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»Ich glaube an das Projekt«

Marion Vogel ©
Urlaub im eigenen Land wird immer interessanter, ist Thermenchef Jörg Wund überzeugt

Jörg Wund hat in Erding die größte Therme der Welt geschaffen. Ständig um spektakuläre Attraktionen erweitert, sorgte sie stets für volle Kassen – bis Corona kam. Jetzt hofft der Unternehmer, bald wieder an frühere Erfolge anknüpfen zu können.

Harriet Austen, Ausgabe 09/2021

Mitten im härtesten Lockdown Anfang des Jahres schrieb Geschäftsführer Jörg Wund auf der Website der Therme Erding, dass zwar noch keine Aussicht auf Wiedereröffnung bestünde, er aber dennoch positiv in die Zukunft blicke. Woher er nach über 300 Schließtagen diesen Optimismus nahm? »Ganz einfach«, sagt Wund, »das hat mit dem glücklichen Start der Therme zu tun.« Als er vor 20 Jahren das Konzept erstellte, fragte er sich immer wieder, ob seine Lösung richtig war oder ob er sich total vergaloppiert hatte. Entgegen dem Trend wagte er damals, ein gesundes Thermalbad mit Palmen und Südseeflair zu kombinieren. »Heute gilt diese Mischung als genial«, freut sich der 55-Jährige.

Besuchermagnet - damals entgegen dem Trend

Tatsächlich hat sich die Freizeitoase von Anfang an als Besuchermagnet erwiesen. »Das wird so bleiben, ich glaube an das Projekt. Urlaub im eigenen Land wird immer noch interessanter, erst recht mit Schönwettergarantie«, ist Wund überzeugt, auch wenn es noch ein Jahr dauern könnte, bis das künstliche Urlaubsparadies wieder voll belegt ist. Die ständig erweiterte Badewelt mit 35 Saunen und Dampfbädern, 27 Rutschen, 34 Pools und Wasserbecken sowie einem Hotel lockte 2019 vor Corona immerhin 1,85 Millionen Besucher an. Inzwischen ist die Therme längst wieder geöffnet, der tägliche Besucherstrom wächst trotz hygienebedingter Begrenzungen stetig.

Den Lockdown nutzte Wund, um für sechs Millionen Euro die riesige Kuppel und die gesamte Technik zu sanieren sowie die Liegeflächen zu erweitern. Stolz holt der Architekt mehrere Bleistiftzeichnungen hervor, auf denen fantasievolle Gebilde zu sehen sind: eine zweistöckige Lounge mit 37 Himmelbetten, die eine Liegefläche mit 40 Doppelliegen stützen, sowie Chalets in rund vier Metern Höhe in den Palmenwipfeln. »Das alles ist mir beim Schlittenfahren mit meinen Kindern eingefallen«, sagt der Unternehmer lachend.

Berufswahl-Argument: Als Architekt ganze Projekte planen und realisieren können

Das Vorbild für sein Schaffen ist ganz klar Vater Josef, der es als Architekt weit brachte. »Er war ein extremer Macher und Denker, hat nie ans Aufgeben gedacht und einen exponentiellen Aufstieg erlebt«, sagt Jörg Wund. Als er Luft- und Raumfahrtingenieur werden wollte, hielt der Vater dagegen: Dann könne er nur einzelne Details umsetzen, als Architekt aber ganze Projekte planen und realisieren. »Das war das ausschlaggebende Argument, mich umzuorientieren«, sagt Wund. Bereut hat er diese Entscheidung nie.

Auf die Gäste hören

Ebenso hadert er nicht damit, dass er als Inhaber, Betreiber und Geschäftsführer der Thermen Erding und Bad Wörishofen keine anderen Objekte mehr entwerfen konnte. Stattdessen perfektionierte er mit »der Kreativität, die in mir steckt«, die eigenen Projekte. Er lernte, sich in Menschen hineinzuversetzen und für sie zu planen, damit sie sich in seinen Badeparadiesen wohlfühlen. Auf die Gäste zu hören, mache 85 bis 90 Prozent des Erfolgs aus, sagt er und fügt hinzu: »Ich tue alles für sie, nur nicht die Preise senken.«

Vater-Sohn-Projekte

Bis zum plötzlichen Unfalltod des Vaters 2017 arbeiteten die beiden Architekten eng zusammen. Gemeinsam bauten sie 2004 die Therme Bad Wörishofen, die sich am Kurbetrieb des Orts orientiert und eher gesundheitsbewusste ältere Gäste anspricht. In der Therme Erding setzten sie 2007 mit dem Rutschenparadies GALAXY und der größten Saunalandschaft der Welt neue Maßstäbe. Das gelang ihnen ebenfalls mit dem 2014 in Erding eröffneten Hotel Victory im Stil von Admiral Nelsons Schiff. »Wir waren ein Gespann, das sich gut ergänzte«, findet Wund: der Vater mit seinen visionären Konzepten, er mit seinem betriebswirtschaftlichen Geschick.

Seine schwäbischen Erbanlagen hätten ihm in der Pandemie ungemein geholfen, meint Wund: »Es fällt uns leicht, Geld zu verdienen, aber schwer, es auszugeben.« Er habe in den letzten Jahren gut gewirtschaftet und müsse jetzt trotz Umsatzausfällen in Höhe von 46 Millionen Euro sowie magerer staatlicher Zuschüsse nicht zur Bank gehen. Allerdings stoppte er die Erweiterung des Hotels und des Parkhauses und verbrauchte das angesparte Polster für die laufenden Kosten während der coronabedingten Schließung.

Papier und Bleistift für neue Ideen parat

Wund ist mit Expansionsplänen vorsichtiger geworden. »Ich möchte meinen Kindern keine Schulden hinterlassen.« Auch seien große Vorhaben politisch nicht mehr durchsetzbar.

Papier und Bleistift für neue Ideen hat er trotzdem immer dabei.

Zur Person Jörg Wund

Jörg Wund, Jahrgang 1965, stammt aus Friedrichshafen. Nach einer Ausbildung zum Bauzeichner studierte er Architektur an der Universität Stuttgart. 1997 beauftragte ihn sein Vater Josef Wund, einer der kreativsten Architekten Deutschlands, mit der Planung und Projektleitung der Ther- me Erding, die 1999 eröffnet wurde. Seit- dem ist Jörg Wund Geschäftsführer. 2004 übernahm er auch die Leitung der Therme Bad Wörishofen. Beide Anlagen baute er kontinuierlich aus. Erding mit seinen ech- ten Palmen und dem Südseeflair gilt als größte Therme der Welt. 2019 kamen 2,57 Millionen Besucher in beide Badeparadie- se (1.000 Mitarbeiter, circa 50 Millionen Euro Umsatz). Wund ist verheiratet und hat zwei Kinder.

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