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Vielversprechende Perspektiven – SciRhom-Geschäftsführer Jan Poth (links) und Jens Ruhe

Dem Scale-up SciRhom trauen Investoren einiges zu. Zuletzt sammelte das Biotech-Unternehmen 63 Millionen Euro ein für seine Arbeit an neuartigen Therapien.

Von Sabine Hölper, IHK-Magazin 07-08/2025

Autoimmunerkrankungen wie etwa Rheuma oder Morbus Crohn sind ein Übel. Sie treten immer häufiger auf, sind aber nicht heilbar, sondern nur behandelbar. Die Wirksamkeitsschwelle herkömmlicher Medikamente liegt „auf einer Skala von 0 bis 10 jedoch nur bei etwa 5 bis 6“, sagt Jan Poth. Er ist einer der Geschäftsführer der SciRhom GmbH. Das Martinsrieder Biotech-Unternehmen entwickelt eine Methode, die die Wirksamkeit „relevant“ verbessert, wie der promovierte Pharmazeut Poth sagt. In spätestens 8 Jahren könnte diese neuartige Therapie zugelassen werden. Für die Patienten wäre es eine enorme Linderung ihres Leidens, für SciRhom ein immenser Erfolg.

Poth kam erst 2022 zu SciRhom. Gegründet haben das Unternehmen 2016 die promovierten Wissenschaftler Jens Ruhe, Matthias Schneider und Andreas Jenne mit Unterstützung von Carl Blobel, Alex Ullrich und dem Hospital for Special Surgery (HSS) in New York.

Neue Therapiechancen durch Antikörper

Ruhe hatte zuvor schon das Biotech-Unternehmen U3 Pharma AG mitgegründet. 2008 wurde es vom japanischen Pharmakonzern Daiichi Sankyo übernommen. Ruhe arbeitete noch einige Jahre im Unternehmen und suchte dann eine neue Herausforderung.

Er fand sie in therapeutischen Antikörpern und orientierte sich dabei an den Erkenntnissen des renommierten Wissenschaftlers Carl Blobel. Der Medizin- und Physiologie-Professor ist Direktor des Programms für Arthritis und Gewebedegeneration am HSS. Sein Ansatz, dass das Zielmolekül iRhom2 auch auf der Oberfläche von Zellen lokalisiert ist und daher mit Antikörpern reagieren sollte, war damals umstritten. Die Lehrmeinung besagte, dass die Prozesse, die er adressieren wollte, im Inneren der Zellen und damit außerhalb der Reichweite eines Antikörpers ablaufen.

Gegenwind aus der Wissenschaft

Ruhe fand die Forschungsarbeit sehr herausfordernd. „Es handelt sich um eine knifflige Molekülklasse“, sagt der Experte. Dennoch war er überzeugt von Blobels Ansatz – und gründete trotz viel Gegenwind SciRhom (der Name setzt sich aus den Kürzeln für science und iRhom2-Antikörper zusammen). „Die meisten Kollegen sagten mir damals: Mir stünde in der Situation der Angstschweiß auf der Stirn.“ Sie glaubten nicht an die Theorie, die damals als Einzelmeinung galt.

Der High-Tech Gründerfonds (HTGF) jedoch baute auf das junge Unternehmen, das heute als Scale-up gilt. Scale-ups sind im Gegensatz zu Start-ups schon einige Jahre aktiv, sie zeichnen sich durch ein starkes Wachstum aus und haben skalierbare Prozesse eingeführt. Mit etwas Glück sind sie die Großunternehmen und damit die wichtigen Arbeitgeber von morgen.

Frühinvestoren überzeugte der Mut der Gründer

Dass SciRhom seit seiner Gründung 2016 zum Scale-up werden konnte, liegt vor allem auch daran, dass sich der HTGF und eine Gruppe von Privatinvestoren aus dem Münchner Raum als Frühphaseninvestoren engagierten.

