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Gute Gründe fürs Büro

Serviceplan ©
Raum für Begegnung – House of Communication der Agenturgruppe Serviceplan

Ein modernes Jobumfeld verbessert die Zusammenarbeit, spart Kosten und motiviert selbst Homeoffice-Fans zur Rückkehr ins Büro. Doch mit neuen Möbeln allein ist es nicht getan.

Von Eva Elisabeth Ernst, IHK-Magazin 07-08/2023

Das Atrium ist beeindruckend: gewaltig hoch, mit einer meterlangen Couch in Orange, einem frei zugänglichen Café und einer breiten Treppe, die ins Obergeschoss führt und auf der an einer Seite Sitzgelegenheiten angebracht sind. Bereits nach wenigen Schritten in das neue „House of Communication“ der Serviceplan Group wird deutlich, dass es sich hier nicht um ein klassisches Bürogebäude handelt.

Die offene Architektur soll die integrierte Arbeitsweise zwischen allen Bereichen der Agenturgruppe verstärken und zugleich das flexible Arbeiten unterstützen. Ob es um den informellen Austausch geht – Serviceplan spricht hier von „Socializing“ –, um hybride Präsentationen, das gemeinsame Arbeiten („Kollaboration“) oder konzentrierte Alleinarbeit: In den drei Gebäuden, die durch einen breiten Gang in der ersten Etage verbunden sind, gibt es für jede Aktivität den idealen Ort mit der passenden Ausstattung.

Zusammen sein – und arbeiten

In der Cafeteria im Erdgeschoss des mittleren Gebäudes wird an einer sehr langen Tafel gemeinsam gegessen. Eine Tischtennisplatte lädt zu einer kleinen Sporteinheit ein. Weitere Kaffeebars, Terrassen und Loggien finden sich in allen Bereichen. Ein Highlight ist die große Dachterrasse mit Alpenblick, auf der bei schönem Wetter Yogakurse für die Mitarbeitenden stattfinden. Insgesamt 40.000 Quadratmeter umfasst das House of Communication in München.

Spaces und Services bieten

„Das Gebäude ist genau richtig dimensioniert. Weil wir nur so viele Arbeitsplätze haben, wie wir auch wirklich brauchen, ist es so groß wie nötig und so klein wie möglich – das war im Sinne der Nachhaltigkeit ein zentraler Punkt bei der Bauplanung“, sagt Karin Maria Schertler, Chief People & Culture Officer der Serviceplan Group. Ein Teil der Flächen im dritten Gebäudeteil, dem sogenannten überlab, wird vermietet. „Mit ihm eröffnen wir auch Externen modernste Büroflächen sowie eine Vielfalt an Spaces und Services. Damit stellen wir eine optimale Ausnutzung unserer Flächen sicher“, sagt Schertler.  

Weltweit unterhält die Serviceplan Group, nach eigenen Angaben Europas größte inhabergeführte Agenturgruppe, 23 Standorte. Rund 1.750 der insgesamt 5.500 Mitarbeitenden sind in München beschäftigt. In Absprache mit ihren Teams können sie täglich bestimmen, ob sie im Büro, zu Hause oder an einem anderen Ort arbeiten möchten. Lediglich Remote Work im Ausland muss mit der Personalabteilung abgestimmt werden.

Teams kommen unkompliziert zusammen

Seit dem Einzug im Juli 2022 kommen die Münchner Mitarbeitenden im Schnitt an 3 Tagen die Woche ins House of Communication. Vor dem Umzug fiel die Präsenz im Büro – natürlich auch bedingt durch Corona – deutlich geringer aus. „Diese Entwicklung freut uns sehr“, sagt Schertler. „Wir sehen einen klaren Trend zur Intensivierung der Zusammenarbeit: Teams kommen unkompliziert zusammen und suchen sich die genau passenden Arbeitsorte für ihre Aufgaben. Es wird viel gemeinsam gelacht. Das ist richtig schön zu beobachten.“

„Grund genug, sich mit Räumen zu beschäftigen“

Dass die Räume eines Unternehmens Kreativität, Kommunikation und letztlich auch Betriebsklima und Produktivität sowohl positiv als auch negativ beeinflussen, betont Tobias Burkhardt (47).

Das allein sollte für jeden Unternehmer bereits Grund genug sein, sich mit seinen Räumen zu beschäftigen. „Doch seit Corona haben wir zudem eine komplett andere Situation: Durch das hybride Arbeiten, das wir mittlerweile gewohnt sind, ergeben sich ganz neue Anforderungen an Büros“, so der Gründer und Geschäftsführer der SHIFTSCHOOL GmbH. Sie begleitet  Unternehmen und Führungskräfte bei ihren Transformationsprojekten, um den vor uns liegenden digitalen, ökologischen und gesellschaftlichen Wandel zu gestalten. „Da braucht man als Arbeitnehmer gute Gründe, um wieder ins Büro zu kommen – und einer davon sind schöne Räume.“

