Freier Handel | Standortpolitik
Glänzende Perspektiven

Indien hat sich zur viertgrößten Volkswirtschaft der Welt entwickelt und wächst weiter. Für bayerische Unternehmen eröffnen sich dort viele interessante Chancen.
Von Natascha Plankermann, IHK-Magazin 10/2025
Indien wächst – und damit vervielfachen sich die Möglichkeiten. Rund 1,5 Milliarden überwiegend junge Menschen leben inzwischen im bevölkerungsreichsten Land der Erde. Sie sorgen für einen boomenden Binnenmarkt, aber auch für hohen Investitionsbedarf in Infrastruktur, Digitalisierung und Umwelttechnologie.
Kein Wunder, dass die Zahl der Unternehmensanfragen zu Indien bei der IHK für München und Oberbayern deutlich zugenommen hat: Bayerische Mittelständler und Start-ups suchen ebenso wie Weltmarktführer den direkten Draht nach Delhi, Mumbai oder Bengaluru.
„Too big to be ignored“
Die jüngste Delegationsreise mit Beteiligten aus der bayerischen Wirtschaft und der Staatsregierung hat positive Ergebnisse gebracht. Neue Kooperationen, frische Impulse und die Aussicht auf ein EU-Indien-Freihandelsabkommen geben der Partnerschaft Schwung.
Unternehmen, die den vielversprechenden Markt erobern möchten, haben verschiedene Möglichkeiten, sich unterstützen zu lassen. Einer, der auf diesem Gebiet mehr als 30 Jahre Erfahrung gesammelt hat, ist Dirk Matter von der Deutsch-Indischen Handelskammer (AHK). Er leitet das Informationsbüro in Düsseldorf und beginnt Gespräche über Indien mit den Worten „too big to be ignored“, das Land sei zu groß, um übersehen zu werden.
Rund 700 deutsche Produktionsstätten
Nicht umsonst sind schon mehr als 2.000 deutsche Unternehmen vor Ort registriert und haben neben Services, Vertrieb oder Kapazitäten in Forschung und Entwicklung bereits rund 700 Produktionsstätten aufgebaut. „Make in India“ (Produziere in Indien) gilt laut Matter vor allem für die Automobilindustrie und ihre Zulieferer als Hoffnungsschimmer in schwierigen Zeiten.
„Indien ist allerdings kein einfacher Markt“, sagt er. Zum Vergleich: Das Handelsvolumen zwischen Indien und Deutschland betrug 2024 etwa 31 Milliarden Euro. „Bei China sind es fast 250 Milliarden Euro, das sind ganz andere Dimensionen“, sagt Matter. Er blickt dennoch optimistisch in die Zukunft: „Indien schickt sich an, ein zusätzlicher wichtiger Player im asiatischen Raum zu werden.“
Preissensibler Markt
Matter und seine AHK-Kollegen beraten Firmen zum Beispiel aus dem Maschinen- und Anlagenbau oder der Mess- und Regeltechnik, wenn diese als ersten Schritt etwa eine Vertriebsgesellschaft gründen wollen. Dafür müssen die Unternehmen unter anderem die formaljuristischen Besonderheiten sowie die Möglichkeiten der Preisgestaltung in Indien kennen.
Ein wichtiges Thema sind auch Zertifizierungen und Standards, von denen es in letzter Zeit immer mehr gibt. Matter: „Hinzu kommt, dass die qualitativ hochwertigen deutschen Hightech-Produkte erklärungsbedürftig und meist kostspielig sind. Das heißt, sie sind auf dem preissensiblen indischen Markt nicht leicht verkäuflich – auch aufgrund der Zugangsbedingungen und der hohen Zölle.“
Repräsentant vor Ort als Erfolgsfaktor
Know‑how zu solchen Regularien und gesetzlichen Rahmenbedingungen in Indien bietet auch die Münchner Startup Factory International GmbH an, die sich laut Geschäftsführer Christian Haug auf produzierendes Gewerbe konzentriert. Ein Konzept, das sich seit 15 Jahren in China bewährt und mit dem man vor 1 Jahr in Indien gestartet ist.
„Kleine und mittlere Unternehmen können über uns nicht nur Flächen mieten, wir unterstützen sie auch beim Management“, erklärt Haug. Dafür unterhält seine Firma in Chennai an der Ostküste Indiens ein 4-köpfiges Team und ist mit lokalen Partnern verbunden. „So können wir uns im Namen der Unternehmen beispielsweise um die Buchhaltung kümmern und Mitarbeitende einstellen. Außerdem brauchen sie einen „local resident director“ einen Repräsentanten, der vor Ort lebt.“
Interessant auch für Einkäufer und Hersteller
Haug nimmt den Blickwinkel des deutschen Mittelständlers ein, der sich international bewegen und nicht nur Handel treiben, sondern auch vor Ort einkaufen sowie produzieren möchte. So lassen sich beispielsweise Zollauflagen vermeiden. Er sieht Indien aktuell auf einem stabilen Weg: „Dadurch kann man Investitionen besser planen – ein weiterer Grund, weshalb das Interesse aus Deutschland steigt.“
Neue Produktion in Asien für Asien
Die Firma MULTIVAC Sepp Haggenmüller SE & Co. KG aus Wolfertschwenden, ein Hersteller von Verpackungsmaschinen, gehört zu den bayerischen Unternehmen, die bereits in Indien aktiv sind. MULTIVAC hat seit rund 20 Jahren eine Vertriebs- und Servicegesellschaft in Indien und eröffnete Anfang 2024 einen neuen Produktionsstandort in Ghiloth, Rajasthan.
„Er dient dazu, Kunden in Indien, Sri Lanka, Bangladesch und Nepal mit Verpackungsmaschinen und -lösungen zu versorgen“, sagt Umashankar Sharma, der eine zentrale Rolle bei den Indien-Initiativen der Firmenzentrale spielt. Der gebürtige Inder lebt seit über 20 Jahren in Deutschland und ist des Öfteren für seinen Arbeitgeber in seinem Heimatland im Einsatz.
Ein weiterer Meilenstein ist die Gründung eines Global Capability Center (GCC) in Hyderabad, das im Mai 2025 eröffnet wurde. Dieses IT- und Softwareentwicklungszentrum unterstützt die gesamte MULTIVAC-Gruppe weltweit und soll bis 2027 auf rund 50 Mitarbeitende wachsen. Die Initiative gehört zur globalen IT- und Digitalisierungsstrategie des Unternehmens.
Indische Fachkräfte nach Bayern
AHK-Indienexperte Matter sieht in der aktuellen Entwicklung einen Wendepunkt: „Die geopolitische Lage, die neue Wirtschaftspolitik Indiens und die Nachfrage nach europäischem Know-how schaffen ein Umfeld, das es so noch nie gab.“ Auch auf Arbeitnehmerseite tue sich viel: In Bayern steigt die Zahl indischer Fachkräfte kontinuierlich. Sie tragen dazu bei, den Mangel in IT, Ingenieurwesen und Gesundheitsberufen abzufedern – engagiert und qualifiziert.
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