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Tiefe Einblicke in den Markt

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Flexibler, vielseitiger – die Ansprüche ans Büro haben sich in und nach der Pandemie stark verändert

Wie haben sich in Oberbayern die Kauf- und Mietpreise von Gewerbeflächen zuletzt entwickelt? Der neue IHK Gewerbeimmobilienmarktbericht analysiert die Trends und liefert Daten für einzelne Standorte von 2014 bis 2023.

Von Sabine Hölper, IHK-Magazin 10/2024

Es sind 3 große Einflussfaktoren, die in den vergangenen Jahren den gewerblichen Immobilienmarkt dominiert haben: die Pandemie mit dem Trend zum Homeoffice, das weiter zunehmende Onlineshopping mit Auswirkungen auf den stationären Einzelhandel und damit auf die Attraktivität der Innenstädte sowie die immer höheren Anforderungen an die Energieeffizienz von Gebäuden.

Insgesamt haben diese Entwicklungen dem oberbayerischen Gewerbeimmobilienmarkt nicht zugesetzt. Im Gegenteil, „der Markt ist sehr dynamisch“, sagt Elisabeth Zehetmaier-Krocker, Referentin Immobilienwirtschaft und Standortberatung bei der IHK für München und Oberbayern. „Seit 2018 haben sich die Preise in allen 3 Branchensegmenten nach oben entwickelt.“ Aber es zeigen sich Unterschiede.

Umfassend und flächendeckend

Wie hoch sind die Preise in den einzelnen Segmenten genau? Wie haben sie sich in den letzten Jahren während und nach der Pandemie entwickelt? Und wie schneiden einzelne Regionen ab? Der aktuelle Gewerbeimmobilienmarktbericht der IHK für München und Oberbayern (siehe Kasten unten) gibt detaillierte Antworten auf solche Fragen für die Marktsegmente Büroimmobilien, Einzelhandel sowie Produktion, Lager und Logistik; er schreibt den 2019 erschienenen Gewerbeimmobilienmarktbericht fort.

„Somit erhalten Mieter und Vermieter, Sachverständige, Kreditinstitute und Projektentwickler einen umfassenden und flächendeckenden Marktüberblick von 2014 bis 2023“, sagt IHK-Expertin Zehetmaier-Krocker. „Außerdem unterstützt der Bericht Unternehmen jeder Größe dabei, sich auf dem Gewerbeimmobilienmarkt zu orientieren.“ Dabei helfen auch die erfassten Miet- und Kaufpreise in den ländlichen Regionen, in denen häufig kein Mietspiegel vorhanden ist und die insgesamt kaum dokumentiert sind.

Ein Überblick zu den Kernergebnisse in den 3 Marktsegmenten:
Büroimmobilien – große Dynamik

Das Marktumfeld für Büroimmobilien ist in Oberbayern wegen der positiven gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen seit 15 Jahren äußerst dynamisch. Die Bürobeschäftigung hat sich überdurchschnittlich gut entwickelt – auch wenn sich der Trend in den vergangenen Jahren etwas verlangsamt hat. Entsprechend deutlich sind die Miet- und Kaufpreise gestiegen.

In Oberbayern lag die Medianmiete, also der mittlere Mietpreis, 2023 bei knapp 16,30 Euro pro Quadratmeter – 25 Prozent mehr als 2018. Allerdings variieren die Mieten von Region zu Region stark. Sie liegen zwischen 8 und 20,50 Euro pro Quadratmeter. Auch die Kaufpreise haben sich unterschiedlich entwickelt. Im Mittel lagen sie 2023 bei 4.310 Euro pro Quadratmeter – bei einer Spanne von 2.300 bis 8.000 Euro.

Weniger Bedarf nach Corona

Insbesondere die Coronapandemie hat im Segment der Büroimmobilien Spuren hinterlassen. Zwar sind viele Mitarbeiter aus dem Homeoffice wieder ins Büro zurückgekehrt, aber meist nicht für jeden Tag in der Woche. Hybride Arbeitsformen haben sich etabliert, in den größeren Städten mehr als in den ländlichen Regionen. Dadurch sind vorhandene Büros weniger ausgelastet und die Unternehmen wollen einen Teil ihrer Bürofläche abstoßen. Strittig ist unter Experten, wie groß dieser Effekt ausfällt. Ludger Baba, Vorstand der empirica ag und einer der beiden Autoren des Gewerbeimmobilienmarktberichts, geht davon aus, dass „eine Einsparung von 5 Prozent der Büroflächen wahrscheinlich realistisch“ ist.

Gesucht: moderne Bürowelten

Verändert haben sich ferner die Ansprüche an das Büro und seine Funktionen. Moderne Büros mit zentralen Orten für Kollaboration oder sogenannten Silent Spaces für konzentriertes Arbeiten und Videogespräche werden vermehrt nachgefragt, während die Nachfrage nach älteren, weniger flexiblen Flächen zurückgeht. Das wiederum führt zu einer Preisspreizung zwischen begehrten und weniger attraktiven Objekten. Dieses Auseinanderdriften findet laut Baba ein Ende, sobald ein Großteil der Nachfrager sich die sehr guten Objekte nicht mehr leisten kann oder will: „Sind die teureren Objekte für viele zu teuer, wird es eine Gegenbewegung geben.“

Einzelhandel – unsichere Lage

Die Zukunft des stationären Einzelhandels ist durch viele Unsicherheiten geprägt. In den Innenstädten haben die Warenhäuser ihre Magnetfunktion zum Teil verloren. Einer der Hauptgründe dafür ist der florierende Onlinehandel mit einer Verdreifachung der nominalen Umsatzzahlen seit 2005. Laut empirica-Experte Baba „hat die Pandemie diesen Trend nochmals beschleunigt“. Es sei mit einem weiteren Anstieg des Onlinehandels zu rechnen – und somit mit fallendem Interesse an innerstädtischen Ladengeschäften.

