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Spontan, ohne Drehbuch

Wolf Heider-Sawall ©
„Ich versuche in allem, was ich mache, authentisch und flexibel zu sein.“ Barry Werkmeister, Inhaber MediaVents

Barry Werkmeister bewegt sich seit mehr als 30 Jahren im TV-Business. Dabei lebt der Produzent und „wiesn.tv“-Moderator sein Improvisationstalent aus.

Von Sebastian Schulke, IHK-Magazin 10/2025

Am Rande von München. Ein Brunnen plätschert, Vögel zwitschern. 2 große Buddhafiguren stehen auf einer Terrasse, sie starren in der Hitze des Tages vor sich hin. Daneben sitzt Barry Werkmeister im Schatten, er hat es sich in einem Stuhl gemütlich gemacht. Sein Hund Peppi schaut den TV-Moderator und -Produzenten von Formaten wie „Die Zeit läuft“ und „wiesn.tv“ erwartungsvoll an. „Es gibt jetzt nichts zu fressen“, sagt Werkmeister und schüttelt den Kopf. Werkmeister genießt die Ruhe hier draußen in Brunnthal.

München ist ihm zu groß und zu laut. Und Rummel hat er auch so schon mehr als genug, wenn er als TV-Moderator durch die Straßen von München rennt, wildfremde Menschen anspricht und ihnen einen Reisegutschein anbietet – etwa eine Woche nach Ägypten, Ibiza, Mauritius oder auf die Malediven. Zudem ist er seit mehr als 30 Jahren auf dem Oktoberfest mit dem Mikrofon in der Hand im Dauereinsatz – auch für das TV-Flirt-Format „Fangamandl“.

Kuppler auf der Wiesn

„Da suche ich vermittlungsfreudige Menschen. So manche Wiesn-Pärchen haben dabei schon den Bund fürs Leben geschlossen“, sagt Werkmeister. „Ich mag das, spontan und ohne Drehbuch – einfach starten und schauen, was passiert. Da entstehen die seltsamsten Situationen, man trifft auf die unterschiedlichsten Menschen und muss dabei vor allem improvisieren können.“ Das kann der Münchner sehr gut.

Ein kurzer Blick zurück: Die ersten 3 Jahre seines Lebens verbrachte Barry Werkmeister (Jahrgang 1962) in Grünwald, dann ging es nach Schweinfurt. Sein Vater arbeitete dort als Leiter eines Jugendzentrums. 7 Jahre später war seine Familie zurück in München.

„Ich musste früh auf eigenen Beinen stehen“, erinnert er sich, „habe bereits mit 12 Jahren mein eigenes Geld verdient, indem ich bei einem Kasperltheater die Tickets kontrolliert und nach der Vorführung die Bänke geputzt habe.“

Ein Bauchladen voller Gartenzwerge

Nach der Schule begann er eine Lehre als Schreiner, schloss diese erfolgreich ab. Allerdings: „Ich hatte einen grauenvollen Lehrmeister und wollte in dem Betrieb nicht weiterarbeiten“, sagt Werkmeister. „Ich wollte einfach nur raus und die Welt kennenlernen.“

Ohne Geld war das recht schwierig. Und so zog er mit 18 zwar zu Hause aus, blieb jedoch in München und schlug sich mit Gelegenheitsjobs durch – als Skilehrer, Verkäufer in einem Sportgeschäft oder auf der Internationalen Gartenbauausstellung IGA 1983 in der bayerischen Hauptstadt. „Ich hatte damals kaum noch einen Pfennig“, sagt Werkmeister, „und habe gesehen, wie Leute mit Bauchläden über die IGA laufen und Gartenzwerge verkaufen. Das kann ich auch, habe ich mir gesagt.“

Eigene Firma, eigene TV-Formate

Barry Werkmeister verkaufte nicht nur Gartenzwerge. „Als das Wetter einmal sehr grau und regnerisch war, sind die meisten Verkäufer gegangen. Ich kannte einen Lieferanten und habe mir von ihm Dutzende Regencapes und Regenschirme besorgt, diese in einen Einkaufswagen gepackt und auf der IGA mit großem Gewinn verkauft“, erzählt er. „Da habe ich gemerkt, dass ich gut improvisieren und organisieren kann.“

Werkmeister begann, für einen Veranstaltungsservice und für Videoproduktionen in München zu arbeiten, sorgte bei internationalen Kongressen und Seminaren dafür, dass alles rundläuft. 1988 machte er sich schließlich selbstständig und gründete sein eigenes Unternehmen: MediaVents e.K. in Brunnthal. Bis heute kreiert und produziert er mit seinem Team und mittlerweile auch mit Sohn Alessandro Werkmeister (21) vor allem eigene TV-Formate. Dazu gehören ebenfalls Image- und Werbefilme.

