Brücken schlagen
Was lässt sich gegen den Fachkräftemangel unternehmen? Der Spezialist für Automatisierung Masterwerk investiert nicht nur europaweit, sondern bildet auch über Grenzen hinweg weiter – und schafft so die Grundlage für das eigene Wachstum.
Monika Hofmann, Ausgabe 02/2022
Seine Eltern kommen aus Bosnien und Herzegowina, er selbst wurde 1980 in Erlangen geboren und lebt seit seinem zehnten Lebensjahr in München. Der Unternehmer Muamer Babajic versteht sich als Europäer und Münchner, der Bildung, Expertise und Kompetenz vorantreibt – und damit Brücken schlägt.
So hat der 41-jährige Inhaber der Masterwerk GmbH in Gräfelfing auch eine sehr persönliche und ungewöhnliche Antwort auf den Fachkräftemangel gefunden: Sein Herzblutprojekt ist das Deutsche Kompetenzzentrum für Robotik (DKR) in Tuzla in Bosnien und Herzegowina, das er 2016 initiierte und 2017 mit öffentlichen und privaten Partnern vor Ort eröffnete.
Studierende und Fachkräfte erhalten dort Hands-on-Trainings, also praxisorientierte Schulungen, um Programmierer für industrielle speicherprogrammierbare Steuerungen (SPS) und Roboter zu werden. Neben der Theorie lernen sie dabei insbesondere, wie sie Automatisierungslösungen für die Industrie praktisch umsetzen. »So erweitern sie nicht nur ihre eigenen Kompetenzen, auch die Firmen in der Region profitieren davon«, sagt der Unternehmer. Die Fachkräfte aus Tuzla sind inzwischen international sehr gefragt.
Fachkräfte für die eigene Firma
Mittlerweile stammen die Teilnehmer nicht mehr nur aus Bosnien und Herzegowina sowie Europa, sondern aus aller Welt. Sie kommen aus Australien, Südamerika, Indien, den USA oder Asien nach Tuzla, um mit den Trainings ihre Robotikkompetenzen auszubauen. »Damit geben wir unsere Expertise unmittelbar weiter und unterstützen zugleich das krisengeschüttelte Land«, meint Babajic.
Auch die eigene Firma profitiert: Allein 2021 starteten vier Mitarbeiter, die im DKR ihre Kompetenzen erworben haben, in seinem Engineering-Unternehmen. »Mit dem Zentrum schlagen wir eine Brücke zwischen meiner Herkunft und meiner Heimat«, so Babajic. Die Idee, Bildung zu exportieren und wieder zu importieren, erweist sich als außerordentlich erfolgreich.
Schwieriger Start in der Finanzkrise
Begonnen hat Masterwerk 2009 mit der auftragsorientierten Zulieferung von Metallkomponenten in der Industrie. »Sie können sich vorstellen, wie schwierig es war, inmitten der Finanzkrise mit meinem Namen und als 29-Jähriger einen Bankkredit zu bekommen«, sagt Babajic. Der Start gelang dennoch, zumal der Unternehmer als einen der ersten Kunden die BMW Group gewinnen konnte. »Ab diesem Zeitpunkt lief alles leichter.« Dennoch blieben die ersten Jahre, wie bei jeder Gründung, ein Knochenjob mit vielen schlaflosen Nächten.
Stark wachsende Marktnische
Seither hat sich das Unternehmen zu einem Engineering-Dienstleister für Automatisierung, SPS-Programmierung und Robotik entwickelt und damit eine stark wachsende Marktnische gefunden. Auf seinem Tablet zeigt Babajic Filme, in denen mächtige Roboterarme einer Möbelfertigungsmaschine das Holz so zusägen, dass trotz individueller Einzelmaße das Material vollautomatisiert optimal und ressourcenschonend genutzt wird: »Solche Maschinen zu programmieren und zum Laufen zu bringen, ist für uns kein Hexenwerk, denn die Programmiersprache ist überall auf der Welt gleich, sodass sie sich weltweit relativ einfach weitergeben lässt.«
Das Masterwerk-Team besteht derzeit aus 36 hoch qualifizierten Ingenieuren, Robotik- und Automatisierungsfachleuten, die sich ständig weiterbilden. Um junge Menschen für sein Unternehmen zu begeistern und stets auf dem aktuellen Stand der Forschung zu bleiben, arbeitet der Firmenchef sehr eng mit Universitäten und Hochschulen in München und Tuzla zusammen. Er bietet Praktika und gemeinsame Projekte für Bachelor- und Masterarbeiten an.
Um Talente werben
»Studierende bekommen so die Möglichkeit, an innovativen Projekten mitzuarbeiten, wir profitieren von ihren Ideen und können Nachwuchskräfte rekrutieren«, erklärt Babajic. »Wenn man sich als 23-Jähriger in verantwortungsvolle Projekte begibt und Teil großer Entwicklungen wird, hat man eine tolle Zukunft.« Damit wolle Masterwerk Talenten ein berufliches Zuhause bieten: »Wir verstehen uns als Heimat der exzellenten Ingenieure.«
Erfahrung aus 300 Projekten
Um klare Strukturen während des starken Wachstums zu schaffen, konzentriert sich das Unternehmen in Gräfelfing zunehmend auf die Robotik und Automatisierung. Dort beschäftigen sich SPS- und Roboterprogrammierer mit den Automatisierungsprojekten der Masterwerk-Kunden. »Unsere Experten mit Erfahrung aus mehr als 300 Projekten bei allen großen Automobilherstellern stehen ihnen zur Verfügung, auch vor Ort«, so der Firmenchef. Meist sind die Mitarbeiter bei Kundenprojekten und nehmen Anlagen in Betrieb. Dabei handelt es sich zum Beispiel um Akkufertigungsanlagen für Elektromobilität oder Messsysteme der Fahrzeugkarosserien.
Inzwischen zählen Firmen in ganz Europa, vor allem mittelständische Marktführer aus Industrie und Handwerk, sowie internationale Konzerne zum Kundenstamm. Sehr gern arbeitet Babajic außerdem mit kleinen und mittleren Maschinenbauspezialisten zusammen. Sein europäisches Netzwerk baut er dabei immer mehr aus. Die Trainings im Deutschen Kompetenzzentrum für Robotik in Tuzla will er deshalb in jedem Fall weiter vorantreiben.