Die Begründung für den Einstieg damals: der Mut der Gründer, ihre Qualität und Erfahrung sowie der Ansatz der Antikörpertherapie. „Ich selbst hatte Erfahrung im Bereich der therapeutischen Antikörper gesammelt und wusste, wie potent so ein Ansatz sein kann, wenn der Wirkstoff sorgfältig und smart entwickelt wird“, sagte HTGF-Principal Frank Hensel kürzlich in einem Interview. „Nicht umsonst sind Antikörpertherapien die erfolgreichste Medikamentenklasse derzeit.“

Jetzt Nachweis der Wirksamkeit

Die Investition durch den Fonds war ein erster wichtiger Schritt für SciRhom. „Als Ergebnis einer externen Validierung war sie wesentlich, damit auch die privaten Investoren Kapital bereitstellten“, sagt Ruhe. So flossen erst einmal und dann noch einmal je 8 Millionen Euro in das Unternehmen.

IHK-Info: Neue Initiative: Scale-up Council

Die IHK für München und Oberbayern unterstützt mit dem neuen Scale-up Council zusammen mit Partnern aus dem Munich Innovation Ecosystem junge, innovative und schnell wachsende Unternehmen auf ihrem Weg zum Großunternehmen. Ziel ist es, die Hidden Champions von morgen zu halten und die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts zu sichern.

Seit Sommer 2024 ist SciRhom mit bedeutend mehr Kapital ausgestattet. Ein Konsortium aus HTGF, der LfA-Tochter Bayern Kapital GmbH sowie mehreren nationalen und internationalen Risikokapitalgebern stellte 63 Millionen Euro zur Verfügung. Die Mittel dienen der kontinuierlichen Weiterentwicklung der Therapie und vor allem der klinischen Erprobung – mit dem Ziel, die Wirksamkeit nachzuweisen und die Zulassung zu erhalten.

Klinische Erprobung läuft

Im Oktober 2024 begann das Biotech-Unternehmen mit Phase 1 der klinischen Erprobung. Dabei wird die Therapie an freiwilligen, gesunden Probanden getestet. In erster Linie wird überwacht, wie sich das neue Molekül verstoffwechselt, wie sicher die Therapie ist. Diese Phase wird laut Poth noch etwa ein Jahr dauern.

Zulassung in etwa 8 Jahren

Danach folgt in Phase 2 der sogenannte klinische Proof of Concept, also eine Studie, die nachweisen soll, dass das Arzneimittel wirksam und sicher ist. „In dieser Phase geht es zum Beispiel auch um die Frage der Dosierung“, sagt Poth. In der dritten Phase wird eruiert, ob sich die bisher nachgewiesenen Effekte bestätigen. Erst anschließend, wenn alle Phasen zufriedenstellend verlaufen sind, gibt es eine Zulassung. „Bis dahin wird es noch 7 oder 8 Jahre dauern“, schätzt Poth.

Bessere Verträglichkeit erwartet

Die SciRhom-Verantwortlichen sind guter Dinge, dass die Revolution gelingt. Dafür spricht, dass ihre neuartige Therapie anders als alle vorherigen nicht nur einzelne krankheitsfördernde Signalwege blockiert, sondern mehrere gleichzeitig. „Dadurch haben sich unsere Antikörper in verschiedenen Tiermodellen bereits als besser erwiesen als die derzeitigen Standardmedikamente“, sagt Poth. Zudem verspreche die einzigartige Wirkungsweise der Antikörper eine bessere Verträglichkeit.

Weitere Finanzierung durch Verkauf

Die große Frage ist, ob SciRhom dann noch ein unabhängiges Unternehmen ist. Denn die weitere Entwicklung ist kostspielig. Die Geschäftsführung gibt daher als Ziel den Verkauf an einen renommierten Pharmakonzern vor.

Poth: „Wir als junges Unternehmen bekommen sicherlich nicht die finanziellen Mittel, die bis zu 1 Milliarde Euro betragen können, um bis zur Zulassung durchzuhalten.“

Serie des IHK-Magazins: Scale-ups aus Oberbayern – Innovative Arbeitgeber von morgen

Scale-ups sind aufstrebende Unternehmen, die den anfänglichen Firmenaufbau erfolgreich hinter sich gebracht haben. Sie haben das Potenzial, die Großunternehmen und wichtigen Arbeitgeber von morgen zu werden. Das IHK-Magazin stellt einige oberbayerische Scale-ups in einer lockeren Serie vor.

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