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Beachtliche Bilanz

Marion Vogel ©
Setzt auf partnerschaftliche Verhandlungen – Molkereichef Bernhard Pointner

Verantwortung übernehmen, Chancen ergreifen – so steuert Bernhard Pointner die Molkerei Berchtesgadener Land auch durch schwierige Zeiten.

Von Harriet Austen, IHK-Magazin 03/2025

Gleich 2 renommierte Preise in einem Jahr – das kam selbst für die mehrfach ausgezeichneten Milchwerke Berchtesgadener Land überraschend. 2024 erhielt die Genossenschaft den Großen Preis des Deutschen Mittelstandes und – bereits zum 2. Mal – den Deutschen Nachhaltigkeitspreis. Das „liegt an unserem jahrzehntelangen Agieren im Bereich Nachhaltigkeit“, meint Geschäftsführer Bernhard Pointner und zählt gleich auf, womit der 1927 gegründete Betrieb schon Vorreiter war: Biomilch bereits in den 1970er-Jahren, Mehrweggläser, Verbot von Klärschlamm, Verzicht auf Glyphosat und grüne Gentechnik in den Futtermitteln. „Diesen Weg sind später viele Molkereien mitgegangen“, so der Unternehmer, „auch wenn sie erst skeptisch waren.“

Der Ansatz ist weiterhin erfolgreich. Dank seiner „nachhaltigen und besonnenen Strategie“, so die Jury des Deutschen Mittelstandspreises, bewältige das Unternehmen „die Multikrisen unserer Zeit“. Als sich etwa wegen des Kriegs gegen die Ukraine die Energiekrise anbahnte, schaffte Pointner 2 große Notstromaggregate an, stockte die Lagerbestände deutlich auf und gab den Landwirten entsprechende Empfehlungen.

Verantwortung für Bauern und Almen

„Die Krise kam plötzlich mit allen Konsequenzen – auch für den Konsum“: Es gab zu viel Milch bei zu geringer Nachfrage. Das Führungsteam erschloss neue Absatzmärkte und entwickelte ein rigoroses Sparprogramm – so geht es jetzt wieder aufwärts.  

Auch in Krisenzeiten die Bergbauern und ihre Almen vom Watzmann bis zur Zugspitze zu schützen, sie wertzuschätzen und ihnen faire Preise zu zahlen, das empfindet Pointner als hohe Verantwortung. „Bergbauern sind Landschaftsgärtner, sie erhalten unsere artenreiche Kulturlandschaft und liefern eine einzigartige Milch“, sagt er.

Rüstzeug aus der Autoindustrie

Pointner ist mit dem Betrieb aufgewachsen, „er war bei uns zu Hause omnipräsent“. Sein Vater Helmut Pointner leitete die Molkerei 30 Jahre lang. „Er hat eine fast insolvente Firma zu der heutigen Marke entwickelt und kräftig in Ausbau und moderne Technik investiert“, sagt der Sohn anerkennend.

Er absolvierte wie sein Vater eine Banklehre, von der er noch heute profitiert.
Auch aus einer Tätigkeit bei BMW nahm er einiges an Rüstzeug mit. Etwa, wie man eine Premiummarke inszeniert, eine durchgängige Corporate Identity entwickelt, Marktforschung betreibt oder Personal führt. „Ohne diesen Zwischenschritt hätte ich mich nicht hier um die Geschäftsführung beworben“, versichert Pointner.

Assistent des Vaters

Der studierte Betriebswirt setzte sich gegen 50 Mitbewerber durch und fing 2009 als Assistent seines Vaters an. Nach und nach arbeitete er sich in alle Bereiche ein, stellte die IT-Abteilung neu auf, war in große Bauprojekte involviert, begleitete seinen Vater zu Verhandlungen – und war 2012 fit genug für den Chefposten.

Seit 2012 Umsatz verdoppelt

Seine bisherige Bilanz ist beachtlich. Unter seiner Leitung verdoppelten sich Umsatz und Milchmenge des Marktführers bei Frischmilch, die Mitarbeiterzahl wuchs von 300 auf 520 und die Bekanntheit stieg deutlich. Vor allem haben sich Führungsstil und Unternehmenskultur verändert. Dem Molkereichef ist transparente und ehrliche Kommunikation „extrem wichtig, weil ich Menschen mag“.

Im Gespräch mit NGOs

Bei Verhandlungen mit Abnehmern verhalte er sich partnerschaftlich. Er setzt sich mit Greenpeace an einen Tisch und lädt Schulklassen, Landwirte und Partner in Molkerei oder Markenwelt ein; bei vielen Führungen ist er selbst dabei.

„Wir haben keine andere Welt“

Trotz aller Widrigkeiten zeichnet Pointner ein optimistisches Zukunftsbild. Er schöpfe dabei aus dem, was das Unternehmen verkörpere: Natur, unberührte Bergwelt, Geborgenheit, Normalität. „Wir haben keine andere Welt“, sagt er, „wir müssen diese als Chance begreifen.“

Zur Person: Bernhard Pointner

Bernhard Pointner, Jahrgang 1976, machte vor seinem BWL-Studium eine Banklehre. Nach 9 Jahren bei BMW kam er als Assistent seines Vaters zu den Milchwerken Berchtesgadener Land Chiemgau eG und trat 2012 dessen Nachfolge als geschäftsführender Vorstand der Genossenschaft an. Sie gehört 1.600 Landwirten, beschäftigt über 500 Mitarbeitende und erzielte zuletzt 350 Millionen Euro Umsatz. Pointner ist verheiratet und hat 2 Kinder.

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