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Geld für die Übernahme

Polymold ©
Finanzierung geglückt – Jonathan Welz (l.) übernahm die Firma von Josef Irion, der heute Betriebsleiter ist

Die Finanzierung des Kaufpreises ist oft eine Hürde bei einer externen Nachfolge. Beim Kunststoffteilespezialisten Polymold war eine stille Beteiligung die Lösung.
 
Von Eva Elisabeth Ernst, IHK-Magazin 09/2023

„Schon während meines Studiums war mir klar, dass ich Unternehmer werden wollte, um frei und selbstbestimmt handeln zu können“, sagt Jonathan Welz. „Nachdem ich gelesen hatte, wie viele Unternehmen aus Altersgründen zum Verkauf stehen, war ich mir sicher, dass ich gern ein bereits existierendes Unternehmen kaufen möchte.“ Ein produzierender Betrieb mit Sitz in Bayern sollte es sein. Bezüglich der Branche legte sich der Maschinenbauingenieur nicht fest.

Doch trotz intensiver Suche auf Nachfolgeportalen und -börsen, diversen Beratungsgesprächen bei Verbänden und konkreten Nachfragen bei einigen Steuerberatern wurde er nicht fündig. Einige Jahre lang fahndete Welz so nach einem passenden Betrieb – bis es plötzlich ganz schnell ging. Zwischen Erstkontakt und Kauf der Polymold GmbH & Co. KG lagen nur knapp 7 Monate.

Wunschprofil erfüllt

Welz war bei seiner Suche auch mit den Nachfolgeexperten der IHK für München und Oberbayern in Kontakt. Von dort kam schließlich Ende Mai 2021 der Hinweis, dass die beiden Gründer und Gesellschafter von Polymold ihr Unternehmen verkaufen wollten, weil es keine Nachfolger aus den Familien gab. Welz nahm sofort Kontakt auf, vereinbarte einen Besichtigungstermin in der Folgewoche und unterzeichnete ein Non-Disclosure Agreement (NDA). Damit sicherte er zu, sämtliche geschäftliche Informationen vertraulich zu behandeln. „Bereits bei der Betriebsbesichtigung zeichnete sich ab, dass Polymold genau meinem Wunschprofil entspricht“, sagt Welz.

Das 1999 gegründete Unternehmen mit Sitz im oberbayerischen Pähl ist Spezialist für anspruchsvolle Kunststoffteile und -baugruppen. Zu den Kunden zählen überwiegend mittelständische Unternehmen aus der Medizin- und Elektrotechnik, für die Polymold feinwerktechnische Präzisionsteile, aber auch Großserien fertigt. Das knapp 40-köpfige Team bietet ein Gesamtpaket aus Entwicklung, Anfertigung von Prototypen mit 3-D-Druck, Werkzeugbau, Spritzguss, automatisierter Dichtungstechnik und Veredelung durch Laserbeschriftungen.

Wertesystem und Kaufpreis passen

Für seine Entscheidung, das Unternehmen zu kaufen, waren Welz drei Punkte besonders wichtig: Die Chemie zwischen den alten Eigentümern und ihm sollte passen, nicht zuletzt im Hinblick auf ein gemeinsames Wertesystem. Darüber hinaus sollte es sich um einen profitablen, gesunden Betrieb handeln. „Und es sollten die meisten Dinge dort richtig gut gelöst sein, aber dennoch etwas Verbesserungspotenzial vorhanden sein.“ Polymold erfüllte all diese Kriterien, auch den Kaufpreis fand Welz fair.

Blieb das Thema Finanzierung – eine klassische Herausforderung bei externen Unternehmensnachfolgen. In der Regel mangele es an Eigenkapital, sagt Justus Schmidtke, Bereichsleiter Unternehmensnachfolge bei der BayBG Bayerische Beteiligungsgesellschaft mbH. Das gelte „sowohl für ein Management-Buy-in (MBI) wie bei Polymold, bei dem das Unternehmen von einem externen Kandidaten gekauft wird, als auch für ein Management-Buy-out (MBO), bei dem im Unternehmen beschäftigte Führungskräfte die Nachfolge antreten“.

