„Kosten im Griff“

Rid in Weilheim ist das älteste Kaufhausunternehmen Deutschlands. Die Gründerfamilie Lipp wappnet sich nach den harten Coronajahren für die nächsten Herausforderungen.
Von Eva Elisabeth Ernst, IHK-Magazin 07-08/2023
Von Konsumzurückhaltung ist in den Häusern der Kaufhaus Rid GmbH derzeit nichts zu spüren: „Die Geschäfte laufen ordentlich“, sagt Geschäftsführer Florian Lipp mit kaufmannstypischem Understatement. „Das Umsatzniveau von 2019, dem letzten Geschäftsjahr vor den Einschränkungen durch die Coronapandemie, erreichen wir zwar nicht ganz“, sagt der Unternehmer, „aber wir liegen nicht weit darunter.“ Und 2019 sei ein durchaus gutes Jahr gewesen. Nicht ganz so glänzend fallen dagegen die Kundenfrequenzen aus: Die seien in den Innenstädten und damit auch in den Geschäften aller drei Standorte deutlich zurückgegangen.
Das Stammhaus befindet sich in Weilheim, wo sich Florian Lipps Urururgroßvater Ludwig Rid 1840 mit einer Weberei für Loden und Leinen selbstständig machte. Das dazugehörige Ladengeschäft entwickelte sich zu einem klassischen Kaufhaus mit rund 2.000 Quadratmetern Verkaufsfläche, auf der heute Haushaltswaren, Heimtextilien, Spielzeug, Schreibwaren sowie Koffer und Taschen angeboten werden. Den Sortimentsschwerpunkt bilden Herren- und vor allem Damenmode inklusive Wäsche, Strümpfen und Accessoires.
In Bad Tölz bietet die „Rid Modewelt“ fast ausschließlich Bekleidung – wie in Penzberg. Jüngere Zielgruppen spricht Rid dort mit dem Fachgeschäft „Trendwerk“ an. Ein weiteres Haus in Penzberg mit klassischem Kaufhaussortiment sowie ein zweites Fachgeschäft mit Trendmode in Weilheim wurden dieses Jahr geschlossen – aus wirtschaftlichen Gründen, so Lipp.
Kosten empfindlich gestiegen
Nach seinem Betriebswirtschaftsstudium in St. Gallen und einigen Jahren als Berater bei der BBE Handelsberatung stieg Lipp 2005 als Geschäftsführer ins Familienunternehmen ein. Dass die aktuell hohe Inflation bislang nicht zu einer drastischen Konsumzurückhaltung geführt hat, freut ihn natürlich. Mit Sorge betrachtet Lipp jedoch die Kostensteigerungen: „Die spüren wir vor allem bei der Energie, aber auch bei anderen Positionen, wie etwa Handwerkerleistungen.“
Noch federe die Strompreisbremse einiges ab. „Aber danach wird es schwierig.“ An entspanntes Aufatmen nach den anstrengenden Pandemiemonaten ist derzeit also nicht zu denken.
Lokale Kundenbedürfnisse befriedigen
„Die Lockdowns und Restriktionen haben uns wirtschaftlich richtig wehgetan“, sagt Lipp. „Vor allem die extrem kurzfristig wechselnden Auflagen, die wir erfüllen mussten, waren der reinste Horror.“ Grundsätzlich schätze er jedoch die Gestaltungsspielräume, die Kaufhäuser bieten. „Es gibt sehr viele Möglichkeiten, auf die lokalen Kundenbedürfnisse einzugehen, indem man Sortimente erweitert, verkleinert oder neu ausrichtet.“
Ein Beispiel: die Haushaltswarenabteilung im Stammhaus. Nachdem in den vergangenen Jahren in Weilheim zwei Haushaltswarenfachgeschäfte geschlossen hatten, baute Florian Lipp dieses Segment stark aus. Auf die lokale Marktsituation stellt sich das Unternehmen ebenfalls flexibel ein. Denn obwohl Weilheim, Penzberg und Bad Tölz ähnlich große Städte sind, unterscheiden sich das jeweilige Einkaufsverhalten und die Kundenpräferenzen deutlich. Dass sein Unternehmen nach wie vor ein kleineres Fachgeschäft für Trendmode betreibt, ist für Florian Lipp keineswegs eine Abkehr vom Glauben an das Kaufhaus.
Hohe Flächenproduktivität
„Das Trendwerk ist eine gute Gelegenheit, attraktive Flächen zu bespielen“, erläutert der Unternehmer. Die Rentabilität sei in etwa so hoch wie in den größeren Häusern. Wobei auch dort die Verkaufsflächen nicht wirklich überdimensioniert sind. „Das ist auch gar nicht unbedingt nötig. Der Kunde erwartet kompetente Fachabteilungen mit einer gewissen Auswahl, aber nicht sämtliche Varianten eines Produkts“, ist Lipp überzeugt. „So genügen zum Beispiel bei Nudelhebern drei verschiedene Produkte. Wer ein ganz besonderes Modell will, sucht und kauft ohnehin online.“ Die Flächenproduktivität in den Häusern sei daher hoch. „Wir haben unsere Kosten im Griff und blähen unsere Sortimente nicht unnötig auf“, sagt Lipp.
Mitarbeiter als Insta-Models
Beim Marketing setzt die Kaufhaus Rid GmbH mehr und mehr auf Instagram, Facebook und künftig auch TikTok. Für die Posts modeln Mitarbeitende auf Straßen und Plätzen der jeweiligen Standorte und zeigen neue Artikel. „Das ist authentisch, das Lokalkolorit kommt gut an“, so Lipp. Seit September gibt es zudem die Rid-App, die bisher mehr als 8.000-mal heruntergeladen wurde. Sie bietet wie eine Kundenkarte Rabattgutscheine, Einladungen zu Modenschauen sowie für alle Einkäufe einen Bonus, der zweimal jährlich gutgeschrieben wird. Klassische Werbung wie Anzeigen und Beilagen wurde dagegen deutlich reduziert.
„Onlineshop digitales Schaufenster“
Der Trend zur Digitalisierung erstreckt sich allerdings nicht auf das Kerngeschäft. Zwar unterhält das Unternehmen einen Onlineshop, der in der Coronazeit binnen 10 Tagen ans Netz ging. „Doch damit erwirtschaften wir weniger als ein Prozent unseres Umsatzes“, sagt Unternehmer Lipp. „Unseren Onlineshop sehen wir vor allem als digitales Schaufenster und Marketinginstrument.“
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