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Gemeinsam für Innovationen
Die Bayerische Forschungsstiftung fördert wissenschaftlich hochwertige und wirtschaftlich zukunftsträchtige Projekte. Für innovative Firmen ein interessantes Angebot.
Von Eva Elisabeth Ernst, IHK-Magazin 10/2023
Selbst ausrangierte Batterien von Elektrofahrzeugen können einen Beitrag zur Energiewende leisten: Die Stabl Energy GmbH entwickelt modulare Wechselrichter, die Batteriespeicher effizienter, zuverlässiger und günstiger machen. Die Technologie des Münchner Start-ups erlaubt auch die einfache Integration ausrangierter E-Auto-Batterien. Das erhöht deren Nutzungsdauer und spart Ressourcen. 2019 von 4 Ingenieuren der TU München, der Universität der Bundeswehr München sowie der Hochschule Osnabrück gegründet, beschäftigt das Start-up heute 30 Mitarbeitende und realisierte bereits erste kommerzielle Batteriespeicherprojekte.
„Um unseren Innovationsvorsprung zu halten, investieren wir nach wie vor intensiv in die Entwicklung neuer Technologien“, sagt Co-Gründer und Geschäftsführer Nam Truong. „Und da Stabl Energy eine Ausgründung aus der Wissenschaft ist, liegt universitäre Forschung quasi in unserer DNA. Daher arbeiten wir immer noch intensiv mit Universitäten und Hochschulen zusammen.“
Rückenwind für forschende Unternehmen
Derzeit entwickelt das Start-up im Projekt KI-M-Bat gemeinsam mit Forschungseinrichtungen der TU München und der Hochschule Kempten sowie der Fenecon GmbH, einem mittelständischen Hersteller von Stromspeichern aus Deggendorf. Es geht um ein modulares Batteriespeichersystem für Industrie und Gewerbe, das flexibel mit Neu- und Gebrauchtbatterien betrieben werden kann. „Mithilfe von künstlicher Intelligenz lassen sich einzelne Batterien innerhalb des Systems künftig noch intelligenter zum Auf- oder Entladen ansteuern, was die gesamte Lösung effizienter und langlebiger macht“, erklärt Truong. Rückenwind erhielt KI-M-Bat von der Bayerischen Forschungsstiftung, die das Projekt mit mehr als 900.000 Euro unterstützt. „Ohne diese Förderung wäre es nicht möglich, das Forschungsvorhaben in dieser Intensität voranzutreiben“, so der Unternehmer.
640 Millionen Euro Fördergelder, 1.000 Projekte
Kooperationsprojekte von Unternehmen und Forschungseinrichtungen, die für die wissenschaftlich-technologische Entwicklung Bayerns oder die Wirtschaft im Freistaat von Bedeutung sind, werden von der Bayerischen Forschungsstiftung unterstützt. Als Ergänzung zur staatlichen Forschungsförderung bewilligte sie seit ihrer Gründung 1990 rund 640 Millionen Euro für mehr als 1.000 Projekte. „In den letzten 5 Jahren wurden knapp 30 Prozent der Förderanträge von Unternehmen gestellt“, berichtet Geschäftsführer Christian Haslbeck. „Wobei kleine und mittelständische Unternehmen in diesem Zeitraum mehr als doppelt so viele Projektanträge einreichten wie Großunternehmen.“
Gefördert werden Forschungsprojekte in 8 Schlüsseltechnologien, in die sich so gut wie jedes technologisch orientierte Vorhaben einordnen lässt (siehe Kasten unten). „Dabei sehen wir uns eher am Anfang der Innovationskette“, sagt Haslbeck. „Das Ziel eines von uns geförderten Projekts darf ein Demonstrator oder ein Labormuster, aber noch kein Prototyp oder gar ein fertiges Produkt sein.“ Dennoch sollte bei der Antragstellung erkennbar sein, dass aus den Forschungsergebnissen in absehbarer Zeit ein marktfähiges Produkt entstehen kann.
Forschungsergebnisse werden öffentlich geteilt
Damit trägt die Bayerische Forschungsstiftung dazu bei, die Lücke zwischen Wissenschaft und Wirtschaft zu schließen, wie Nam Truong von Stabl Energy betont. „Diese Förderung ist ein wichtiger Schlüssel, um wissenschaftliche und technologische Innovationen wirtschaftlich nutzbar zu machen.“ Auch für Stabl Energy sei die Praxisrelevanz der wissenschaftlichen Ergebnisse von KI-M-Bat wichtig, die eine zügige Verwertung ermöglichen.