Stille Beteiligungen der BayBG

Bei der Finanzierung von MBO und MBI im Mittelstand unterstützt die BayBG im Großteil der Fälle in Form einer stillen Beteiligung mit Mezzanine-Kapital. „Aus Sicht der Banken zählt dieses Mezzanine-Kapital als Eigenkapital“, erklärt Schmidtke. „Eine ausreichend hohe Eigenkapitaldecke ist wiederum Voraussetzung für die Aufnahme von Fremdkapital, etwa in Form von Bank- oder KfW-Krediten.“ Der Eigenkapitalbeitrag der BayBG beginnt ab 200.000 Euro. Grundsätzlich sind individuelle Lösungen bis zu 10 Millionen Euro möglich. „Wir setzen allerdings einen Kapitalbeitrag des Übernehmers in mindestens derselben Höhe wie das Mezzanine voraus“, sagt Schmidtke.

Vor der Entscheidung über eine Beteiligung begutachten die Experten der BayBG Ertragskraft, Wachstumspotenziale sowie Marktumfeld und Wettbewerbsposition des Unternehmens, das zum Verkauf steht. Dazu werden in der Regel die Abschlüsse der vergangenen 3 Jahre geprüft.

Welche Kriterien müssen erfüllt sein?

„Aufgrund etwaiger Verzerrungen durch die Coronajahre kann es derzeit sein, dass wir sogar noch etwas weiter zurückgehen“, erläutert Schmidtke. Aber auch die Planungen für die nächsten 3 bis 5 Jahre werden für die Beteiligungsentscheidung herangezogen. „Daraus sollte hervorgehen, dass die Ertragskraft des Unternehmens hoch genug ist, um das Mezzanine zu tragen“, so der BayBG-Bereichsleiter.

Das wichtigste Kriterium für die Entscheidung bildet laut Schmidtke jedoch die Kompetenz des zukünftigen Managements: Ermöglichen die formalen Qualifikationen des zukünftigen Unternehmers oder der Unternehmerin eine erfolgreiche Weiterführung der Firma? Stimmt die Motivation? Glaubt er oder sie an den Erfolg? „Bei einem MBO kennt der Nachfolger das Unternehmen ja bereits. Das Risiko bei einem MBI ist daher höher“, sagt der BayBG-Experte.

Schnelle Finanzierungszusagen

Die Strukturierung der Finanzierung und die Aufbereitung der Informationen für die BayBG und seine neue Hausbank, die Stadtsparkasse München, empfand Polymold-Käufer Welz als eine nicht zu unterschätzende Herausforderung während des Übernahmeprozesses. Gelöst hat er sie offenbar schnell und kompetent. Denn binnen weniger Monate war die Finanzierung über die stille Beteiligung plus Darlehen von KfW und LfA Förderbank Bayern geregelt. Im Dezember 2021 erfolgte die notarielle Beurkundung des Unternehmenskaufs.

Fließender Übergang

„Danach haben die beiden ehemaligen Eigentümer und ich die Mitarbeitenden informiert“, erinnert sich Welz. Zunächst reservierte er viel Zeit für persönliche Gespräche mit jedem einzelnen Teammitglied. An ihnen nahm auch Josef Irion, einer der beiden Unternehmensgründer, teil. Während sich sein Kompagnon in den Ruhestand verabschiedete, ist Irion nach wie vor als Angestellter im Unternehmen tätig.

„Für einen guten Übergang war es mir wichtig, dass einer der beiden Gründer noch einige Zeit im Unternehmen bleibt“, sagt der neue Firmenchef Welz. Und obwohl Ukraine-Krieg und Energiekrise unerwartete Hürden waren, ist er mit seiner Entscheidung fürs Unternehmertum höchst zufrieden. Jetzt plant er einen Neubau, um die Fertigung künftig noch effizienter zu gestalten.    

IHK-Service zur Unternehmensnachfolge

Weitere Informationen rund um die Unternehmensnachfolge gibt es
•    auf der IHK-Website
•    sowie auf der Website der IHK Nachfolgebörse

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