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Eigene Akzente setzen

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„Original-Dubai-Schokolade“ oder „Nachmacher-Produkt“? Darüber wird auch vor Gericht gestritten

Auf den Unterschied kommt es an: Wer Produkte in Umlauf bringen will, die es so oder so ähnlich schon gibt, muss deutliche Modifikationen vornehmen.
    
Von Gabriele Lüke, 3/2025

Sie mögen Schokolade? Dann haben Sie vermutlich schon einmal „Dubai-Schokolade“ probiert, diese aktuell so gehypte mit Pistaziencreme und Engelshaar gefüllte Vollmilchschokolade. Aber war es das „Original“? Oder vielleicht ein rechtsverletzendes „Nachmacher-Produkt“?

„Die aktuelle Diskussion und inzwischen auch die Rechtsprechung rund um diese Schokolade zeigen wieder einmal: Erfolgsprodukte werden von Rechtsanwälten und vor Gericht mit Zähnen und Klauen verteidigt. Drum prüfe und recherchiere gründlich, wer ein neues Produkt auf den Markt bringen will“, warnt IHK-Rechtsexpertin Tatjana Neuwald. „Trittbrettfahren kann teuer werden. Das Produkt sollte keine Nachahmung, kein Replikat, Duplikat oder neudeutsch Dupe sein.“ Sie betont: „Es muss im Übrigen nicht einmal kriminelle Energie dahinterstecken. Es kann auch als absatzstarke Geschäftsidee erscheinen, ein beliebtes Produkt zu replizieren und am Verkaufserfolg zu partizipieren.“

Deutliche Modifikationen

Folgendes Szenario: Ein Händler mit einem kleinen Laden möchte sein Angebot erweitern. Ihm gefällt ein Produkt, das er an anderer Stelle gesehen hat. Es passt in sein Sortiment. Er kann sich vorstellen, es so oder so ähnlich herstellen zu lassen. „An dieser Stelle sollten die eigenen Alarmglocken schrillen“, sagt Neuwald.

„Grundsätzlich ist und bleibt verboten, Dinge einfach nachzumachen und diese dann zu verkaufen. Es dürfen natürlich ähnliche Dinge hergestellt und verkauft werden, aber sie müssen sich dennoch deutlich vom Original beziehungsweise voneinander unterscheiden. Es muss also sichtbare Modifikationen geben“, erläutert die IHK-Expertin. Das gilt für das Produkt an sich, seine äußere Gestaltung, etwa die Form der Flasche oder Schachtel, den Namen, die Verpackung, das Logo. „Das ist im Übrigen auch eine Frage der unternehmerischen Fairness.“

Vorsicht bei Design durch KI

Neuwald verweist auch auf eine weitere Dimension: Immer häufiger wird künstliche Intelligenz als Designhilfe genutzt. Doch KI wird mit bestehenden Daten und Designs gefüttert. „So können mit Unterstützung von KI ebenfalls Produktfälschungen entstehen – vom KI-Nutzer oftmals sicherlich unbeabsichtigt oder unwissentlich.“

Wie sieht die rechtliche Seite aus? „Nachahmungen und Fälschungen beschäftigen die Gerichte immer wieder – das ist kein Kavaliersdelikt“, warnt Neuwald. „Es geht dann um unlauteren Wettbewerb und/oder die Verletzung geistigen Eigentums.“

Zum einen setzt der Marken- oder Designschutz Nachahmungsambitionen Grenzen. Marken und Designs können rechtlich geschützt werden, indem sie bei den Markenämtern angemeldet werden. „Eine Recherche im Internet ist ein erster Schritt, sich hier schlau zu machen, dann natürlich bei den Markenämtern im Inland wie im Ausland“, sagt Neuwald. „Für Marken bietet die IHK unterstützend einen kostenlosen Rechercheservice an, ansonsten helfen die Ämter oder Anwälte.“

Kein Kavaliersdelikt

Der Gesetzgeber belegt vorsätzliche Markenrechts- und Designverletzungen sogar mit Geldstrafen oder Haftstrafen bis zu drei Jahren. „Achtung“, warnt die IHK-Expertin: „Es kommt für die Haftung dann weder auf Vorsatz oder Fahrlässigkeit an. Hab‘ ich nicht gewusst oder Wollt‘ ich nicht helfen erstmal nicht, wenn Rechte verletzt wurden. Wer etwas auf den Markt bringt, steht hier ganz klar in der Verantwortung.“

Wettbewerbliche Eigenart achten

Zum anderen kommt es vor, dass Produkte – oft auch Luxusprodukte wie besondere Taschen oder Einrichtungsgegenstände –nicht offiziell geschützt wurden. Sie und ihre Produzenten sind gleichwohl nicht schutzlos. Hier kommt der Grundsatz der wettbewerblichen Eigenart ins Spiel. Nach der Rechtsprechung liegt eine solche vor, wenn die prägenden Eigenheiten eines Produkts von den Verbrauchern sofort einem Hersteller zugeordnet werden oder sich von anderen Produkten deutlich abheben.

Vorsicht bei Werbeaussagen

Auch das Urheberrecht kann bei Nachahmungen eine Rolle spielen: Hier muss der Urheber nachweisen, dass das Produkt, insbesondere seine Gestaltung und Form seine geistige Schöpfung sind. Gelingt ihm das, drohen auch in diesen beiden Fällen Schadensersatzforderungen.

Ebenfalls wichtig: Eine ganz eigene Schokolade mit Pistazien zu kreieren, dann aber zu formulieren „schmeckt wie xxx-Schokolade“, könnte ebenfalls eine Rechtsverletzung – Stichwort Rufausbeutung – sein. Bei Werbeaussagen ist also ebenfalls Vorsicht geboten.

Eigene Akzente setzen

IHK-Expertin Neuwald fasst zusammen: „Wer Lust auf neue Produkte hat, darf sich jederzeit bei Bestehendem Anregungen holen, sollte dann aber seiner eigenen Kreativität freien Lauf lassen, etwas ganz Eigenes entwickeln, eigene Akzente setzen, dann ist er auch rechtlich auf der sicheren Seite.“ Sie schließt: „Und im Übrigen kann die eigene Kreation dann natürlich vor Nachahmung geschützt werden.“

IHK-Info zum Markenrecht

Die IHK hilft mit zahlreichen Informationen zum:

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