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Ehrensache Ehrenamt

Andreas Gebert ©
Ernsthafte Mitgestaltung, aber auch viel Spaß – wie hier beim IHK-Jahresempfang – ermöglicht das IHK-Ehrenamt

Wer sich in der IHK ehrenamtlich engagiert, arbeitet an den Rahmenbedingungen für die Wirtschaft mit. Das fordert – und macht Freude.
 
Von Gabriele Lüke, IHK-Magazin 11-12/2024

Sich persönlich und unternehmerisch bereichert fühlen, gemeinsam etwas bewegen und Spaß haben. Wenn Unternehmerinnen und Unternehmer gefragt werden, warum sie sich ehrenamtlich in der IHK engagieren, fallen diese Gründe zuerst. Dann gehen die Befragten ins Detail: Sie schätzen die vielen betriebspraktischen Impulse, den Blick über den Tellerrand in andere Unternehmen und Branchen.

Sie loben das vielfältige Netzwerk und den Austausch. Sie freuen sich über die frühzeitigen Informationen zu neuen wirtschaftspolitischen oder gesetzlichen Entwicklungen. Und sehen nicht zuletzt die reale Chance, regional und sogar bundes- und europaweit die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft mitzugestalten.

Ohne Ehrenamt – keine IHK

„Wir übernehmen Verantwortung für den Standort, profitieren aber auch individuell – Ehrenamt ist Ehrensache“, sagt Denise Amrhein, Geschäftsführerin der Fuchsbräu Hotel GmbH in Beilngries, Mitglied im Regionalausschuss Eichstätt und Vorsitzende des Fachausschusses Tourismus.

Manfred Gößl, Hauptgeschäftsführer der IHK für München und Oberbayern, erklärt: „Ohne Ehrenamt keine IHK. Eine IHK lebt vom und durch das Ehrenamt. Das Ehrenamt macht unsere Identität, unsere Expertise und Stärke aus.“ Die besondere Bedeutung des Ehrenamts entsteht aus dem Auftrag zur Gesamtinteressenvertretung, die das IHK-Gesetz den IHKs vorgibt. Demnach muss eine IHK alle Unternehmen ihres Kammerbezirks – in München und Oberbayern sind das rund 410.0000 – gleichermaßen vertreten. Das geht eben nur, wenn die Unternehmerschaft auch strukturell eingebunden ist: über das Ehrenamt.

Vollversammlung, Ausschüsse, Prüfungen

Otto Heinz, Geschäftsführer der HEINZ Entsorgung GmbH & Co. KG in Moosburg, Mitglied im Präsidium und der Vollversammlung, Vorsitzender des Regionalausschusses Erding - Freising und Sprecher aller Regionalausschussvorsitzenden, betont: „Wir Unternehmen bestimmen den Kurs der IHK. Das ist Fakt. Dabei nehmen wir die Gesamtinteressenvertretung sehr ernst, leben sie, bündeln die Interessen über Branchen und Unternehmensgrößen hinaus.“

Verschiedene Gremien bieten sich dafür an: Da ist zunächst das wichtigste Organ, die Vollversammlung, das Parlament der Wirtschaft. Sie wird von den IHK-Mitgliedern alle fünf Jahre gewählt und trifft alle grundlegenden Entscheidungen: vom Mitgliedsbeitrag bis zu den wirtschaftspolitischen Positionen. Zudem gibt es die ebenfalls gewählten Regionalausschüsse und die von der Vollversammlung berufenen Fachausschüsse sowie Arbeitskreise.

Rund 12.000 Engagierte

Zusammen sind in diesen Gremien aktuell weit mehr als 1.000 Personen im ehrenamtlichen Einsatz. Hinzu kommen zirka 1.000 Wirtschaftsjunioren und rund 10.000 Prüferinnen und Prüfer.

„Wir haben in München und Oberbayern das Ehrenamt in den vergangenen Jahren weiter ausgebaut und gestärkt.“ Das gilt für die Fachausschüsse, insbesondere aber auch für die gesamten oberbayerischen Regionen: Sie sind inzwischen durch 20 Regionalausschüsse vertreten“, betont Elke Christian, Bereichsleiterin Ehrenamt, Region, Politik.

Mit Kompetenz und Herzblut

Manfred Gößl ergänzt: „Wir sind sehr stolz, dass so viele Menschen ehrenamtlich für uns aktiv sind – mit großem Engagement, Kompetenz und Herzblut. Denn ein Ehrenamt bedeutet zugleich ja auch Arbeit, kostet Zeit. Und bei uns gibt es lediglich ein minimales Entgelt für die Prüfer. Für die Mitglieder von Vollversammlung und Ausschüssen hingegen gibt es keine Aufwandsentschädigung oder Kostenerstattung. Ehrenamt pur also!“

Alles, was das Ehrenamt erarbeitet und beschließt, dient neben der betrieblichen Stärkung der Unternehmen vor allem – im Sinne der Gesamtinteressenvertretung – der Politikberatung. „Wir pflegen einen intensiven Austausch mit der Politik. Unsere Beschlüsse und Positionen gehen stets sofort an alle relevanten politischen Entscheidungsträger“, betont Gößl.