Grüne Wiese setzt Innenstadt zu

Aber noch etwas setzt den Innenstädten zu: die Nahversorgerzentren und die Fachmärkte auf der grünen Wiese. Die Kombination aus einem großen Einzugsgebiet und einem moderaten Mietniveau führt bei ihnen zu einer guten Kosten-Umsatz-Relation und somit zu einer hohen Nachfrage.

Diese Entwicklung zeigt sich in den Mietpreisen, die insgesamt zwischen 2018 und 2023 im Schnitt um 20 Prozent gestiegen sind. Jedoch haben sie sich je nach Region sehr unterschiedlich entwickelt. In Rosenheim und Ingolstadt etwa gingen die Medianmieten zwischenzeitlich zurück. In München steigen sie noch. Die Kaufpreise hingegen sind auch in der Landeshauptstadt gesunken.

Zukunft mit Mischnutzung?

Nach wie vor gibt es Kommunen, in denen der – häufig inhabergeführte – Einzelhandel noch floriert oder zumindest funktioniert. In anderen Städten und Gemeinden steigen hingegen die Leerstände. Laut Gewerbeimmobilienmarktbericht sind jene Kommunen hier im Vorteil, deren Innenstädte baulich und funktional attraktiv sind. Um sich zukunftsgerecht aufzustellen, wird vor allem die Stärkung der Mischnutzung propagiert, also etwa ein Mehr an Wohnnutzung, Dienstleistung, Gastronomie, kleinteiliger Produktion. Allerdings erfordert ein solcher Umbau von zentralen Einkaufslagen einen kooperativen Ansatz von Politik, Verwaltung und Eigentümern.

Produktion, Lager, Logistik – positive Entwicklung

Sowohl im verarbeitenden Gewerbe als auch in der Logistikwirtschaft wächst die Zahl der Beschäftigten in Oberbayern kontinuierlich. Entsprechend positiv war die Entwicklung dieser Immobilien in den vergangenen Jahren. Nachfrageschwerpunkte für Logistikimmobilien sind Ingolstadt und das Münchner Umland. Dennoch sind die Mietpreise, abgesehen von der Landeshauptstadt, 2023 erstmals gesunken. Die Kaufpreise im mittleren Segment sind 2023 sogar regelrecht eingebrochen, was zum Teil auf die gestiegenen Zinsen zurückzuführen sein dürfte. Im Spitzensegment legten die Preise hingegen zu.

In die Höhe bauen

Problematisch ist, dass viele Kommunen die Ansiedlung von Lager- und Logistikdienstleistern kritisch sehen, da diese Firmen viel Fläche benötigen, aber geringe Beschäftigungseffekte und vor allem geringere Gewerbesteuereinnahmen mit sich bringen. Das heißt: Die Nachfrage nach Lager- und Logistikflächen zu decken, ist eine zentrale Herausforderung. „Die Flächen werden aufgrund unseres Lebensstils gebraucht“, sagt Baba. Eine mögliche Lösung sei, mehrgeschossig zu bauen.

Nachhaltigkeit ist zwingend

Alle 3 Segmente sind gefordert, wenn es um die hohen Anforderungen an die Energieeffizienz geht. Es gilt, die ESG-Richtlinien (Environmental, Social, Governance – Umwelt, Soziales, Unternehmensführung) einzuhalten. Immobilienbestandshalter und Investoren trennen sich mehr und mehr von nicht ESG-konformen Gebäuden, die Nachfrage nach energetisch schlecht aufgestellten Immobilien sinkt. Experten gehen davon aus, dass Gebäude ohne Nachhaltigkeitskomponente künftig noch weniger nachgefragt werden und an Wert verlieren.

Vor allem auf dem Büromarkt zeigen sich schon stärkere Preisdifferenzen. Das ist nachvollziehbar. Schließlich profitieren Unternehmen in energieeffizienten Gebäuden von niedrigeren Betriebskosten – und von einem nachhaltigen Image.

IHK-Info zum aktuellen Gewerbeimmobilienmarktbericht

Der neue Gewerbeimmobilienmarktbericht 2024 erscheint am 1. Oktober. Er beschreibt in einer Marktanalyse die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie die allgemeinen Entwicklungen und Trends bei Büros, Einzelhandelsimmobilien sowie Produktions-, Lager- und Logistikflächen von 2014 bis 2023. Zusätzlich liefert er detaillierte Standortprofile mit allen wichtigen Daten zu Kauf- und Mietpreisen für 20 Landkreise in Oberbayern sowie für die 3 kreisfreien Städte München, Ingolstadt und Rosenheim.

Der Gewerbeimmobilienmarktbericht ist in verschiedenen Paketen erhältlich:

  • Marktanalyse und zwei Standortprofile: 70 Euro inkl. Umsatzsteuer
  • Marktanalyse und zwölf Standortprofile: 85 Euro inkl. Umsatzsteuer
  • Marktanalyse und alle 23 Standortprofile: 110 Euro inkl. Umsatzsteuer

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