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Ein Zoo ist nie fertig

Foto: Marion Vogel ©
»Natur, Tiere, Nachhaltigkeit, Kreativität« – im Zoo komme alles zusammen, was er immer machen wollte, sagt Rasem Baban, Chef des Münchner Tierparks

Eine außergewöhnliche Managementaufgabe: Mit einem umfangreichen Masterplan treibt Rasem Baban, Direktor des Tierparks Hellabrunn, den Aus- und Umbau des Münchner Zoos zügig voran.

Harriet Austen Ausgabe 04/20

Es raschelt und röhrt, fiept und flattert – Rasem Baban hat als Vorstand der Münchener Tierpark Hellabrunn AG nicht nur einen einzigartigen Arbeitsplatz. Er wohnt auch im Zoo. Wenn er täglich quer durch den Tierpark geht, ist das eine Art Betriebsrundgang: Baban achtet darauf, wie die Besucher – und dabei hauptsächlich die Kinder – die Tiere wahrnehmen und wie diese sich zeigen. »Wir müssen immer eine Gratwanderung realisieren«, sagt der 53-Jährige. Die Besucher wollen die Tiere betrachten und sich erholen. Baban möchte auch etwas über die Tiere erzählen: Warum halten wir sie, warum sind sie bedroht, was sind die Ursachen, was kann ich als Besucher dagegen unternehmen? »Die Tiere, die wir in unsere Obhut nehmen, sind Botschafter ihrer Artgenossen, die draußen ums Überleben kämpfen«, sagt Baban. Den Zoo versteht er auch als Ort der Aufklärung und des Lernens. »Aber nicht mit erhobenem Zeigefinger«, wie er betont. Einen Tierpark zu führen ist eine besondere und vielseitige Managementaufgabe – in zoologischer, kaufmännischer und bautechnischer Hinsicht. Auf 40 Hektar beherbergt Hellabrunn über 18000 Tiere aus 740 Arten. 2018 erwirtschaftete der Zoo bei 2,6 Millionen Besuchern 16 Millionen Euro Umsatz. Hauptaktionär des gemeinnützigen Unternehmens ist die Landeshauptstadt München. »Ich muss die richtigen Entscheidungen treffen, um den Zoo zukunftsfähig zu machen«, sagt Baban. Er ist seit August 2014 Direktor des Münchner Zoos. Seitdem treibt er die Neuausrichtung mit Nachdruck voran. Im Vordergrund steht der Bildungsauftrag des »Kompetenzzentrums Tierpark«, das edukative Konzept ließ er komplett überarbeiten. »Früher lief das eher akademisch und trocken ab, heute verbinden wir die Tiere mit unseren Hauptthemen Umweltschutz, Naturschutz, Artenschutz und Biodiversität«, sagt er. Für eine zeitgemäße Kommunikation nutzt der Zoo moderne, interaktive Technik, soziale Medien und Einrichtungen wie das Artenschutzzentrum oder das 2018 eröffnete Mühlendorf, das die heimische Tierwelt zeigt und »mit dem wir Neuland betreten«, so Baban. Hier wird das Essund Konsumverhalten mit dem Artenschutz in enge Verbindung gebracht. »Umwelt, Klima und Natur liegen voll im Trend, die Sensibilität ist enorm gestiegen«, freut sich der Tierparkchef.

Vom Architekt zum Tierparkchef

Baban ist als Zoodirektor ein Quereinsteiger. Der studierte Architekt arbeitete zunächst als Projektleiter bei großen Baukonzernen und ging dann in die Unternehmensberatung. Als er auf eine Anzeige des Leipziger Zoos stieß, der einen technischen Leiter suchte, bewarb er sich spontan. »Da kam alles zusammen, was ich immer schon machen wollte: Natur, Tiere, Nachhaltigkeit, Kreativität«, erklärt Baban diese Entscheidung. Er blieb zwölf Jahre und arbeitete vor allem an der Riesentropenhalle Gondwanaland mit. Mit einem breiten Erfahrungsschatz ausgerüstet – »ich wusste, wie man große Projekte plant und umsetzt« –, kam er 2014 nach München, um den Tierpark zu leiten, den er als »Gartendenkmal mit viel Potenzial und 1000 Möglichkeiten« sieht. Baban hält Fachvorträge, lehrt an der Ludwig-Maximilians-Universität Zoomanagement und -planung und ist in der Weltzoogemeinschaft gut vernetzt. »Wir müssen zusammenarbeiten, weil sonst der Artenschutz nicht funktioniert«, betont Baban. Der 1911 gegründete Münchner Tierpark zählt zu den renommiertesten Zoos Europas. Seit 1928 leben hier die Tiere nach Kontinenten geordnet. Dieses Geozoo-Prinzip – Hellabrunn war damit der Erste weltweit – will Baban wieder stringent verfolgen. Zur Veranschaulichung legt er ein DIN-A3-großes, farbig gestaltetes Buch mit 147 Seiten auf den Schreibtisch: der Masterplan, der seine Visionen für den Aus- und Umbau enthält. »Hier definieren wir die Geozonen neu und grenzen sie scharf voneinander ab«, erklärt er. Die Umsetzung erfolgt in mehreren Modulen, die ein großer Projektplan an der Wand veranschaulicht. Zahlreiche Tiergehege wie das Elefantenhaus, die Menschenaffen-Anlagen und die Polarwelt wurden bereits erneuert, umgebaut und saniert, die Löwenanlage ist Ende dieses Jahres an der Reihe. Der Masterplan enthält auch ein Nachhaltigkeitskonzept, »denn wenn wir ständig von Umwelt-, Natur- und Artenschutz reden, müssen wir Vorreiter sein und selbst auch nachhaltig wirtschaften«, so Baban. Die Landeshauptstadt München unterstützt als Hauptaktionär den Tierpark tatkräftig bei der Umsetzung; weitere Mittel kommen von Stiftungen und Partnern. Der Masterplan hat eine Laufzeit von 20 bis 25 Jahren. »Und 2040 fangen wir wieder von vorne an, ein Zoo ist nie fertig und entwickelt sich ständig weiter«, sagt der CEO von Hellabrunn lachend.

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