Fachkräfte

Weiterbildung: Mit frischem Wissen durchstarten

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Weiterbildung motiviert Mitarbeiter besonders - dass zeigt sich auch später im Betrieb

Engagierte Fachkräfte, die sich weiterbilden, sind ein Gewinn für jeden Arbeitgeber. Firmenchefs sollten daher fortbildungswillige Mitarbeiter unterstützen. Förderprogramme helfen dabei.

Eva Müller-Tauber, Ausgabe 02/2020

Wer im Leben aufhört zu lernen, hat schon verloren. Berufliche Bildung endet nie.« Aus dem Mund eines 25-Jährigen mag eine solche Aussage im ersten Moment etwas ungewöhnlich klingen. Doch ein Blick auf Sebastian Schleichers bisherigen Lebenslauf verrät: Der gebürtige Münchner meint, was er sagt, und handelt danach: Abitur, Ausbildung zum Hotelfachmann im Luxushotel Schloss Elmau, bester Abschluss an der Berufsschule Garmisch-Partenkirchen, von 2016 bis 2019 duales Studium BWL-Foodmanagement an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) in Heilbronn und bei der Feinkost Käfer AG in München. Während des Studiums absolvierte Schleicher zudem ein Auslandssemester in Südafrika sowie eine Summerschool in China. »Das Studium hat mir für meine derzeitige Position beim Partyservice von Käfer, wo ich unseren Geschäftskunden organisatorisch wie geschmacklich perfekte Events bieten will, enorm viel gebracht«, resümiert Schleicher, »sowohl hinsichtlich der Zusammenhänge der internen Abläufe im Unternehmen als auch in Bezug auf mein Verständnis für jede einzelne Warengruppe und die verschiedenen Lebensmittel.«

Ab Oktober 2020 beginnt er nun einen dualen Master-Studiengang General Management mit Schwerpunkt Vertrieb am Heilbronner DHBW Center of Advanced Studies (CAS). Dass dies machbar und mit seiner Berufstätigkeit vereinbar ist, hat Schleicher neben seiner Zielstrebigkeit vor allem zwei Faktoren zu verdanken: zum einen der großzügigen Förderung durch das Weiterbildungsstipendium, »das mir zusammen mit meinem Gehalt die nötigen finanziellen Spielräume für meine Weiterbildungen verschafft«; zum anderen seinem Arbeitgeber. »Uns liegt natürlich daran, engagierte Mitarbeiter dabei zu unterstützen, sich weiterzuqualifizieren«, sagt Schleichers Chef Gerald Barth, Geschäftsführer der Käfer Service GmbH. Schließlich profitiere das Unternehmen direkt von den erworbenen Kenntnissen. »Wenn heute ein Mitarbeiter auf uns zukommt, weil er sich weiterbilden will, und dafür Sonderurlaub oder finanzielle Hilfe braucht oder im Ausland Erfahrungen sammeln möchte, machen wir das zu 95 Prozent möglich.« Vor zehn Jahren noch war Barth skeptischer gegenüber Weiterbildungen. »Schließlich fehlen uns die Fachkräfte in dieser Zeit im operativen Geschäft, und ich war auch nicht immer sicher, ob sich die Investition in eine solche Weiterbildung lohnt und die Mitarbeiter danach unserem Unternehmen treu bleiben.« Inzwischen hat die Erfahrung den 43-Jährigen eines Besseren belehrt: »Wer aus einer Fortbildung zurück ins Unternehmen kommt, ist in der Regel noch motivierter und gibt Vollgas«, so seine Erkenntnis. »Das ist eine Kopfgeschichte, das hat mit Wertschätzung der Mitarbeiter zu tun. Deshalb muss die Initiative vom Unternehmen ausgehen, es muss Weiterbildungen fördern – erst recht in Zeiten, da gute Fachkräfte rar gesät sind.« Viele Firmenchefs sind offensichtlich ähnlicher Ansicht wie Barth. Laut der jüngsten Weiterbildungserhebung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln bilden rund 85 Prozent der Betriebe hierzulande ihre Belegschaft fort. Mittel zur Verfügung stehen  »Gemäß der Weiterbildungserfolgsstudie des DIHK ist der Anteil der Personen, die solche Förderungen in Anspruch genommen haben, seit 1997 bundesweit von 62 Prozent auf 83 Prozent gestiegen«, sagt IHK-Weiterbildungsexpertin Nicole Bestler. Sie ist bei der IHK für München und Oberbayern Ansprechpartnerin für das Weiterbildungsstipendium und für die Vergabe der Mittel zuständig, die den einzelnen Kammern entsprechend ihrer Prüflingszahlen über das Bundesbildungsministerium und die Stiftung Begabtenförderung berufliche Bildung zugeteilt werden. »Mehr als 4900 junge Fachkräfte wurden seit 1991 durch die IHK für München und Oberbayern in das Förderprogramm aufgenommen. Bis Ende 2019 wurden an diese deutlich über 15,5 Millionen Euro für ihre berufliche Weiterbildung ausgezahlt«, so Bestler. Sie rät Unternehmern, solche Förderangebote unter den Mitarbeitern publik zu machen. »Es lohnt sich, zumal in diesem Jahr der Förderhöchstbetrag beim Weiterbildungsstipendium um 900 Euro auf 8100 Euro erhöht wurde.«

