschnell verkleinert und persönliche Arbeitsplätze aufgelöst werden, sollten Unternehmer sich eher grundsätzliche Fragen stellen: Wohin soll sich das Unternehmen entwickeln? Welche Arbeitsplätze und Räume brauchen wir dafür? Wie gehen wir mit dem Thema Homeoffice um? Wollen wir künftig auch Third Places, also etwa Arbeitsplätze oder Meetingräume bei Coworking-Anbietern, nutzen?

Mitarbeitende bestimmen mit

„Heute kommen viele Menschen ins Büro, weil sie Kommunikation, Austausch und Anregungen suchen“, sagt Temper. Daher sollte sich jeder Unternehmer fragen, ob seine Räume noch zu diesen geänderten Anforderungen passen. Es kann allerdings durchaus passieren, dass nicht das gesamte Team von neuen Bürokonzepten begeistert ist. „Daher ist es wichtig, die Mitarbeitenden bereits in der Konzeptionsphase einzubinden“, sagt Temper.

Tipps zur Umsetzung: So gelingen neue Bürokonzepte

Sich umgewöhnen fällt manchmal schwer. Wie schaffen es Unternehmen, dass Mitarbeitende ein neues Bürokonzept wie etwa das Teilen der Schreibtische annehmen und die Vorteile schnell nutzen? 5 Tipps von Innenarchitektin Eva Temper von STUDIO Æ Y:

  1. Mitarbeiter einbinden: Beteiligen Sie Ihre Mitarbeitenden am Gestaltungsprozess. Organisieren Sie Workshops, in denen je nach Unternehmensgröße entweder die gesamte Belegschaft oder einzelne Kollegen eingebunden werden, die als Bindeglied zu ihren Teams fungieren.
     
  2. Externen Rat einholen: Holen Sie professionelle Unterstützung an Bord, um den Prozess neutral moderieren zu lassen: Organisationsentwickler, Change-Manager sowie Innenarchitekten kommen dafür infrage.
     
  3. Flexibel denken: Es muss nicht immer 100-prozentiges Desksharing sein. Auch Mischkonzepte sind möglich. Es können zum Beispiel Beschäftigte, die jeden Tag ins Büro kommen, einen festen Arbeitsplatz haben.
     
  4. Persönliche Gestaltung ermöglichen: Geben Sie Mitarbeitenden die Möglichkeit, sich eine kleine Homebase zu schaffen, zum Beispiel in Form eines Regals für persönliche Gegenstände.
     
  5. Schleifen drehen: Streben Sie nicht von Anfang an die perfekte Lösung an: Beobachten Sie, welche Bereiche und Arbeitsplätze besonders intensiv genutzt werden. Testen Sie Alternativen zu den weniger beliebten Angeboten.

Unternehmer sollten nicht unterschätzen, welche Kraft von Räumen ausgeht: „Räume können das Erreichen von Zielen unterstützen, Veränderungsprozesse sicht- und greifbar machen, Kommunikation und Innovationskraft fördern, aber auch die Konzentration der Mitarbeitenden verbessern – oder all das behindern.“ Qualitativ hochwertige Raumkonzepte, so die Expertin weiter, stärken die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen, helfen beim Employer Branding und machen zudem Kultur, Vision und Marke sichtbar.

Büro spiegelt Unternehmenskultur

Auch Temper betont, dass es keine Patentrezepte gibt, wie genau ein „modernes“ Büro auszusehen habe. Entscheidend sei, dass die Arbeitsumgebungen authentisch seien und auf die Arbeitsweisen und die Organisationskultur eines Unternehmens einzahlten. Temper:
„Natürlich kostet es erst mal Geld, Büros neu zu denken und einzurichten. Aber das schafft auch einen großen Mehrwert.“

IHK-Info zu Gewerbemietverträgen bei Büroverkleinerungen

Wird wegen Homeoffice und Desksharing weniger Bürofläche benötigt, stehen Verhandlungen mit dem Vermieter an. Dies gilt es zu beachten.

  • Festgelegte Mietdauer: Bei gewerblichen Mietverträgen ist die Mietdauer meist fest vereinbart, der Vertrag endet zu diesem Zeitpunkt automatisch. Ihn vorher ordentlich zu kündigen, ist in der Regel nicht möglich.
     
  • Unbefristete Gewerbemietverträge: Diese können dagegen spätestens am dritten Tag eines Quartals zum Ende des nächsten Quartals gekündigt werden – falls keine anderen Kündigungsfristen vereinbart wurden.
     
  • Untervermietung prüfen: Theoretisch können Büroflächen auch untervermietet werden, sofern dies im Gewerbemietvertrag nicht zulässig ausgeschlossen wurde.
     
  • Sonderkündigungsrecht: Ist dies nicht der Fall und verweigert der Vermieter grundlos die Zustimmung zur Untervermietung, steht dem Mieter ein Sonderkündigungsrecht zu.

Weitere Informationen gibt im IHK-Ratgeber Gewerbemiet- und Pachtverträge.

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