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Homeoffice – auch für Azubis eine Option

Zwei Jahre Corona haben die Ausbildung stark verändert. Was früher undenkbar war, ist in einigen Unternehmen mittlerweile üblich: die mobile Ausbildung. Wie sie abläuft und was Firmen bei der Einführung beachten sollten.

SABINE HÖLPER, Ausgabe 06/2022

An manchen Tagen treffen sich die Azubis der AUDI AG im Werk, an anderen lernen sie am heimischen Schreibtisch. Dieser Mix von On- und Offline-Ausbildung ist beim Ingolstädter Autohersteller seit geraumer Zeit Normalität – und laut Richard Wensauer, Leiter der Ausbildung Ingolstadt Fertigungstechnik/Logistik, »ein echter Gewinn«. Nach anfänglicher Skepsis werde das mobile Lernen in der Ausbildung positiv bewertet. »Die Azubis wollen das Mobile nicht mehr missen«, sagt Wensauer (42).

Theoretische Leistungen teils verbessert

Die Ausbilder sind ebenfalls überzeugt. Schließlich konnten die jungen Leute ihre theoretischen Leistungen zum Teil sogar verbessern. AUDI hat im vergangenen Herbst eine Betriebsvereinbarung »mobiles Lernen« geschlossen.

Ganz so weit sind andere Unternehmen noch nicht. Doch viele zeigen sich grundsätzlich aufgeschlossen, arbeiten an Richtlinien, schaffen die nötigen Infrastrukturen und schulen die Ausbilder.

Wunsch etlicher Unternehmen 

»Etliche Unternehmen haben den Wunsch geäußert, diese neue Form der Ausbildung anzuwenden«, sagt Mareike Steveling, Expertin für Berufsbildung bei der IHK für München und Oberbayern. Erste Orientierung gibt ein Impulspapier »Mobiles Arbeiten« des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK). Darin finden sich Leitlinien und Empfehlungen, wie mobiles Ausbilden als ergänzender und optionaler Baustein in die Berufsausbildung integriert werden kann.

Abstimmung mit Bildungsberatern

Unternehmen sollten mobiles Ausbilden nur nach Abstimmung mit der IHK einsetzen. »Die Ausbildungsstätte muss geeignet sein«, erklärt IHK-Expertin Ziegler. »Wir gehen daher folgendermaßen vor: Der Betrieb übermittelt uns sein Konzept, die Bildungsberater prüfen es. Es muss sichergestellt sein, dass alle nötigen Fähigkeiten online vermittelt werden können.« Schließlich müsse gewährleistet sein, dass die weltweit einzigartige duale Ausbildung, die die Verfügbarkeit von Fachkräften sichert, nicht an Niveau verliert. Manchmal müssen Unternehmen ihr Konzept daher ein wenig anpassen. Meist steht der neuen Form der Ausbildung danach aber nichts mehr im Weg.

Wie aber lässt sich mobiles Ausbilden konkret gestalten? Zunächst bedeutet es nicht, dass die Azubis ihre Lehrzeit komplett vor dem Computer am heimischen Schreibtisch verbringen. Bei AUDI zum Beispiel sind immer noch 80 Prozent Anwesenheit im Betrieb erwünscht, nur 20 Prozent der Ausbildung sollen am Laptop absolviert werden.

»Anwesenheit in gewissen Phasen notwendig«

Auch Lynn Bornkamp (27), Ausbildungskoordinatorin beim IT-Unternehmen Sulzer GmbH in München, hält die Anwesenheit in gewissen Phasen der Ausbildung für unbedingt notwendig. »Während der Probezeit, in den ersten vier Monaten, wollen wir die neuen Azubis vor Ort integrieren«, sagt Bornkamp. »Nur so können die jungen Leute ihre Kollegen kennenlernen, Kontakte knüpfen, mit den Abläufen im Betrieb vertraut werden.«

Das seien, so Bornkamp, die Erfahrungen der letzten beiden Coronajahre, in denen die Azubis zum Teil von heute auf morgen ins Homeoffice geschickt werden mussten. Trotz der fehlenden Vorbereitung lief damals aber vieles so gut, dass Sulzer an der mobilen Ausbildung festhalten wollte.

Der IT-Anbieter brachte im vergangenen Jahr eine Betriebsvereinbarung dazu auf den Weg.

Klare Vorteile für das Unternehmen

Die Vorteile sind für das Unternehmen klar. »Die mobile Ausbildung fördert das selbstbestimmte Lernen und die Eigeninitiative«, so Bornkamp. Auch die standortübergreifende Kommunikation funktioniere einfacher. »Der wöchentliche Azubi-Jour-fixe findet jetzt online statt. Das ist für alle positiv, wir können enger zusammenarbeiten.«

Anleitung und Kontrolle nötig

Bei der Einführung von mobilem Ausbilden müssen Firmen in Vorleistung gehen: Sie müssen den Azubis sowohl Hard- als auch Software zur Verfügung stellen. Die Azubis brauchen Docking Stations, VPN-Zugänge und anderes. Denn oberstes Gebot ist laut Steveling: »Die Auszubildenden müssen in demselben Maß wie im Betrieb durch den Ausbilder ordnungsgemäß angeleitet und ihre Ergebnisse kontrolliert werden.«

Sie brauchen ebenso einen Ort, an dem sie ungestört arbeiten können. Diesen Raum haben daheim nicht alle. »Manchmal gibt es keinen vernünftigen Arbeitsplatz«, sagt Bornkamp. Das IT-Unternehmen Sulzer betrachtet daher die individuelle Lernsituation zu Hause und betont: Wer ins Büro kommen möchte, darf kommen.

Mobiles Lernen am See

Die Erfahrungen aber zeigen, dass die meisten Azubis, zumindest ab und zu, von zu Hause aus lernen wollen und können. Oder am See. Oder in den Bergen. Denn mobiles Ausbilden ist nicht auf den Schreibtisch zu Hause beschränkt, es meint: arbeiten von überall aus. Schließlich wandelt sich die gesamte Arbeitswelt, bedingt durch die Digitalisierung und die veränderten Anforderungen und Bedürfnisse der jungen Generation.

Das Ergebnis zählt. Moderne Unternehmer wissen das – und fördern es.

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