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Alles für Pfarreien, Klöster & Co.

Foto: Wolf Heider-Sawall ©
Andreas Püttmann, Geschäftsführer von J.G. Schreibmayr

Seit 200 Jahren liefert J.G. Schreibmayr Kirchenbedarf. Mittlerweile verfolgt das Familienunternehmen eine klare Multichannel-Strategie – sehr zur Zufriedenheit seiner Kunden.

Eva Elisabeth Ernst, Ausgabe 04/20

Priestergewänder, Weihwasserbehälter, Osterkerzen, Marienfiguren – ein Blick auf das Sortiment zeigt sofort, dass sich die J.G. Schreibmayr GmbH um eine ganz besondere Zielgruppe kümmert. »Wir sind der Marktführer für Kirchenbedarf in Deutschland«, sagt Andreas Püttmann (52), der das Unternehmen 1995 von seiner Mutter Elisabeth Püttmann übernommen hat. Zu den Kunden des Münchner Traditionsunternehmens zählen katholische wie evangelische Pfarreien und Klöster, aber auch christliche Kindergärten, Standortpfarreien der Bundeswehr sowie gläubige Privatpersonen. Gegründet wurde das Unternehmen von Georg Schreibmayr, der anno 1820 eine »Spezerey und Handlungsgerechtigkeit« in der Münchner Weinstraße erwarb. Er konzentrierte sich auf die Fertigung von Fahnen und kirchlichen Textilien. 1930 kaufte Josef Püttmann das Unternehmen und entwickelte es zum Spezialanbieter für Kirchenbedarf weiter. Sein Enkel Andreas Püttmann, der heute Geschäftsführer ist, stieg 1985 nach einer Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann beim Modeunternehmen C&A ins Familienunternehmen ein. Bereits damals verkaufte Schreibmayr nicht nur im Ladengeschäft, sondern unterhielt auch einen Versandhandel. »Wobei die Profitabilität zu wünschen übrig ließ«, räumt Andreas Püttmann ein. Der Turnaround gelang rasch, das Unternehmen schreibt seit Jahren schwarze Zahlen und wächst moderat, aber kontinuierlich. Andreas Püttmanns erstes Projekt zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit war die Neuauflage vierfarbiger Kataloge. Anschließend brachte der Unternehmer die Informationstechnologie auf den neuesten Stand und installierte ein Warenwirtschaftssystem. Die erste Website plus Internetshop ging 1995 online – lange vor dem Siegeszug des E-Commerce. Zunächst war die Resonanz der Kunden auf den Webshop verhalten. Doch mittlerweile erzielt Schreibmayr damit rund 40 Prozent des Umsatzes von insgesamt 3,4 Millionen Euro. 50 Prozent entfallen auf Bestellungen, die telefonisch oder per E-Mail eingehen, zehn Prozent werden stationär erwirtschaftet. »Ganz exakt lässt sich das allerdings nicht trennen, da wir einen Multichannel-Ansatz verfolgen«, erklärt Püttmann. »Es kommt durchaus vor, dass Kunden nach einem Besuch im Ladengeschäft online ordern oder zuerst im Katalog blättern und die Bestellung dann telefonisch durchgeben.« Bei Kundenservice und Liefergeschwindigkeit orientiert sich der Unternehmer an Amazon: »Wir achten unter anderem darauf, Bestellungen noch am gleichen Tag zu versenden.« 1996 führte Püttmann eine umsatzbasierte Kundenkarte ein und belohnt seither Stammkunden mit Warengutschriften. All das kommt gut an: Bei knapp 900 Bewertungen, die in den vergangenen zwölf Monaten über den Dienstleister eKomi gesammelt wurden, erhielt der Schreibmayr-Onlineshop als Gesamturteil fünf von fünf Sternen. »Bei Entwicklung und Ausbau unserer Onlineaktivitäten hat mir das E-Commerce-Coaching der Rid-Stiftung, an dem ich vor fünf Jahren teilnahm, sehr geholfen«, sagt Püttmann, der seither auch regelmäßig Google-Analysen durchführt. Damit findet er nicht nur heraus, welche Suchbegriffe für sein Sortiment am besten geeignet sind, sondern wird auch auf relevante Trends und neue Kundenbedürfnisse aufmerksam. »Für uns als Vollsortimenter und Nischenanbieter ist es wichtig, die Probleme unserer Kunden zu lösen«, betont Püttmann. Daher baut er das Sortiment ständig aus und setzt dabei unter anderem auf Kooperationen mit Künstlerateliers und Kunsthandwerkern. Dies ermöglicht nicht nur Sonderanfertigungen, sondern auch die Entwicklung exklusiver Produkte wie Messgewänder, die von Künstlern gestaltet werden. »Damit prägen wir den Markt und setzen Trends«, sagt Püttmann selbstbewusst. Als größter Anbieter von Kirchenbedarf in Deutschland sei Schreibmayr zwar Preisführer. Die eigens für das Unternehmen hergestellten Produkte würden es aber auch ermöglichen, dem Preiswettbewerb zu entkommen.

Ökologischer Fußabdruck

Neue Ideen für das Sortiment stammen auch von Püttmanns Tochter Jacqueline (23), die nach ihrem Brand-Management-Studium an der International School of Management ein Jahr im Familienbetrieb tätig war, um sämtliche Bereiche kennenzulernen. Für ihre Bachelorarbeit über Ethikmanagementsysteme am Beispiel der J.G. Schreibmayr GmbH recherchierte sie unter anderem bei den Lieferanten des Unternehmens und analysierte den ökologischen Fußabdruck sowie die Herkunft der Produkte. Ihre Erkenntnisse führten zu ersten Veränderungen im Sortiment. So gibt es bei Schreibmayr zum Beispiel Osterhasen aus Fairtrade-Schokolade, Priestergewänder aus Bio-Baumwolle oder Kerzen, bei denen die Ummantelung aus Glas statt aus Kunststoff besteht. In diesem Jahr werden erstmals doppelwandige Gläser für Friedhofskerzen angeboten, in denen das Wachs vollständig und rückstandslos verbrennt. »Mir ist es auch jenseits des Unternehmens wichtig, nachhaltiges Wirtschaften zu fördern«, sagt Jacqueline Püttmann. Derzeit will sie sich noch etwas in der Welt umschauen. Sie kann sich aber sehr gut vorstellen, das Münchner Traditionsunternehmen einmal in vierter Generation fortzuführen.

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