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Raus aus der Kampfzone

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Konfliktlösung auf Augenhöhe und selbstbestimmt – die Mediation

Streit kostet Zeit und Geld. Und am Ende ist wohlmöglich keine der Streitparteien mit dem Ergebnis zufrieden. Anders bei einer Mediation. Sie sorgt für mehr interessengerechten Ausgleich. Gerade kleine Unternehmen können profitieren.
Von Gabriele Lüke, 5/2025

Auf die großen Konflikte dieser Welt hat der einzelne eher wenig Einfluss – auf die Lösung seiner eigenen Auseinandersetzungen aber sehr wohl. Hier kommt die außergerichtliche Mediation ins Spiel. „Mediation fördert die eigenverantwortliche, interessengerechte und nachhaltige Beilegung von Streitigkeiten“, erläutert Franziska Edlin, Geschäftsstellenleiterin des IHK-MediationsZentrums.

In einer Mediation gibt es keinen Richter, der am Ende ein Urteil fällt. Stattdessen vermittelt ein Mediator als unparteiischer Dritter, dass die Kontrahenten selbst die Lösung finden. „In der Regel lassen sich Konflikte so schneller und kostengünstiger beenden. Im besten Fall arbeiten die Streitparteien im Anschluss miteinander weiter. Für die Wirtschaft, gerade für kleinere Unternehmen und Soloselbstständige, kann das sehr vorteilhaft sein.“

Streit vermeiden

Dabei müsse eine Mediation nicht erst in Betracht gezogen werden, wenn der Konflikt schon begonnen oder sich gar verhärtet hat, sagt Nadine Greck, Wirtschaftsmediatorin in München und Vorstandsvorsitzende der Deutschen Stiftung Mediation. „Sie kann bei erwartbar schwierigeren Verhandlungen auch präventiv oder begleitend eingesetzt werden: Eine Mediation ermittelt ganzheitlich die Interessen, Bedürfnisse, Wünsche aller Beteiligten, versachlicht, so dass ein größerer Konflikt im besten F all sogar vermieden wird.“ Greck betont: „Voraussetzung ist, dass alle Seiten die Mediation wollen und ergebnisoffen sind. Wichtig ist dabei: Die Lösungsoptionen erarbeiten die Beteiligten immer selbstbestimmt und eigenverantwortlich.“

Einvernehmliche Lösung

Die Mediatorin hat fünf Szenarien zusammengestellt, die zeigen, wie eine Mediation gerade für kleinere Unternehmen oder Soloselbstständige zu Lösungen betragen kann:

Zahlungsschwierigkeiten: In einer Geschäftsbeziehung oder einem Gewerbemietverhältnis kann einer der Partner bestehende Verbindlichkeiten nicht erfüllen. „Eine Mediation klärt zunächst, warum die Finanzsituation des einen eng ist – vielleicht weil ein Auftrag sich verschoben hat oder ausfällt. Aber auch, dass der andere auf die Zahlung angewiesen ist“, sagt Greck. „Wenn beide wechselseitig die Gründe kennen und Verständnis entwickeln, lässt sich leichter ein verbindlicher Abzahlungsplan oder auch eine Ersatzleistung entwickeln.“ Und das könne zielführender sein als zum Beispiel eine Räumungsklage oder das Suchen und Finden neuer Geschäftspartner.

Qualitätsmängel: Ein Kunde beschwert sich über die Qualität einer Leistung. Hier klärt die Mediation zunächst, ob der Kunde eine andere Vorstellung hatte und warum der Auftragnehmer die Erwartung nicht erfüllt hat. Und auch der Leistungserbringer kann seine Sichtweise darstellen. War es ein Missverständnis? Wurde ein Fehler gemacht? „Sind solche Fragen geklärt, können eine Überarbeitung oder eine andere Vereinbarung Lösungen sein.“

Konflikte mit Mitarbeitenden: Die Mitarbeiter verstehen sich untereinander nicht, haben Probleme mit Vorgesetzten oder mit Kunden. „Ursachen für Probleme im Team sind mannigfaltig. Auch hier geht es zunächst darum, Ursachen, Interessen und Bedürfnisse der jeweiligen Konfliktbeteiligten zu ermitteln“, sagt Greck. „Dann finden sich mögliche neue Ansätze: von neuen Teamstrukturen, wechselnden Verantwortlichkeiten bis unter Umständen auch einvernehmlichen Trennungen.“

Übergabe/Verkauf: Wollen die Kinder das kleine Unternehmen übernehmen? Wie steht es überhaupt da? Was ist es wert? Lässt es sich verkaufen? „Ein Generationswechsel ist hochemotional. Wenn die Kinder nicht übernehmen wollen, ist die Enttäuschung oft groß. Eine Mediation lässt zwar die Emotionen zu, betrachtet aber zugleich auch die Sachlage und Vorstellungen der Beteiligten“, sagt Greck. „Und vielleicht möchte ja die Nichte übernehmen oder ein Mitarbeiter hat Interesse. Vielleicht kommt auch ein Verkauf infrage.“

Trennung von Geschäftspartnern: „Bei Trennungen geht es oft um Geld, Anteile am Geschäftserfolg, die Wertschätzung immaterieller Leistungen, vielleicht Nutzungsrechte“, sagt Greck. „Die Mediation findet heraus, welche Gründe hinter der Trennungsabsicht stecken, welche Interessen und Bedürfnisse vorliegen. So kann ein Modell entstehen, das jedem seinen fairen Anteil zuspricht oder eine Zusammenarbeit auf neuer Ebene – etwa in einer freiberuflichen Konstruktion – ermöglicht.“

Selbstbestimmt und eigenverantwortlich

Mediator Michael Bräuning von Ponschab + Partner in München, auf Gesellschafterkonflikte spezialisiert, fasst zusammen: „Es geht vor allem um das Verstehen der anderen Seite beim gleichzeitigen Aufzeigen der eigenen Perspektive. Dabei unterstützt die Mediatorin oder der Mediator mit viel Einfühlungsvermögen. Durch das Offenlegen und Erkennen der gegenseitigen Interessen- und Motivationslagen lösen sich die emotionalen Blockaden und ermöglichen wirklich neue, kreative Wege und Lösungsansätze.“

Win-Win statt Kampfmodus

Ein Gerichtsurteil könne hingegen nur einer Seite Recht geben. Eine Mediation bringe in der Regel ein für beide Seiten befriedendes Ergebnis, das auch Raum lässt für eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit. Bräuning: „Die Mediation holt uns aus der Kampfzone und ermöglicht eine Win-Win-Situation. Und wenn die Parteien wollen, können sie ihre Vereinbarungen im Anschluss durch externe Berater überprüfen zu lassen.“

IHK-Info: 6. Bayerischer Mediationstag

Die heutigen Lebensverhältnisse erfordern neue Konzepte für den Umgang mit Konflikten. Der 6. Bayerische Mediationstag am 21. Mai 2025, 13 Uhr, IHK Campus München, entwickelt dazu Ideen – und zwar in einer interaktiven Form durch die Teilnehmenden selbst. In elf themenbezogenen Arbeitsgruppen werden sie durch ausgewiesene Expertinnen und Experten darin unterstützt, Inspirationen für ein zeitgemäßes Konfliktmanagement zu entwickeln.

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