Auf Effizienz getrimmt

Der schwierigen Lage ihrer Branche begegnet Nicole Schindelar, Chefin der Schindelar Center Autoverwertung, mit einem harten Sparplan und tiefgreifender Umstrukturierung.
Von Harriet Austen, IHK-Magazin 05-06/2025
„Ich hatte kein BWL-Studium, keine Einarbeitung, keine Hilfen, keine Erfahrung, als ich beschloss, die Firma nach dem plötzlichen Tod meines Vaters weiterzuführen“, sagt Nicole Schindelar. Als sie 2014 ins Familienunternehmen kam, war sie erst 27. Dass sie es schaffte, die Firma zu retten, ist ihrem außerordentlichen Familiensinn und Durchhaltevermögen zu verdanken. Heute führt sie die Schindelar Center Autoverwertung GmbH Süd souverän und hat sämtliche Weichen für die Zukunft gestellt.
Die Geschäftsführung ist ihr Traumjob, ihre Identität. Hatte sie anfangs keine Ahnung von der Branche, erklärt sie heute routiniert die Autoverwertung – von der Anlieferung eines Schrottautos über das Aussortieren und den Verkauf brauchbarer Teile bis hin zum Pressen der Karosserie und dem Abholen des Restmetalls durch die Stahlindustrie.
„Prinzessin“ vom Schrottplatz
Ihre Identität, das ist ein Schrottplatz für Autos, der Handel mit Gebraucht- und Neuteilen in einem 30.000 Produkte umfassenden Onlineshop (60 bis 70 Prozent Umsatzanteil) sowie Dienstleistungen wie Reifenservice, Werkstatt und Autohandel. Mit dieser Firma wuchs sie auf, „das war völlig normal für mich“.
Als sie als Jugendliche den Führerschein hatte, durfte sie Schrottauto auf Schrottauto fahren, um zu lernen, welche Schäden schon bei einer Geschwindigkeit von 10 Stundenkilometern entstehen. „Seitdem habe ich einen Heidenrespekt vor dem Straßenverkehr und hochmotorisierten Autos“, sagt die modeaffine junge Frau, die sich auf Instagram die „Schrottplatzprinzessin“ nennt.
Einstieg in schwierigen Zeiten
Eigentlich hatte sie etwas ganz anderes vor im Leben. Sie wollte Tennisprofi werden und später Kommunikationsdesign studieren. Als ihr Vater, dem sie sehr nahestand, 2013 plötzlich verstarb, blieb aus der Familie nur sie als potenzielle Nachfolgerin übrig.
Sie übernahm einen Betrieb, der in finanziellen Schwierigkeiten steckte, keine zukunftsfähige Strategie hatte und im Grunde stillstand. „Schlimm war die Führungslosigkeit am Anfang, ich war ja ganz allein“, erinnert sie sich. Immer wieder tauchte die Frage auf: Kann und darf sie das überhaupt?
Akribische Einarbeitung
Schon um es allen zu zeigen, packte sie an, investierte geerbtes Geld, verzichtete anfangs auf ein Gehalt und arbeitete sich mithilfe von IHK-Kursen in die Unternehmensführung ein. Sie musste sich zudem in einer ausgesprochenen Männerwelt durchsetzen.
Nicht alle Mitarbeiter vertrauten ihr anfangs; einige, die nicht ins Team passten, musste sie entlassen. Es brauchte eine Zeit, bis sich Nicole Schindelar komplett eingearbeitet hatte. Deshalb war sie zunächst in der Firma angestellt, bis sie 2018 fit für die Geschäftsführung war und alle Firmenanteile bei ihr lagen.
Weg vom Schrottimage
Schindelar meisterte die kritische Lage des Unternehmens, indem sie radikal Gebäude und Anlagen modernisieren ließ, um die Firma weg vom Schrottimage zu führen. „Ich habe erst in der Krise verstanden, was es heißt, Geschäftsführerin zu sein und Verantwortung zu übernehmen“, sagt sie. Das Geschäft lief in der Folge gut, in Deutschland zählt ihr Autoverwertungshof zu den 5 Top-Unternehmen der Branche.
Corona jedoch führte zu einem Einbruch. Die aktuellen Krisen gehen ebenfalls mit beträchtlichen Umsatzeinbußen einher: weniger Schrottautos für die Verwertung, fehlende Teile für den Handel, weniger Nachfrage durch die Stahlindustrie. Kapazitäten besitzt Schindelar für 10.000 Fahrzeuge, verschrottet werden derzeit lediglich 2.000 pro Jahr.
Am Puls der Zeit durch Recycling
Ein Schrottplatz nach dem anderen gibt auf, in München habe Schindelar praktisch keine Konkurrenz mehr. Was ihr zu schaffen macht: „Eigentlich sind wir mit dem umweltgerechten, nachhaltigen und zertifizierten Autorecycling am Puls der Zeit.“ Trotzdem bleiben staatliche Unterstützung und Investoren aus.
Die Unternehmerin reagiert konsequent: Das 30 Jahre alte EDV-System wurde erneuert, alle Arbeitsprozesse durchleuchtet und gemeinsam mit den Mitarbeitern so komprimiert und optimiert, dass der Personaleinsatz effektiver abläuft. „In einem harten Sparplan“ wurde jede Kostenstelle analysiert, reduziert, optimiert oder abgeschafft – auch ein Personalabbau war unvermeidlich.
Extras gestrichen
Zudem vermietete sie rund 2.000 Quadratmeter des gepachteten Geländes, um zusätzliche Einnahmen zu generieren. „Leider gehören auch sämtliche Extras wie Firmenwagen der Vergangenheit an“, sagt Schindelar.
Mit Partner in die Zukunft
Für die Zukunft ist sie optimistisch. „Wir haben alle Hausaufgaben auf der betriebswirtschaftlichen Seite gemacht, jetzt gilt es, den Wettlauf gegen die Zeit zu gewinnen.“ Eine Entlastung zeichnet sich bereits ab: Schindelar ist auf der Suche nach einem Partner – am besten aus der Recyclingbranche.
Zur Person: Nicole Schindelar
Nicole Schindelar studierte Kommunikationsdesign in England und Spanien und gründete 2014 in München eine kleine Werbeagentur. Gleichzeitig übernahm sie nach dem plötzlichen Tod ihres Vaters die Schindelar Center Autoverwertung GmbH Süd. Seit 2018 ist sie in 3. Generation Geschäftsführerin des 1960 gegründeten Familienbetriebs mit 40 Mitarbeitenden. Nicole Schindelar hat 2 Kinder.