Ehrenamt sorgt für den 360-Grad-Blick

„Dabei gibt die umfangreiche Ehrenamtsstruktur unserer Arbeit und unseren Positionen eine enorme Tiefe, Differenziertheit und Kompetenz. Wir haben den 360-Grad-Blick mit praxis- und lösungsorientiertem Fokus.“

Ein wichtiges Pfund ist zudem, „dass Vollversammlung und Regionalausschüsse basisdemokratisch gewählt und legitimiert sind, und wir im gesetzlichen Auftrag alle gewerblichen Unternehmen in Oberbayern vertreten“.

Einfluss auf allen Ebenen

Andreas Seifinger, Geschäftsführer der INNSALZACH-MEDIA GmbH in Mühldorf und Mitglied im Regionalausschuss Altötting - Mühldorf, ergänzt: „All das macht uns gegenüber der Politik und Verwaltung, aber auch innerhalb der Wirtschaft sehr glaubwürdig. Man hört uns zu und nimmt unsere Vorschläge auf.“ Auf allen Ebenen: in Städten, Gemeinden und im Freistaat – hier hat die IHK für München und Oberbayern als sogenannte Vor-Ort-Kammer zudem die Funktion, alle neun bayerischen IHKs, die im Bayerischen Industrie- und Handelskammertag (BIHK) zusammenarbeiten, gegenüber der Landespolitik zu vertreten –, außerdem über die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) in Berlin und Brüssel.

„Kompetenz, die übergreifende Vernetzung – all das macht die IHK-Organisation zu einem idealen Hebel. Wobei das gewählte Ehrenamt nach außen repräsentiert“, betont Katja Lindo Roever, Geschäftsführerin des Tagungs- und Eventhotels LA VILLA am Starnberger See in Niederpöcking, Vorsitzende des Regionalausschusses Starnberg, Mitglied der Vollversammlung und des Fachausschusses Unternehmerinnen.

Highlights der Mitwirkung

Welche Anstöße das Ehrenamt in die Politik, aber auch in die Unternehmerschaft tragen konnte? „Das reicht von betriebspraktischen Lösungen bis hin zu grundlegenden Transformationsprozessen; insbesondere zu gesetzlichen Vorhaben bringen wir uns ein“, sagt Bereichsleiterin Christian. Eine Auswahl individueller Highlights:

Branche zukunftsfähig gemacht

„Wir haben über den IHK-Tourismusausschuss gemeinsam mit dem DEHOGA Bayern und dem Tourismusverband Oberbayern München die jährliche Gipfelveranstaltung Tourismusforum Oberbayern initiiert und viele Impulse in die Branche gespielt“, freut sich etwa Hotelchefin Amrhein. Kultur- und Medienunternehmer Seifinger führt die Website kreativ-inn-salzach.de an. „Sie ist unter Mitwirkung eines Arbeitskreises des Regionalausschusses entstanden. Hier präsentieren und vernetzen sich Kreativschaffende der Region.“

Sichtbarkeit und Diversität gefördert

Katja Lindo Roever nennt den Unternehmerinnenausschuss: „Diversität ist so wichtig für die Wirtschaft. Unser Ausschuss setzt hierfür ein Zeichen, macht Unternehmerinnen sichtbarer und stärker.“

Paradigmenwechsel angestoßen

Und Otto Heinz hebt die Positionen zu mehr Nachhaltigkeit in der Wirtschaft hervor: „Damit haben wir einen echten Paradigmenwechsel angestoßen, der die Unternehmen zwar Kraft kostet, aber auch zukunftsfähig macht.“ Hauptgeschäftsführer Gößl ergänzt die bayerischen Coronahilfen. „In enger Absprache mit dem Ehrenamt haben wir die Staatsregierung von ihrer Notwendigkeit überzeugt, und sie hat uns dann sogar mit der Abwicklung für ganz Bayern betraut.“

Offener Kommunikationsprozess

Dabei wird natürlich nicht jede IHK-Ehrenamtsinitiative zum Erfolg. Oder es braucht länger, bis das Ergebnis steht. „Wir hatten im Regionalausschuss Erding - Freising eine ausgewogene Pro-Position für eine 3. Startbahn am Münchener Flughafen formuliert. Aber die Startbahn kam politisch bisher nicht durch“, sagt Heinz.

Er findet es trotzdem eine wichtige Erfahrung und einen Lernerfolg: „Wir hatten einen sehr guten, offenen Kommunikationsprozess untereinander und mit allen externen Beteiligten inklusive vieler Umweltinitiativen – ein Vorbild für politische Meinungsbildungsprozesse.“

Unterstützung durch das Hauptamt

Solcherlei Beispiele zeigt zugleich, wie die IHK-Ehrenamtsarbeit praktisch funktioniert. „Egal, ob im Fach- oder Regionalausschuss: Wir sammeln Themen, priorisieren sie, diskutieren, wägen das Gesamtinteresse ab, lernen, entwickeln uns und die IHK inhaltlich weiter“, erzählt Amrhein. „Auch im Austausch mit externen Experten oder NGOs, in Kooperation mit anderen Kammern, Verbänden, Wirtschaftsförderern, Städten und Gemeinden“, ergänzt Lindo Roever.

