Fachkräfte | Standortpolitik

Arbeitsministerin Scharf über den Pakt für berufliche Weiterbildung 4.0

StMAS/Elias Hassos ©
»Wer nach Fachkräften sucht, sollte am besten im eigenen Unternehmen anfangen.« Ulrike Scharf, Bayerische Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales

Vom Onlineportal bis zur Beratung – wie der Pakt für berufliche Weiterbildung 4.0 die Wirtschaft unterstützen und voranbringen kann, erläutert die Bayerische Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales Ulrike Scharf.

GABRIELE LÜKE, Ausgabe 12/2022

Die Weiterbildungsbereitschaft von Beschäftigten und Unternehmen in Bayern erhöhen und konkrete Maßnahmen zur beruflichen Entwicklung bieten – das will der frisch bis 2024 verlängerte »Pakt für berufliche Weiterbildung 4.0« erreichen.

Er ist eine gemeinsame Initiative der Bayerischen Staatsregierung, des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags, des Bayerischen Handwerkstags, der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, des Deutschen Gewerkschaftsbunds Bayern und der Regionaldirektion Bayern der Bundesagentur für Arbeit. 

Fit für die Zukunft

Frau Staatsministerin Scharf, die Arbeitswelt verändert sich immer schneller, wird immer digitaler und globaler. Weiterbildung ist daher essenziell. Wie ermutigen Sie die Beschäftigten und Unternehmer, nicht stehen zu bleiben und sich und ihre Mitarbeiter stetig weiterzubilden?

Digitalisierung, Umwelt- und Klimaschutz, der demografische Wandel – das sind nur einige Themen, die unsere Wirtschaft und die Arbeitswelt grundlegend wandeln. Arbeitsinhalte und -prozesse werden flexibler, digitaler und vernetzter. Unternehmen wie Beschäftigte müssen sich auf viel Neues einlassen und hinzulernen. Weiterbildung ist essenziell dafür, Beschäftigte und Unternehmen fit für die Zukunft zu machen, damit sie sich auf dem Arbeitsmarkt und im Wettbewerb alle Chancen erhalten.

Ist denn die Weiterbildungsbereitschaft in Bayern ausreichend groß?

Ich beobachte, dass die berufliche Qualifizierung in den vergangenen Jahren stetig an Bedeutung gewonnen hat. Die Bereitschaft der Unternehmen und Beschäftigten in Bayern, sich weiterzubilden, wächst. Insbesondere in den letzten beiden Jahren wurden virtuelle Weiterbildungen ausgebaut und vermehrt genutzt. Sie ermöglichen ein unkompliziertes Vermitteln von neuem Wissen.

Heterogener Weiterbildungsmarkt

Der Weiterbildungsmarkt ist grundsätzlich groß – passen das Angebot und das, was Unternehmen brauchen, immer zusammen?

Tatsächlich ist der Weiterbildungsmarkt nicht nur groß, sondern auch sehr heterogen. Die unterschiedlichen Anforderungen von Arbeitnehmenden und Unternehmen müssen mit individuell passenden Angeboten zusammengebracht werden. Die Unternehmen müssen ihren Bedarf erkennen und konkretisieren.

Seit 2018 gibt es den »Pakt für berufliche Weiterbildung 4.0«, der nun erweitert, bekräftigt und bis 2024 verlängert wurde. Was möchten die Paktpartner mit der Initiative konkret bewirken?

Der Pakt hat zum Ziel, die Weiterbildungsbereitschaft von Beschäftigten und Unternehmen aktiv und nachhaltig zu steigern. Der Bayerische Industrie- und Handelskammertag e.V. ist neben den anderen Akteuren ein wichtiger Partner. Gemeinsam wollen wir mit zahlreichen Maßnahmen mehr Aufmerksamkeit für die Bedeutung der beruflichen Weiterbildung schaffen, intensiver zum Thema beraten, verstärkt Initiativen für neue Kompetenzen fördern und Angebote sichtbarer und transparenter machen. Vor allem auch Gruppen, die bisher eher unterrepräsentiert waren, wie etwa Geringqualifizierte und kleine und mittlere Unternehmen, sollen in ihren Weiterbildungsaktivitäten unterstützt werden.

Was haben Sie bisher erreicht – und welche Rolle übernimmt die Staatsregierung?

Aktuell befindet sich der Pakt in der Umsetzungsphase. Es freut mich sehr, dass unsere eigenen Maßnahmen und die der Paktpartner so gut angenommen werden. Ein gutes Beispiel dafür ist unsere erfolgreiche Informationskampagne »Komm weiter in B@yern« – samt Weiterbildungsportal www.kommweiter.bayern.de. Zudem vernetzen wir mit den Veranstaltungen unserer »ZD.B-Themenplattform Arbeitswelt 4.0« Bayerns Wirtschaft, Arbeitnehmerschaft und Wissenschaft.

Digitaler Weiterbildungslotse

Das Weiterbildungsportal ist das zentrale Instrument, um das Thema berufliche Weiterbildung in den Vordergrund zu rücken. Wie funktioniert es genau?

Das Portal bündelt Weiterbildungsangebote, Beratungsstellen und Fördermöglichkeiten auf einer zentralen Website und verweist auf externe Informationsquellen. So können sich Interessierte einen umfassenden Überblick über Angebote verschiedener Träger und Institutionen verschaffen und sich professionelle und kompetente Beratung suchen. Die Webseite ist zielgruppenorientiert strukturiert: Privatpersonen und Unternehmen werden direkt zu den für sie individuell relevanten Angeboten geleitet. Mithilfe des sogenannten digitalen Weiterbildungslotsen, der auch nach Region und Branche filtert, gelingt die Suche nach der passenden Qualifizierungsmöglichkeit – gerade auch in einer heterogenen Weiterbildungslandschaft – unkompliziert und schnell.

Auch die Beratung ist eine zentrale Säule des Pakts. Was können die Unternehmen hier genau erwarten?

Dafür haben wir unsere bayernweit aktiven Weiterbildungsinitiatorinnen und -initiatoren. Sie stehen Beschäftigten und Unternehmen zur Seite: Sie beraten kostenfrei zu allen Fragen rund um die berufliche Weiterbildung und informieren über die vielfältigen Förderangebote. Berufliche Weiterbildung ist immer eine gewinnbringende Investition in die Zukunft! Mit der Beratung und all den weiteren Maßnahmen und Angeboten machen wir Bayern gemeinsam stark für die Zukunft.

Im eigenen Unternehmen anfangen

Gerade für kleine Unternehmen ist die Weiterbildung oft jedoch auch eine organisatorische Herausforderung – sie müssen in der Weiterbildungsphase auf wertvolle Mitarbeiter verzichten, es kostet Geld. Wie argumentieren Sie hier?

Wer händeringend nach qualifizierten Arbeits- und Fachkräften sucht, sollte am besten gleich im eigenen Unternehmen anfangen. Verbesserte berufliche Zukunftsperspektiven sind auch ein Motivationsschub für Beschäftigte, um sie langfristig im Unternehmen zu halten. Deren fachliches Know-how verschafft Betrieben mitunter einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Berufliche Weiterbildung lohnt sich zweifellos für jede und jeden.

Zur Person MdL Ulrike Scharf

Ulrike Scharf (CSU) ist seit 2022 Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales. Die 54-Jährige ist ausgebildete Bankkauffrau und diplomierte Betriebswirtin. Sie stammt aus einer Erdinger Unternehmerfamilie und war von 1992 bis 2014 im familieneigenen mittelständischen Unternehmen tätig.

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