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Spezialist für sehende Maschinen

Thorsten Jochim ©
Übernahm das Unternehmen vom Vater – Andreas Franz mit einer industriellen 3-D-Kamera von Framos

Framos bietet nicht nur gefragte Lösungen für die Bildverarbeitung. Das Unternehmen ist auch ein Beispiel dafür, wie die Neuausrichtung nach dem Generationswechsel gelingt.

Eva Elisabeth Ernst, Ausgabe 10/20

Binnen zwölf Jahren vom familiär geführten Familienunternehmen zu einem international orientierten Spezialisten für Bildverarbeitung mit agiler Führungskultur: Nicht nur die Märkte und Technologien, auf die sich die Framos GmbH in Taufkirchen bei München konzentriert, haben sich rapide verändert, sondern auch das Unternehmen selbst. Initiator und Treiber des Wandels bei Framos ist Andreas Franz, der 2008 seinen Vater Bernd an der Firmenspitze abgelöst hat.

Der Wunsch, Projekte zu Ende zu bringen

Zuvor war der promovierte Wirtschaftswissenschaftler als Berater bei McKinsey tätig. »Ich fand das sehr spannend, aber nach vier Jahren in der Beratung hatte ich das Bedürfnis, Projekte nicht nur zu identifizieren und anzustoßen, sondern auch zu Ende zu bringen.«

Dem damals 32-Jährigen wurde immer mehr bewusst, dass er lieber ein Leben als Unternehmer führen wollte. An Framos, damals noch ein Großhändler für Komponenten zur Bildverarbeitung, dachte er dabei zunächst eher nicht. Auszeit zum Nachdenken »Zu diesem taktisch klug gewählten Zeitpunkt fragte mich mein Vater, wie es mit seinem Unternehmen weitergehen sollte«, erinnert sich Franz. Er nahm sich eine viermonatige Auszeit bei seinem Arbeitgeber, um in Ruhe über seine berufliche Zukunft nachzudenken. Framos war erfolgreich und auch die Technologie fand er spannend. »Andererseits handelte es sich um ein 27 Jahre altes Unternehmen mit 15 Mitarbeitern und jahrelang eingespielten Abläufen.«

Zu zweit gangbaren Weg gefunden

Da es jedoch auch eine gute Plattform für die technologische und strategische Weiterentwicklung bot, entschied er sich zum Einstieg. Andreas Franz ist stolz darauf, dass der Generationswechsel aus Sicht von Mitarbeitern, Kunden und Technologiepartnern nahezu reibungslos über die Bühne ging: »Doch dahinter lief ein längerer Prozess zwischen meinem Vater und mir ab«, sagt er. »Auch wenn er mich immer unterstützt und an mich geglaubt hat, verlief die Zusammenarbeit verständlicherweise nicht ohne Reibungen und Diskussionen.«

Nicht zuletzt durch eine intensive Auseinandersetzung mit der Vater-Sohn-Beziehung gelang es, einen Weg zu finden, der sowohl für den Gründer und langjährigen Unternehmer als auch für den wissenschaftlich und von der Unternehmensberatung geprägten Nachfolger gangbar war. »Doch selbst mit Unterstützung eines Mediators hat das einige Zeit in Anspruch genommen«, sagt Franz.

Kombination persönlicher Ansätze als Erfolgsrezept

Rückblickend sieht er jedoch die Kombination beider Ansätze als Erfolgsrezept für das stetig wachsende Geschäft: »Die starke unternehmerische und marktorientierte DNA des Gründers, ergänzt um eine vorausschauende Neuausrichtung für eine globale Skalierung und die Erhöhung des Wertbeitrags mit eigenen Lösungen und Services.«

Ausbau des Produktportfolios

Seit der Übernahme investierte Andreas Franz in das interne technische Know-how, gründete eine Entwicklungsabteilung und baute das Produktportfolio aus. »Wir beraten unsere Kunden, welche Bildverarbeitungstechnologie für ihre Anwendung geeignet ist, und unterstützen sie bei der Auswahl passender Komponenten, entwickeln aber auch für sie maßgeschneiderte Lösungen.« Zu den Framos-Kunden zählen Maschinen- und Anlagenbauer sowie Medizintechnik- und Automobilhersteller.

Die Technologien kommen zudem in Forschung, Logistik und in Mobilitätslösungen, etwa der Verkehrsüberwachung und -steuerung, zum Einsatz. 60 Prozent des Umsatzes erwirtschaftet das Unternehmen in Europa, Russland und der Türkei, 30 Prozent in Nordamerika und die letzten zehn Prozent überwiegend in Asien. Die Exportquote liegt bei 70 Prozent, der Umsatz 2019 bei 50 Millionen Euro. Von den rund 140 Mitarbeitern, die Framos mittlerweile beschäftigt, arbeiten lediglich 50 am Stammsitz in Taufkirchen. Die übrigen sind rund um den Erdball verstreut. Sie stammen aus 17 verschiedenen Nationen und werden von einem zehnköpfigen Managementteam geleitet. »Das sind die Menschen, die unsere Werte leben und das Unternehmen voranbringen«, sagt Franz.

Regelmäßige, virtuelle Abstimmrunden

Einmal wöchentlich stimmt er sich per Videomeeting mit ihnen ab. Dabei wird vor allem über Themen gesprochen, die die Unternehmensentwicklung fördern. Diese Ziele und Projekte werden wiederum in den sogenannten Retreats verabschiedet: Alle drei Monate zieht sich das Managementteam für zwei Tage zurück, um die Strategien auf konkrete Ziele und Aktivitäten herunterzubrechen. »Dadurch schaffen wir es, uns nicht vom Tagesgeschäft überrennen zu lassen und an zwei bis drei priorisierten Zukunftsthemen dranzubleiben«, erklärt Franz.

»Ich investiere in Leute, an die ich glaube.«

Sein persönliches Ziel ist es, Framos langfristig unabhängig von seiner Person zu entwickeln. Das werde zwar manchmal als Führungsschwäche ausgelegt. »Doch ich investiere in Leute, an die ich glaube, und gebe ihnen größtmöglichen Entscheidungsspielraum.« Dabei lässt sich Franz seit Jahren von einem Business Coach begleiten, mit dem er sich regelmäßig austauscht.

Virtuelle Zusammenarbeit gewohnt

In der Coronakrise hat es sich als Vorteil erwiesen, dass das Team es gewohnt ist, virtuell zusammenzuarbeiten. Natürlich ging auch Framos durch die Produktionsunterbrechungen Umsatz verloren. Doch noch während sich die Situation in Nordamerika verschlechterte, startete die Produktion in China bereits wieder. »Als weltweit aktives Unternehmen traf uns der Lockdown daher nicht mit voller Härte«, sagt Franz. »Die nächsten sechs bis zwölf Monate werden zwar dennoch schwierig für uns.« Aber danach werde Framos davon profitieren, wenn Unternehmen künftig intensiver digitalisieren und automatisieren, glaubt der Unternehmer. »Denn Bildverarbeitung ist schließlich das Auge von Digitalisierung und Industrie 4.0.«

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