»Ich wusste, dass unser Unternehmen Mitarbeiter unterstützt, die sich weiterbilden wollen.« Theresa Fritz, Industriefachwirtin bei Hirschvogel Umformtechnik

Auch Theresa Fritz war bis Ende 2019 eine der Weiterbildungsstipendiatinnen. Nach ihrer Ausbildung zur Industriekauffrau bei der Hirschvogel Umformtechnik GmbH in Denklingen wollte sie sich nebenberuflich über eine Aufstiegsfortbildung zur Industriefachwirtin weiterqualifizieren. »Ich wusste von meiner Ausbilderin sowie von Kollegen, dass ich aufgrund meines Notenschnitts in meiner Ausbildungsprüfung über die Begabtenförderung berufliche Bildung Finanzmittel beantragen kann und dass unser Unternehmen Mitarbeiter unterstützt, die sich weiterbilden wollen, etwa mit Sonderurlaubstagen.« Außerdem gab ihr die Firma einen finanziellen Zuschuss.

Stipendium verteilt

Vor Kurzem ist die frischgebackene Industriefachwirtin, die auch einen Ausbilderschein gemacht hat und sich in ihrem Bereich um den Nachwuchs kümmert, aufgestiegen: Die einstige Einkaufsachbearbeiterin arbeitet nun im strategischen Einkauf. Da sie das Stipendium über drei Jahre verteilt für diverse Fortbildungen nutzen kann, hat die 25-Jährige eine zusätzliche Weiterbildung angehängt: Noch bis mindestens Mitte 2020 läuft ihre nebenberufliche Aufstiegsfortbildung zur Betriebswirtin. »Ich habe mir gesagt: Das mach ich jetzt noch für mich.« Den größten Teil der Kosten kann Fritz über das Stipendium abdecken. Ihr Arbeitgeber unterstützt sie weiterhin dabei. »Gerade in Zeiten der schnellen Veränderungen können Unternehmen, die ihre Mitarbeiter nicht auf den aktuellen Wissensstand bringen, schnell den Anschluss verlieren und gegenüber dem Wettbewerb zurückfallen«, betont Oliver Hahn (54), Leiter Talent Management bei der Hirschvogel Holding GmbH. »Wir haben daher hohes Interesse daran, dass Mitarbeiter sich kontinuierlich weiterqualifizieren.«

Weiterbildung – welche Förderungen gibt es?

Wer sich weiterbildet, kann oft mit finanzieller Unterstützung rechnen – ausgewählte Programme im Überblick:

Weiterbildungsstipendium

Gedacht für berufliche Talente unter 25 Jahren ohne Hochschulabschluss nach der beruflichen Ausbildung, hilft das Programm bei der Finanzierung von fachlichen und fachübergreifenden Weiterbildungen. Unter bestimmten Voraussetzungen ist auch ein berufsbegleitendes Studium möglich. Voraussetzung ist in der Regel ein Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einem Gesamtergebnis von mindestens 87 Punkten beziehungsweise der Durchschnittsnote 1,9 oder besser. Die Förderung beträgt maximal 8100 Euro, verteilt auf drei Jahre. Bewerbungsschluss: jeweils der 28./29. Februar eines Jahres Weitere Infos: www.ihk-muenchen.de/ weiterbildungsstipendium www.weiterbildungsstipendium.de

Aufstiegsstipendium

Das Stipendium unterstützt engagierte Fachkräfte mit Berufsausbildung und Praxiserfahrung bei einem ersten akademischen Hochschulstudium – in Vollzeit oder berufsbegleitend. www.aufstiegsstipendium.de

Meisterbonus

Der Freistaat Bayern zahlt 1500 Euro beziehungsweise 2000 Euro an erfolgreiche Absolventen von Fortbildungsprüfungen. www.ihk-muenchen.de – Suchbegriff: »Meisterbonus«

Aufstiegs-BAföG

Angeboten werden Zuschüsse zur Fortbildungsfinanzierung, die nicht zurückgezahlt werden müssen, sowie zinsgünstige Darlehen bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) über die Differenz zwischen Zuschussanteil und maximalem Förderbetrag. www.aufstiegs-bafoeg.de

Bildungsprämie des Bundes

Die Bildungsprämie richtet sich an Erwerbstätige mit geringem Einkommen, die sich individuell berufsbezogen weiterbilden wollen.

www.bildungspraemie.info

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