Tiefergelegte Produktion immer einsatzbereit

Auf der Terrasse starren die beiden Buddhafiguren in der sommerlichen Hitze unverändert vor sich hin. Werkmeister steht auf, sein Hund Peppi folgt ihm. Eine Etage tiefer, im ausgebauten Keller, befindet sich das Produktionsstudio von MediaVents. Es gibt ein Lager mit umfangreicher Ausrüstung, dazu 2 Schnittplätze und das Büro für seine Mitarbeiter. Der Projekt- und Vertriebsleiter telefoniert gerade. Die Mediengestalterin sitzt im Schnitt, bearbeitet eine Sendung.

„Das ist sehr praktisch, alles ist direkt vor Ort. Es gibt keine langen Wege. Wir sind immer einsatzbereit“, meint Werkmeister und lächelt. „Alessandro ist gerade in Salzburg, macht ein Praktikum bei Servus TV. Er hat ein Super-Auge, ist für uns hinter wie vor der Kamera im Einsatz und kennt sich mit Social Media und dem Internet bestens aus. So bleiben wir immer in Bewegung, entstehen neue Ideen und Formate.“

Neugierde als Dauerantrieb

Bewegung ist Werkmeister sehr wichtig. „Es lief nicht immer rund. Es gab auch schwere Zeiten“, gibt er zu. Genau dann sei es umso wichtiger, dass man sich für nichts zu schade ist. Gerade als alleinerziehender Papa. Und so habe er auch schon für den Homeshopping-Sender HSE gearbeitet.

Anfang der 1990er-Jahre war er sogar einmal Prinz der Münchner Faschingsgesellschaft Narrhalla. „Ich versuche in allem, was ich mache, authentisch und flexibel zu sein. Ich bin neugierig und probiere mich aus. Das hat mir bislang immer sehr geholfen – und hat viel bewegt“, meint Werkmeister.

Reporterkarriere nach bestandener Feuertaufe

Wie 1992, als er von einer Redakteurin des lokalen Senders TV Weiß-Blau in München gefragt wurde, ob er nicht mal als Moderator für eine Quizsendung vor der Kamera stehen möchte. Er müsse auch nicht viel machen und sagen. Werkmeister probierte es aus. Der Sender war zufrieden. Kurz darauf gehörte Werkmeister zum Reporterteam bei „wiesn.TV“.

„Meine Aufgabe bestand damals darin, nicht mit den Promis und VIPs auf dem Oktoberfest zu reden, sondern mit den ganz normalen Menschen“, erklärt er, „also mit der Toilettendame, dem Breznverkäufer und den Besuchern aus aller Welt.“ Das kam und kommt gut an seit mehr als 30 Jahren.

Genauso wie das TV-Format „Die Zeit läuft“, das seit 1995 Teil des Programms ist. Das Konzept dazu habe Werkmeister damals bei einem „launigen Mittagessen“ in einem Restaurant auf eine Serviette gekritzelt.

„Nicht mehr so dynamisch und unkompliziert“

Heute sei das Ganze nicht mehr so dynamisch und unkompliziert, findet er. Die Menschen seien anders drauf und nicht mehr so spontan – auch deren Erwartungen seien gestiegen. Dazu kommen komplizierte Vorschriften und Behörden. „Früher konnten wir den Gewinner oder die Gewinnerin einer Reise problemlos bis ins Flugzeug mit dem gesamten Kamerateam begleiten – oder durften direkt in deren Wohnung“, so Werkmeister.

„Heute gibt es unglaublich viele Auflagen und Dokumente, die vorab geklärt und unterschrieben werden müssen.“ Zudem würden Smartphones, Social Media und KI viel Verunsicherung in die Gesellschaft bringen. „Das merken wir. Doch wir kommen damit klar, bewegen uns entsprechend.“

Durchatmen zwischen Olivenbäumen

Und wie sieht Werkmeisters Leben fernab der Fernsehbühne aus? „Nicht wirklich spektakulär. Ich brauche nicht viel, bin ein ganz normaler Mensch“, lautet seine Antwort. Er habe zudem das Glück, dass er sich im Lauf der Zeit und Arbeit einen Traum erfüllen konnte – in Form eines eigenen kleinen Bauernhauses mit Olivenplantage auf Sardinien. Da könne er noch mehr Ruhe und Kraft tanken als in Brunnthal.

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