Live besser als virtuell

Burkhardt sieht Büros mittlerweile weniger als klassische Arbeitsorte, sondern eher als Orte der Begegnung. „Denn Zusammenarbeit, Kommunikation, Abstimmungsprozesse, Kreatives: All das funktioniert live grundsätzlich besser als virtuell.“

„Hausschuh-Kommunikation“

Die SHIFTSCHOOL zog Anfang 2022 in eine über 100 Jahre alte ehemalige Werkstatt im Herzen Fürths und gestaltete dort mit Vintage-Möbeln und viel Liebe zum Detail ein Wohlfühlambiente. „Unser Studio 21 ist Rückzugsort, Wohnzimmer, Zukunftswerkstatt, Produktionsstudio und Informationsquelle in einem“, schwärmt Burkhardt. Besucher müssen sogar die Schuhe ausziehen und in Filzpantoffeln schlüpfen. „Das spart Reinigungskosten. Wichtiger ist uns aber, dass Menschen in Hausschuhen offener miteinander umgehen und die anderen eher als Person wahrnehmen.“

Einrichtung soll Unternehmenswerte spiegeln

Patentrezepte, wie zeitgemäße Büros auszusehen haben, die neue Formen der Arbeit fördern, gibt es für Burkhardt nicht. „Das ist von Unternehmen zu Unternehmen verschieden – und hängt auch nicht nur vom Budget ab.“ Er rät Unternehmern, sich zunächst zu fragen, welche Werte ihr Unternehmensdomizil widerspiegeln, wie sich die eigene Organisation entwickeln soll und welche Funktionen die einzelnen Räume künftig erfüllen müssen – und sich erst danach mit Grundrissen, Wandfarben und der Auswahl neuer Einrichtungsgegenstände zu beschäftigen.

Selbst den aktuellen Trend zu Großraumbüros sollte man laut Burkhardt kritisch betrachten: „Es gibt nicht den einen Weg zu einem attraktiven Büro, es gibt kein generelles Richtig oder Falsch.“

„Zukunft der Arbeit ist hybrid“

Auch Samir Ayoub (50) empfiehlt Unternehmern, bei der Gestaltung ihrer Büros ihre eigene Interpretation zu entwickeln und damit die Kultur und die Geschichte der Firma erlebbar zu machen.In Zeiten des Fachkräftemangels und einer hohen Wechselbereitschaft, gerade bei den 30- bis 40-Jährigen, sei es besonders wichtig, sich jenseits des alten Trotts über eine „New-Office-Strategie“ Gedanken zu machen, so der geschäftsführende Gesellschafter der designfunktion Gruppe, die sich auf Beratung, Planung und Einrichtung von Büros und Wohnwelten spezialisiert  hat.

„Das stiftet Identität und sorgt auch dafür, dass die Mitarbeitenden gern wieder ins Büro kommen. Während der Coronajahre haben die Menschen schließlich gelernt, dass man auch anderswo arbeiten kann.“ Ein Zurück zum alten Normal werde es nicht geben. „Die Zukunft der Arbeit ist hybrid.“

„Gut moderierte Partizipation“

Wenn Mitarbeitende jedoch nicht mehr den Großteil ihrer Arbeitszeit am Schreibtisch im Unternehmen verbringen, kann man sich durchaus Gedanken über eine effizientere Raumnutzung machen. Ayoub rät zum Multispace-Büro, das für alle im Unternehmen stattfindenden Tätigkeiten den richtigen Raum und Arbeitsplatz zur Verfügung stellt.

Das bedeutet grundsätzlich auch das Ende fest zugewiesener Arbeitsplätze und Büros – was viele Mitarbeitende als extreme Veränderung empfinden dürften. „Ein bewusst gestalteter Transformationsprozess mit gut moderierter Partizipation der Mitarbeitenden ist in diesem Fall besonders wichtig“, sagt Ayoub.

Mitarbeitende an Raumgestaltung beteiligen

Wie eine Studie von designfunktion und Fraunhofer IAO zu „ausgewählten Erfolgsfaktoren für eine wirksame Gestaltung von Büro- und Arbeitswelten“ ergab, ist die Nutzungsintensität der Räume in Unternehmen, die ihre Mitarbeitenden an der Gestaltung beteiligten, signifikant höher. So werde auch verhindert, dass am Bedarf vorbeigeplant wird, sagt Ayoub.

Sinnvoll ab etwa 5 Mitarbeitenden

Er hält es für jede Firma mit mehr als 5 Mitarbeitenden für sinnvoll, sich Gedanken über die Organisation und Gestaltung ihrer Büros zu machen. „Das sorgt nicht nur dafür, dass moderne Arbeitsformen unterstützt werden, sondern kann auch dazu beitragen, die Mietkosten zu senken – und ist zudem nachhaltig.“ Denn rund 40 Prozent des CO2-Fußabdrucks, so Ayoub weiter, entfallen auf die Bau- und Immobilienwirtschaft. „Für eine enkeltaugliche Welt ist es daher sinnvoll, wenn kein Quadratmeter Bürofläche zu viel gebaut und angemietet wird.“

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