Allerdings erlauben die Förderrichtlinien keine exklusiven Nutzungsrechte der mit Unterstützung der Bayerischen Forschungsstiftung durchgeführten Projekte. „Die Forschungsergebnisse müssen geteilt werden, zum Beispiel in wissenschaftlichen Publikationen oder in Form von Konferenzbeiträgen“, erklärt Stiftungsgeschäftsführer Haslbeck. Diese Vorgabe stört Nam Truong nicht: „Unsere Kerntechnologie steht und ist so stark, dass wir keine Probleme damit haben, wenn auch andere Unternehmen die Ergebnisse nutzen.“
Stiftung hilft bei Antragstellung
Als ausgesprochen hilfreich beurteilt der Unternehmer die Unterstützung durch die Forschungsstiftung bei der Beantragung der Fördermittel. Sie beginnt mitunter schon lange, bevor der offizielle Antrag gestellt wird.
„Es ist sinnvoll, zunächst eine Projektskizze einzureichen“, rät Haslbeck. „Unser Team hilft dann bei der Antragstellung im Hinblick auf Struktur, Qualität und Kostenkalkulation.“ Die inhaltliche Beurteilung liegt je Projekt bei drei bis fünf fachlich renommierten externen Gutachtern. Die endgültige Entscheidung treffen Stiftungsvorstand und Stiftungsrat auf der Basis einer Förderempfehlung des wissenschaftlichen Beirats der Stiftung, die sich wiederum auf die Gutachten stützt.
Kaum Ablehnungen
Rund 15 Millionen Euro stehen der Bayerischen Forschungsstiftung jährlich zur Verfügung. „Bislang konnten wir damit alle als förderwürdig beurteilten Projekte auch fördern“, betont der Stiftungsgeschäftsführer. Lediglich im April 2020, als die Stiftung einen Aufruf zur Covid-Forschung startete, war die Resonanz darauf so groß, dass die als förderwürdig eingestuften Projekte nochmals priorisiert werden mussten. Eines davon war die Entwicklung eines nanotechnologiebasierten Schnelltests zum Nachweis von Covid-19.
Mehrfache Förderung möglich
Zusammengesetzt ist das Konsortium dieses Förderprojekts aus Wissenschaftlern mehrerer Institute der Universität Regensburg, der Microcoat Biotechnologie GmbH aus Bernried und der Mikrogen GmbH aus Neuried. „Es führte zu einem erfolgreichen Folgeantrag im Programm ‚KMU-innovativ: Medizintechnik‘ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung“, berichtet Mikrogen-Geschäftsführer Erwin Soutschek. Das Unternehmen entwickelt und produziert seit 1989 Antigene für die medizinische Diagnostik.
In den vergangenen 15 Jahren wurden noch weitere Kooperationsprojekte von Mikrogen durch die Bayerische Forschungsstiftung gefördert. „Sie mündeten zwei bis drei Jahre später in konkrete, vermarktete Produkte“, so Soutschek.
Tandem aus Wirtschaft und Wissenschaft
Als Biotechnologieunternehmen sei Mikrogen ständig im Austausch mit der Wissenschaft, betont der Geschäftsführer. „Daraus ergeben sich laufend interessante Ideen und Themen, die gemeinsam evaluiert, erprobt oder verfeinert werden können.“ Das Tandem-Modell der Bayerischen Forschungsstiftung, das eine Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft vorsehe, fördere diesen Austausch und trage auch den durchaus unterschiedlichen Interessen Rechnung.
Grundlagenforschung in kommerzielle Anwendungen überführen
„An Universitäten wird um der Erkenntnis willen geforscht, Unternehmen hingegen wünschen sich wirtschaftlich verwertbare Erkenntnisse“, so Soutschek weiter. Die Herausforderung bestehe darin, die Situation für beide Seiten so zu gestalten, dass ein gemeinsames Forschungsprojekt möglich ist. „Bei unseren Projekten ist es daher auch schon vorgekommen, dass 100 Prozent der Fördermittel an die universitären Partner gehen.“
Der Mikrogen-Geschäftsführer lobt die Förderung der Bayerischen Forschungsstiftung als gutes Instrument, um Grundlagenforschung in kommerzielle Anwendungen zu überführen: „Darum werden wir als bayerisches Unternehmen bundesweit beneidet.“
Info: Förderbereiche der Bayerischen Forschungsstiftung
Die Bayerische Forschungsstiftung unterstützt Kooperationsprojekte bayerischer Unternehmen mit universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen in 8 Schlüsseltechnologien:
- Informations- und Kommunikationstechnologie
- Mikrosystemtechnik
- Life Sciences
- Materialwissenschaft
- Energie und Umwelt
- Mechatronik
- Nanotechnologie
- Prozess- und Produktionstechnik