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Unerwünschtes Flugobjekt – manche Drohnen gefährden den Luftverkehr oder sind auf Spionagemission

Weniger Sicherheitsrisiken durch technologische Neuerungen: In Bayern entwickeln Forschungsinstitute und Unternehmen zukunftsweisende Lösungen – von der Drohnenabwehr über den Gebäudeschutz bis hin zu Maßnahmen in der Pandemie.

Josef Stelzer, Ausgabe 03/21

Der Einsturz einer maroden Autobahnbrücke in Genua kostete im August 2018 mehr als 40 Menschen das Leben. Noch viel mehr Tote gab es bei der Katastrophe im Hafen von Beirut im Sommer 2020, als Unmengen von Ammoniumnitrat zur Explosion kamen und gewaltige Verwüstungen in der libanesischen Hauptstadt anrichteten.

Immer wieder kommt es zu solch verheerenden Unglücken und immer wieder stellt sich die Frage, ob und wie sie hätten verhindert werden können. Womöglich hätte es ausgereicht, sich rechtzeitig um bekannte Schwachstellen der Brückenkonstruktion zu kümmern und das Risiko der Chemikalienlagerung ernst zu nehmen, um frühzeitig gegensteuern zu können.

Innovationen zur Katastrophenvermeidung

Wirtschaft und Gesellschaft drohen Gefahren und Sicherheitsrisiken in ganz verschiedenen Ausprägungen – von nachlässiger Baukontrolle oder Gefahrgutbehandlung über organisierte Kriminalität, Terror- und Cyberangriffe bis hin zu Pandemien. Wie lassen sich solche Risiken rechtzeitig erkennen und abwehren? In Bayern tüfteln zahlreiche Unternehmen und Forschungsinstitute erfolgreich daran, wie innovative Lösungen Sicherheitsrisiken unterschiedlichster Art verringern und Katastrophen vermeiden können.

Abwehr in der Luft

Sie sind klein, beweglich und eine echte Gefahr für den Flugverkehr, wenn sie in unmittelbarer Umgebung von Airports umherschwirren: Drohnen können etwa einen Passagierjet beim Start beschädigen und schlimmstenfalls zu dessen Absturz führen. Wegen einer in geringer Höhe herumfliegenden Drohne ist zum Beispiel der Betrieb des Frankfurter Flughafens im März 2020 eineinhalb Stunden lang komplett eingestellt worden.

Doch Drohnen gefährden nicht nur den Flugverkehr, sondern werden auch gezielt eingesetzt, um über Justizvollzugsanstalten Waffen und Drogen abzuwerfen oder Firmenareale und Privatgrundstücke per Kamera auszuspionieren. Ein neuartiges Abfangsystem der ESG Elektroniksystem- und Logistik-GmbH aus Fürstenfeldbruck ermöglicht ein rasches Aufspüren und Einfangen solcher Flugkörper. »Mithilfe unserer neuen Software steuern wir von einer Bodenstation aus verschiedene Sensoren wie etwa Kameras und Funkpeiler sowie spezielle Abfangdrohnen«, erklärt Christian Jaeger, Leiter der ESG-Geschäftseinheit Produkte und Lösungen. Damit lassen sich alle Drohnen in einem Umkreis von einem bis fünf Kilometern sicher erkennen.

Das Computerprogramm stellt außerdem zuverlässig fest, ob ein Fluggerät illegal in einer Flugverbotszone unterwegs ist. »Wir bereiten uns auf den stark wachsenden Drohnenmarkt vor und haben eine Weiterentwicklung des Abfangsystems bis zur Marktreife fest geplant«, sagt der 39-jährige ehemalige Hubschrauberpilot.

Ins Netz gegangen

Die ESG-Software ist ein Baustein des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten und 2020 abgeschlossenen MIDRAS-Projekts. Beteiligt daran war unter anderem eine Forschergruppe des Lehrstuhls für Informatik der Universität Würzburg. Julian Rothe (30), Informatiker und Projektleiter der Würzburger MIDRAS-Gruppe, erläutert das Abfangsprozedere: »Zwei von unseren Abwehrdrohnen starten auf Knopfdruck und können dann völlig autonom die als illegal erkannten Drohnen während des Flugs mit einem etwa vier mal vier Meter großen Nylonnetz einfangen und sie an einen sicheren Ort transportieren.«

Bollwerke zur Gefahrenabwehr

Das Thema Sicherheit steht auch im Forschungszentrum RISK der Universität der Bundeswehr München im Mittelpunkt. Das Spektrum reicht vom Gebäudeschutz über die Bewertung der Verkehrsinfrastruktur bei Hochwasser bis hin zu Schutzsystemen gegen Bombenanschläge oder sogenannte Überfahrtaten wie beim Anschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz im Dezember 2016, als ein islamistischer Attentäter einen Sattelzug in eine Menschenmenge steuerte.

Die RISK-Gruppe BauProtect entwickelt spezielle Materialien sowie Gebäudestrukturen, die etwa bei Erdbeben, Explosionen und Hochwasser mehr Sicherheit versprechen. RISK-Forscher tüfteln zudem an Lösungen, die sich nicht als Bollwerke zur Gefahrenabwehr erkennen lassen. Beispiel für eine Art »versteckter Sicherheit« sind speziell gestaltete und befestigte Pflanztröge, die als Poller dienen. Aus BauProtect entstand auch die Münchner Ausgründung MJG Ingenieure GmbH, die weltweit Dienstleistungen rund um das Thema Sicherheit anbietet.

Auf die Abwehr von digitalen Bedrohungen konzentriert sich das ebenfalls zur Universität der Bundeswehr gehörende Forschungsinstitut CODE. Es hat im September vergangenen Jahres einen Maßnahmenkatalog zur Verbesserung der IT-Sicherheit in bayerischen Krankenhäusern vorgelegt.

Zutritt unter Kontrolle

Zu den arrivierten Anbietern von Sicherheitslösungen in Bayern zählt außerdem die Bosch Sicherheitstechnik GmbH, Grasbrunn, die unter anderem Zutrittskontrollsysteme mit kontaktloser Fingerabdruckerkennung offeriert. Damit lassen sich die Zugangsberechtigungen für Gewerbegebäude, Labors oder Büroräume automatisch und ohne jede Geräteberührung prüfen. Dies soll das Risiko einer Ansteckung mit Krankheitserregern wie etwa Covid-19-Viren reduzieren.

Messgenauigkeit von 0,3 Grad Celsius

Eine simple Handbewegung vor einem kontaktlosen Sensor löst zunächst einen 3-D-Scan aus. In weniger als einer Sekunde werden dann vier Finger mit den vorab per Datenbank erfassten Fingerabdrücken verglichen. Ebenfalls eine Lösung für mehr Sicherheit in der Pandemie ist ein Bosch-System, das die Körpertemperatur zum Beispiel bei Zutrittskontrollen erfasst. Solche Messungen lassen sich entweder als Selbsttest oder durch Personal binnen weniger Sekunden durchführen – mit einer Messgenauigkeit von 0,3 Grad Celsius.

Stichwort: Förderung der EU

Die EU fördert Forschungs- und Innovationsprojekte, mit denen die zivile Sicherheit in Europa sowie die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Sicherheitswirtschaft gestärkt werden.
Weitere Informationen zu diesem Förderprogramm hier.

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