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Die Gastro-Einkleider

Thorsten Jochim ©
Individualität als Stärke – Firmenchefin Ingeborg Weishäupl

Von der Flachsweberei zum Spezialisten für Berufsbekleidung. Wie es dem Münchner Traditionsunternehmen Weishäupl gelingt, in der umkämpften Textilbranche im Geschäft zu bleiben.

NINA GUT, Ausgabe 10/2022

Mit den Dirndln vom »Hendl-Jahn« fing alles an. Der Großgastronom Friedrich Jahn ließ die Trachten für seine berühmten Wienerwald-Restaurants bei der Firma Wilhelm Weishäupl in München schneidern. Viele weitere Aufträge aus der Gastronomie folgten.

Vor 50 Jahren dann der große Coup. Hans Peter Weishäupl las im Handelsregister den Eintrag einer neuen, in Deutschland noch unbekannten Firma namens »McDonald’s« – und rief dort einfach an. Seither liefert Weishäupl die Kleidung für die Mitarbeiter der Fast-Food-Kette, nicht nur in Deutschland.

Beginn vor 190 Jahren als Flachsweberei

Wilhelm Weishäupl hat sich längst als Spezialist für Berufsbekleidung etabliert. Angefangen hat das Unternehmen vor 190 Jahren als Flachsweberei. Michael Weishäupl gründete sie 1832 in Tittling in Niederbayern. Mit der Eröffnung eines Kaufhauses für Textilien und Kurzwaren 1911 baute sein Sohn Wilhelm das Unternehmen weiter aus und wurde zum Namensgeber der Firma.

»Made by Weishäupl« in München

1925 wagten die Weishäupls den Sprung nach München. In der Schwanthalerstraße, wo damals viele Grossisten ansässig waren, ist bis heute der Firmensitz. Das Unternehmen kaufte andere Firmen zu, Stoffhändler, Textilhändler. In den 1930er-Jahren war Weishäupl der größte Lieferant für Klöster. Der Schwerpunkt hat sich längst verlagert. Heute tragen vor allem viele Beschäftigte in der Gastronomie – darunter namhafte Firmen wie Dallmayr und Käfer –, in Hotellerie, Industrie und im Handel exklusive Berufsbekleidung »made by Weishäupl«.

Was nicht passt, wird passend gemacht

»Unsere Stärke liegt ganz klar in der individuellen Kleidung«, sagt Firmenchefin Ingeborg Weishäupl. Für die Gastronomie etwa werden passgenaue Teile entworfen, Shirts, Schürzen, Barkeeper-Outfits – ganz nach den Vorstellungen der Kunden. Kleine und große Stückzahlen, auch Sonderanfertigungen gehören dazu. Bei McDonald’s zum Beispiel gibt es oft ganz kleine und ganz große Größen. Was nicht passt, wird passend gemacht. »Perfekter Service, Zuverlässigkeit, gute Qualität, Schnelligkeit«, so fasst die Firmeninhaberin die Erfolgsfaktoren der Marke Weishäupl zusammen. »Außerdem haben wir eine sehr gute Designerin. So versuchen wir, uns von der Konkurrenz abzuheben.«

Allerdings könne man in Deutschland nicht mehr nähen, weil die Kosten hier viel zu hoch seien, sagt sie mit Bedauern. Die Produktion ging nach Osteuropa, nach Albanien, in die Ukraine und schließlich nach Asien.

»DiTex« für Kreislaufwirtschaft

Auch Innovationen sind wichtig. So beteiligt sich Weishäupl am Projekt »DiTex«, das von der Bundesregierung gefördert wird und das sich mit der Kreislaufwirtschaft in der Textilproduktion befasst. Vielen Kunden kann der Betrieb bereits Materialien aus recyceltem Polyester anbieten.

Polyester aus Plastikmüll aus dem Meer

Aus Plastikflaschen und -müll aus dem Meer werden Polyestergarne gefertigt. So werden 70 Prozent an Energie, 75 Prozent an CO2 und sogar 86 Prozent an Wasser gegenüber der Herstellung konventioneller Polyestergarne eingespart. Allein im vergangenen Jahr verarbeitete das Unternehmen acht Millionen Plastikflaschen und sparte dabei 600 000 Kilogramm CO2 , sieben Millionen Liter Wasser und acht Millionen Megajoule Energie ein, erklärt Weishäupl-Prokurist Florian Kamm.

Die Coronapandemie bedeutete für das Unternehmen große Umsatzeinbußen, schließlich stand bei vielen Kunden aus der Gastronomie das Geschäft nahezu still. Weishäupl schickte in dieser Zeit einige der rund 50 Mitarbeiter (ohne Produktion) ins Homeoffice.

Viel Kundenbesuch in der Schwanthalerstraße

Aber das ist für die Chefin keine dauerhafte Option: »Homeoffice eignet sich meiner Meinung nach eher in der Kommunikationsbranche. Ich möchte schon, dass die Leute da sind.« Schließlich gibt es bei Wilhelm Weishäupl auch viel Kundenbesuch.

Dies ist auch ein Grund dafür, dass das Münchner Traditionsunternehmen seinem Stammsitz in der Schwanthalerstraße treu geblieben ist. Mehrmals gab es den Gedanken, den Sitz aus der City zu verlagern. Weishäupl ist froh, dass sie diese Idee nicht umgesetzt haben. Die zentrale Adresse nahe am Hauptbahnhof sei sehr praktisch für die Kunden. »Ich mag das Viertel«, sagt Weishäupl. Das Quartier sei jetzt multikulti, es gebe ein gutes Zusammenleben.

Wer Arbeitskleidung hört, der denkt meist zuerst an Engelbert Strauss. »Das ist ein tolles Unternehmen, Hut ab«, sagt Ingeborg Weishäupl. Kaum ein Handwerker, den sie nicht in einer Strauss-Hose sieht. Der Marke sei auch noch ein besonderer Schachzug gelungen: »Sie haben die Kinder gekriegt.« Als Konkurrenz sieht sie sich nicht. »Nein«, winkt Ingeborg Weishäupl ab, »das ist Goliath gegen eine Ameise.« Weishäupl sei bodenständig geblieben. »Wir sind dankbar, dass wir ein mittelständisches Unternehmen mit Tradition sind und unsere Steuern hier zahlen.«

 »Ich hab halt gepasst«

Die Firmenchefin kam ins Unternehmen, als sie 1983 Hans Peter Weishäupl heiratete. Im Geschäft war er fürs Administrative zuständig, sie kümmerte sich um die Kunden. »Das war eine Win-win-Situation«, sagt Weishäupl. Sie brachte vieles mit, was man fürs Geschäft braucht. Sie hatte Französisch studiert und konnte gut mit ausländischen Kunden kommunizieren. Sie hatte sich zudem bereits selbst mit Textilien für den Einrichtungshandel selbstständig gemacht. Und als Münchner Wirtstochter hatte sie auch noch Ahnung von der Gastronomie. Ihre Eltern betrieben einst das Hofbräuhaus. »Ich hab halt gepasst«, sagt sie.

Weishäupl soll Familienbetrieb bleiben

Die Firmenchefin möchte das Unternehmen weiter ausbauen und arbeitet auch am Generationswechsel. Die Nachfolge an der Firmenspitze ist im Aufbau. Das Unternehmen soll auf keinen Fall verkauft werden, sondern ein Familienbetrieb bleiben. Und dafür hat sie schon jemanden im Blick. Wer das ist, verrät sie allerdings nicht. Da dürfen alle noch ein bisschen gespannt sein.

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