Daraus werden dann vor allem Positionen, die in die Politik getragen werden. Dabei werden abweichende Einschätzungen nicht einfach ignoriert, sondern ebenfalls dokumentiert. „Das Hauptamt unterstützt uns in diesem Prozess enorm, bereitet die Sitzungen und die Positionen oder auch passende Broschüren, Veranstaltungen, Webinfos, Studien stets optimal vor“, betont Seifinger. Gößl ergänzt: „Und wenn wir als Hauptamt kurzfristig auf eine politische Anfrage reagieren müssen, ohne schon einen spruchreifen Beschluss zu haben, stimmen wir uns auch mal sehr kurzfristig telefonisch mit Ehrenamtsvertretern ab.“

Kein Mangel an zukünftigen Aufgaben

Zu tun gibt es fürs Ehrenamt auch weiterhin genug: Arbeitskräftemangel, Bürokratieabbau, Digitalisierung, Mobilität, Energiewende und Nachhaltigkeit – diese ganz großen Themen beschäftigen auch Oberbayern. Und dann noch die spezifisch regionalen Themen. Auch hier eine individuelle Auswahl: „In unserer Region hängt besonders viel an der Automobil- und Bauindustrie, wir denken im Regionalausschuss Eichstätt daher intensiv über den konkreten Strukturwandel hier vor Ort nach“, sagt Amrhein.

Von Bürokratie bis Verkehr

Seifinger wünscht sich einen zügigen zweigleisigen Ausbau der Schienenstrecke München-Mühldorf-Freilassing. „Nur wenn wir verkehrstechnisch gut angebunden sind, sind wir auch attraktiv für Fachkräfte, Gründer, den Tourismus.“ Lindo Roever bringt sich ein für mehr Wohnraum und eine bessere Gesundheitsstruktur in Starnberg. Und Heinz denkt vor allem an die Ausbildung: „Wir brauchen hier insbesondere auch mehr Prüfer und Prüferinnen.“

Persönliche Motive on top

Wirkung und Mitgestaltung sind das eine – es gibt aber auch noch die ganz persönlichen Motive, warum das IHK-Ehrenamt für so viele Menschen Ehrensache ist.

Etwas zurückgeben

Die Unternehmerinnen Lindo Roever und Amrhein sind quasi erblich vorbelastet: Schon ihre Familien waren in der IHK aktiv, das habe sie geprägt. Hinzu kommen weitere Gründe. Für Lindo Roever ist das IHK-Ehrenamt eine Möglichkeit, etwas zurückzugeben: „Ich habe in meinem Leben viel Gutes erfahren. Und da ich aus der Wirtschaft komme, gebe ich es – neben Organisationen, die positiven gesellschaftlichen Wandel fördern und Schwächeren helfen – am besten eben auch in die Wirtschaft zurück. Eine erfolgreiche Wirtschaft ist mitentscheidend für das Wohl einer Gesellschaft.“

Freundschaften schließen

Bei Amrhein sind es die Begegnungen: „Ich lerne über das Ehrenamt bei den gemeinsamen Sitzungen, aber auch bei Unternehmensbesuchen, Veranstaltungen, Wirtschaftsempfängen immer wieder wunderbare Menschen kennen. Es sind Freundschaften entstanden.“

Input und Impulse nutzen

Seifinger, der zuvor bei den Wirtschaftsjunioren war, lobt das Networking. „Der direkte Austausch ist großartig, ich profitiere vom Blick hinter die Kulissen, in andere Unternehmen und Branchen, bekomme dabei viel Input und neue Ideen.“

Demokratie fördern

Heinz schlitterte förmlich ins Ehrenamt, als er vor vielen Jahren als Gast in den Regionalausschuss eingeladen war. „Ich merkte schnell, ich kann etwas bewegen.“ Inzwischen leitet ihn noch ein weiteres Motiv: „IHK-Arbeit ist der unternehmerische Beitrag zur Demokratie. Und neben Wachstum und guten Rahmenbedingungen brauchen wir eine stabile Demokratie aktuell am meisten.“

IHK-Info rund ums Ehrenamt

Dieser Artikel ist ein Auszug aus dem IHK-Sonderheft zum Ehrenamt „Pack ma’s gemeinsam #IHKEhrensache“. Das Heft zeigt, wie sich  Unternehmerinnen und Unternehmer ehrenamtlich für die IHK engagieren: die Rahmenbedingungen der Wirtschaft mitgestalten, in Vollversammlung und Ausschüssen mitwirken, geschäftlich wie persönlich profitieren. Hier gibt es das PDF des ganzen Hefts.

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