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Umfrage: Aus welchen Fehlern haben Sie gelernt?
Gründerjahre sind Lehrjahre. Oft weiß man erst in der Rückschau, was man hätte besser machen können. Wer jedoch die richtigen Schlussfolgerungen aus Fehlern zieht, kann viel für die weitere Laufbahn lernen.
Von Sabine Hölper, 11/2024
Junge Unternehmer machen in der Anfangsphase nie alles richtig. Das ist Fakt und auch nicht schlimm. Aus eigenen Fehlern lässt sich oft mehr lernen als aus Büchern – sofern man sie gründlich und in aller Offenheit analysiert. Vier Gründerinnen und Gründer berichten von ihren Erfahrungen.
Anna Hadzelek, Re-Shirt GbR, München
„Es mit der Vorsicht nicht übertreiben“
Ich habe eine neue Textildrucktechnik entwickelt. Die Idee ist, dass sich die Farbe wieder auswaschen lässt. Das gibt es auf dem Markt noch nicht, die Nachfrage ist aber da. Oft sind die Aufdrucke nur für einen einzigen Tag relevant, etwa für den Junggesellenabschied. Danach landen die Shirts im Altkleider-Container. Die Tatsache, dass ich einer Innovation auf der Spur war, führte jedoch dazu, dass ich zu spät damit begonnen habe, mich mit Experten wie etwa Textildruckern auszutauschen. Ich hatte immer Sorge, dass mir jemand meine Idee wegnimmt. Ich dachte so sehr an den Schutz meines geistigen Eigentums, dass ich manchmal in Sackgassen lief. So habe ich eine Zeit lang gebrauchte Shirts mit langlebigen Drucken versehen. Ich dachte, dass das genauso dem Nachhaltigkeitsgedanken entspricht. Das stimmt zwar, aber es hat mich von der eigentlichen Innovation abgelenkt. Mittlerweile konzentrieren wir uns – seit 2021 ist Emmy Schumacher als Mitgründerin an Bord – komplett auf unser Kerngeschäft.
Sascha Klöckner, SoulTool, Ingolstadt
„Nicht allein gründen“
Vor gut einem Jahr eröffnete ich am schönen Carraraplatz in Ingolstadt mein Ladenlokal. Etwa zwei Monate vorher fing ich an, den Onlineshop aufzubauen. Mir war klar, dass ich eine Multi-Channel-Strategie fahren muss, um die Reichweite zu erhöhen. Damit hätte ich allerdings noch früher beginnen sollen. Denn bis man als neuer Anbieter im Netz gefunden wird, auch bei Google Maps auftaucht, dauert es 4 bis 6 Monate. Ergo: Hätte ich ein halbes Jahr vor der Ladeneröffnung den Onlineshop aufgebaut, wäre ich auch schon früher als Marke sichtbar gewesen. Außerdem würde ich beim nächsten Mal nicht mehr allein gründen. Möchte ich zum Beispiel zu einer Messe fahren, muss der Laden geschlossen bleiben. Das ist nicht gut für die Kundschaft, die verlässliche Öffnungszeiten braucht. Und es ist auch nicht gut für mich, weil ich keinen Umsatz mache. Hinzu kommt: Was wäre, wenn ich morgen wegen eines Unfalls wochenlang ausfallen würde? Ist man zu zweit, muss man sich diese Fragen nicht stellen.
Philipp Lachner, Holy Soley, München
„Mehr Geld für externe Unterstützung zurücklegen“
Ich habe gelenkschonende Einlegesohlen für Chucks und Vans entwickelt. Die Produktentwicklung selbst war für mich als Ingenieur recht leicht. Aber das Marketing verschlingt entweder viel Zeit oder viel Geld, je nachdem, ob man viel selbst macht oder das meiste outsourct. Ich habe mich dafür entschieden, fast alles selbst zu machen. Doch dann merkte ich, wie aufwendig es ist, zum Beispiel gute Instagram-Videos zu drehen. Ich brauchte Stunden für wenige Minuten Film. Im Rückblick würde ich mir von Vornherein Kapital für solche Dinge zur Seite legen, um damit Profis zu beauftragen. Das gilt zum Beispiel auch für das Aufsetzen des Onlineshops. Im Nachhinein frage ich mich sogar, ob das Produkt das richtige ist. Es ist sehr gut, keine Frage. Aber niemand redet über Fußprobleme. Daher würde ich mir beim nächsten Mal eher eine einfachere Zielgruppe suchen.
Samira Schütz, Mira Ullrich, Liebeleih, München
„Das Sortiment mehr an die Wünsche der Kundinnen anpassen“
Seit gut drei Jahren betreiben wir den Brautmoden-Verleih Liebleih. Mittlerweile verleihen wir nicht nur Hochzeitskleider, sondern verkaufen zudem Second-Hand-Modelle sowie neue Kleider einer nachhaltigen Linie. Wir haben vor der Gründung viel recherchiert. Eines aber hatten wir falsch eingeschätzt: Wir hatten uns auf Vintage-Brautmode, etwa aus den 1960er-Jahren, fokussiert. Heute wissen wir: Das ist nur eine Nische. Die meisten Bräute wollen moderne Kleider. Also haben wir uns umgestellt. Dass wir das tun sollten, wurde uns auch bewusst, als ein Laden mit ähnlichem Schwerpunkt in Berlin schließen musste. Außerdem haben wir gelernt, dass es sinnvoller ist, mehr Zweiteiler ins Sortiment aufzunehmen. So können die Kundinnen nach Belieben Ober- und Unterteile zusammenstellen. Das ist nicht zuletzt deshalb vorteilhaft, weil sie so unterschiedliche Größen kombinieren können. Dann muss man auch weniger Änderungen vornehmen – was besser für das schöne Ensemble ist.